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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Drohung gegen japanische Kaufleute. Anh. II.
ermüden zu dürfen; der englische Geschäftsträger erklärte, die Ge-
sandtschaftswache sei nur zum Schutze seiner Person berufen, und
so fiel die ganze Last auf die anderen, vorzüglich die französischen
und die preussischen Truppen. Einziges Ergebniss der Conferenz
war der Beschluss, täglich eine Streifpatrouille in die Umgegend zu
senden, deren Bewachung bis dahin ganz den Japanern zustand.
Die Ansiedler wünschten dringend Organisirung eines nächtlichen
Patrouillendienstes in dem Städtchen, wozu bei der Weigerung der
Engländer die Kräfte nicht ausreichten. Die Mannschaft der Gazelle
nahm während der ganzen Dauer ihrer Anwesenheit vollen Antheil
an der Bewachung und machte hin und wieder unter Führung ihres
Commandeurs Uebungsmärsche in die Umgegend.

In der zweiten Hälfte des October mehrten sich die Zeichen
der Unsicherheit in bedenklicher Weise: man fand eines Morgens
ein Placat an der Thür des Gouverneurs von Kanagava, welches
zweiundzwanzig der angesehensten japanischen Kaufleute in Yokuhama
mit dem Tode bedrohte, wenn sie den Handel mit den Fremden
nicht aufgäben. Die Namen waren strassenweise geordnet, und der
Mordbrief gab als Motiv an, dass Jene die unglückliche Krisis über
das Land gebracht und für die Noth der leidenden Bevölkerung
niemals ein Herz gezeigt hätten. Der Umstand, dass mehrere der
Genannten die Geschäfte der Regierung vermittelten, schloss den
Gedanken einer Spiegelfechterei von dieser Seite aus. Schon waren
mehrere japanische Kaufleute, die mit Fremden gehandelt hatten,
in Yeddo, Osaka und Fiogo umgebracht worden, und man durfte
am Ernste der Drohung nicht zweifeln. Von den jetzt genannten
stellten zwölf sofort die Geschäfte ein und verliessen meist unter
Schliessung ihrer Häuser die Niederlassung. Der Handel gerieth
immer mehr in das Stocken, alle Beschwerden bei der Regierung
blieben fruchtlos. Im Gegentheil drückte diese den Verkehr jetzt
nicht nur durch solche Lasten, welche ihr selbst Vortheil brachten,
sondern beschränkte die Zufuhr auf das kleinste Maass; das Gerücht
behauptet, sie habe damals drei Viertheile aller Seidenwürmer ver-
tilgen lassen. Man näherte sich offenbar einer Krisis.

Am 24. October liess der Reichsrath die Vertreter von Nieder-
land
und Amerika nach Yeddo bescheiden, wo er ihnen wichtige
Mittheilungen zu machen habe. Die Herren van Polsbroek und Pruyn
erschienen dort am 26. und wurden zu ihrem Erstaunen in ein ihnen
ganz fremdes, des Empfanges von Diplomaten nicht sehr ange-

Drohung gegen japanische Kaufleute. Anh. II.
ermüden zu dürfen; der englische Geschäftsträger erklärte, die Ge-
sandtschaftswache sei nur zum Schutze seiner Person berufen, und
so fiel die ganze Last auf die anderen, vorzüglich die französischen
und die preussischen Truppen. Einziges Ergebniss der Conferenz
war der Beschluss, täglich eine Streifpatrouille in die Umgegend zu
senden, deren Bewachung bis dahin ganz den Japanern zustand.
Die Ansiedler wünschten dringend Organisirung eines nächtlichen
Patrouillendienstes in dem Städtchen, wozu bei der Weigerung der
Engländer die Kräfte nicht ausreichten. Die Mannschaft der Gazelle
nahm während der ganzen Dauer ihrer Anwesenheit vollen Antheil
an der Bewachung und machte hin und wieder unter Führung ihres
Commandeurs Uebungsmärsche in die Umgegend.

In der zweiten Hälfte des October mehrten sich die Zeichen
der Unsicherheit in bedenklicher Weise: man fand eines Morgens
ein Placat an der Thür des Gouverneurs von Kanagava, welches
zweiundzwanzig der angesehensten japanischen Kaufleute in Yokuhama
mit dem Tode bedrohte, wenn sie den Handel mit den Fremden
nicht aufgäben. Die Namen waren strassenweise geordnet, und der
Mordbrief gab als Motiv an, dass Jene die unglückliche Krisis über
das Land gebracht und für die Noth der leidenden Bevölkerung
niemals ein Herz gezeigt hätten. Der Umstand, dass mehrere der
Genannten die Geschäfte der Regierung vermittelten, schloss den
Gedanken einer Spiegelfechterei von dieser Seite aus. Schon waren
mehrere japanische Kaufleute, die mit Fremden gehandelt hatten,
in Yeddo, Osaka und Fiogo umgebracht worden, und man durfte
am Ernste der Drohung nicht zweifeln. Von den jetzt genannten
stellten zwölf sofort die Geschäfte ein und verliessen meist unter
Schliessung ihrer Häuser die Niederlassung. Der Handel gerieth
immer mehr in das Stocken, alle Beschwerden bei der Regierung
blieben fruchtlos. Im Gegentheil drückte diese den Verkehr jetzt
nicht nur durch solche Lasten, welche ihr selbst Vortheil brachten,
sondern beschränkte die Zufuhr auf das kleinste Maass; das Gerücht
behauptet, sie habe damals drei Viertheile aller Seidenwürmer ver-
tilgen lassen. Man näherte sich offenbar einer Krisis.

Am 24. October liess der Reichsrath die Vertreter von Nieder-
land
und Amerika nach Yeddo bescheiden, wo er ihnen wichtige
Mittheilungen zu machen habe. Die Herren van Polsbroek und Pruyn
erschienen dort am 26. und wurden zu ihrem Erstaunen in ein ihnen
ganz fremdes, des Empfanges von Diplomaten nicht sehr ange-

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[310/0330] Drohung gegen japanische Kaufleute. Anh. II. ermüden zu dürfen; der englische Geschäftsträger erklärte, die Ge- sandtschaftswache sei nur zum Schutze seiner Person berufen, und so fiel die ganze Last auf die anderen, vorzüglich die französischen und die preussischen Truppen. Einziges Ergebniss der Conferenz war der Beschluss, täglich eine Streifpatrouille in die Umgegend zu senden, deren Bewachung bis dahin ganz den Japanern zustand. Die Ansiedler wünschten dringend Organisirung eines nächtlichen Patrouillendienstes in dem Städtchen, wozu bei der Weigerung der Engländer die Kräfte nicht ausreichten. Die Mannschaft der Gazelle nahm während der ganzen Dauer ihrer Anwesenheit vollen Antheil an der Bewachung und machte hin und wieder unter Führung ihres Commandeurs Uebungsmärsche in die Umgegend. In der zweiten Hälfte des October mehrten sich die Zeichen der Unsicherheit in bedenklicher Weise: man fand eines Morgens ein Placat an der Thür des Gouverneurs von Kanagava, welches zweiundzwanzig der angesehensten japanischen Kaufleute in Yokuhama mit dem Tode bedrohte, wenn sie den Handel mit den Fremden nicht aufgäben. Die Namen waren strassenweise geordnet, und der Mordbrief gab als Motiv an, dass Jene die unglückliche Krisis über das Land gebracht und für die Noth der leidenden Bevölkerung niemals ein Herz gezeigt hätten. Der Umstand, dass mehrere der Genannten die Geschäfte der Regierung vermittelten, schloss den Gedanken einer Spiegelfechterei von dieser Seite aus. Schon waren mehrere japanische Kaufleute, die mit Fremden gehandelt hatten, in Yeddo, Osaka und Fiogo umgebracht worden, und man durfte am Ernste der Drohung nicht zweifeln. Von den jetzt genannten stellten zwölf sofort die Geschäfte ein und verliessen meist unter Schliessung ihrer Häuser die Niederlassung. Der Handel gerieth immer mehr in das Stocken, alle Beschwerden bei der Regierung blieben fruchtlos. Im Gegentheil drückte diese den Verkehr jetzt nicht nur durch solche Lasten, welche ihr selbst Vortheil brachten, sondern beschränkte die Zufuhr auf das kleinste Maass; das Gerücht behauptet, sie habe damals drei Viertheile aller Seidenwürmer ver- tilgen lassen. Man näherte sich offenbar einer Krisis. Am 24. October liess der Reichsrath die Vertreter von Nieder- land und Amerika nach Yeddo bescheiden, wo er ihnen wichtige Mittheilungen zu machen habe. Die Herren van Polsbroek und Pruyn erschienen dort am 26. und wurden zu ihrem Erstaunen in ein ihnen ganz fremdes, des Empfanges von Diplomaten nicht sehr ange-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/330>, abgerufen am 23.11.2024.