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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Beschwerden der Daimio's. Anh, II.
die Zölle hätten das Land bereichern sollen, seien aber nicht ein-
mal zum Bau von Festungen und Ankauf von Kriegsschiffen, sondern
nur für die prächtige Ausschmückung des kaiserlichen Palastes, für
eine pomphafte Reise der Schwester des Mikado und verschwen-
derische Einrichtungen des Hof-Adels ausgegeben worden. Der
Protest führt Klage über die Unredlichkeit und unersättliche Hab-
sucht der höchsten Staatsbeamten, über die seit Aufgabe des alten
Systemes ganz unnöthigen, mit unendlichen Kosten, Vexationen und
Beschwerden verbundenen Hofreisen und den gezwungenen Aufent-
halt in Yeddo: "Die Zeit sei gekommen, diese drückenden Verpflich-
tungen gänzlich aufzuheben. Kanagava -- Yokuhama -- müsse ge-
schlossen und kein anderer Hafen geöffnet werden, wenn man
sich nicht herbeilassen könne, ganz Japan dem freien
Verkehr der Fremden zu übergeben
." Die Unterzeichner
verwahren sich feierlich gegen die Beschuldigung feindseliger Ge-
sinnung gegen die Ausländer und werfen der Regierung vor, dass
sie selbst jene in den Augen der Landesbewohner überall herabsetze,
dass hohe Staatsbeamte unverhohlen geäussert hätten, man könne
alle fremden Nationen mit Ausnahme einer einzigen ungestraft
beleidigen.

Obgleich die Aechtheit dieser Schrift, welche ebenfalls aus
Hakodade durch einen Missionar brieflich nach Yokuhama gelangte,
nicht erwiesen ist, so lassen doch die späteren Ereignisse sie mit
grosser Wahrscheinlichkeit vermuthen. Ihre geringe Uebereinstim-
mung mit dem gehässigen Pamphlet, welches rücksichtslose Vertrei-
bung der Barbaren predigt, erklärt sich leicht, wenn dieses nur den
Zweck hatte das Volk aufzuwiegeln, den Krieg mit dem Auslande
herbeizuführen. Dass der Fürst von Nangato danach strebte und
andererseits doch den Verkehr mit den Fremden wünschte, zeigt
sein späteres Auftreten: zuerst Sturz der Centralgewalt, welche sich
durch den Handel auf Kosten des Landes bereichert um den
Daimio's neue Fesseln zu schmieden, durch auswärtigen Krieg;
dann freie Zulassung der Fremden unter einem neuen politischen
System. Der Gewinn der Regierung am europäischen Handel muss
wahrhaft ungeheuer gewesen sein. Man rechnet, dass die Fremden
im Laufe des Jahres 1862 baares Silber im Werthe von zwanzig
Millionen Itsibu in Yokuhama einführten, wovon sechs Millionen
für das Umwechseln und eine etwas höhere Summe für Zwischen-
zölle aller Art in die Kassen der Regierung flossen. Addirt man

Beschwerden der Daïmio’s. Anh, II.
die Zölle hätten das Land bereichern sollen, seien aber nicht ein-
mal zum Bau von Festungen und Ankauf von Kriegsschiffen, sondern
nur für die prächtige Ausschmückung des kaiserlichen Palastes, für
eine pomphafte Reise der Schwester des Mikado und verschwen-
derische Einrichtungen des Hof-Adels ausgegeben worden. Der
Protest führt Klage über die Unredlichkeit und unersättliche Hab-
sucht der höchsten Staatsbeamten, über die seit Aufgabe des alten
Systemes ganz unnöthigen, mit unendlichen Kosten, Vexationen und
Beschwerden verbundenen Hofreisen und den gezwungenen Aufent-
halt in Yeddo: »Die Zeit sei gekommen, diese drückenden Verpflich-
tungen gänzlich aufzuheben. KanagavaYokuhama — müsse ge-
schlossen und kein anderer Hafen geöffnet werden, wenn man
sich nicht herbeilassen könne, ganz Japan dem freien
Verkehr der Fremden zu übergeben
.« Die Unterzeichner
verwahren sich feierlich gegen die Beschuldigung feindseliger Ge-
sinnung gegen die Ausländer und werfen der Regierung vor, dass
sie selbst jene in den Augen der Landesbewohner überall herabsetze,
dass hohe Staatsbeamte unverhohlen geäussert hätten, man könne
alle fremden Nationen mit Ausnahme einer einzigen ungestraft
beleidigen.

Obgleich die Aechtheit dieser Schrift, welche ebenfalls aus
Hakodade durch einen Missionar brieflich nach Yokuhama gelangte,
nicht erwiesen ist, so lassen doch die späteren Ereignisse sie mit
grosser Wahrscheinlichkeit vermuthen. Ihre geringe Uebereinstim-
mung mit dem gehässigen Pamphlet, welches rücksichtslose Vertrei-
bung der Barbaren predigt, erklärt sich leicht, wenn dieses nur den
Zweck hatte das Volk aufzuwiegeln, den Krieg mit dem Auslande
herbeizuführen. Dass der Fürst von Naṅgato danach strebte und
andererseits doch den Verkehr mit den Fremden wünschte, zeigt
sein späteres Auftreten: zuerst Sturz der Centralgewalt, welche sich
durch den Handel auf Kosten des Landes bereichert um den
Daïmio’s neue Fesseln zu schmieden, durch auswärtigen Krieg;
dann freie Zulassung der Fremden unter einem neuen politischen
System. Der Gewinn der Regierung am europäischen Handel muss
wahrhaft ungeheuer gewesen sein. Man rechnet, dass die Fremden
im Laufe des Jahres 1862 baares Silber im Werthe von zwanzig
Millionen Itsibu in Yokuhama einführten, wovon sechs Millionen
für das Umwechseln und eine etwas höhere Summe für Zwischen-
zölle aller Art in die Kassen der Regierung flossen. Addirt man

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[272/0292] Beschwerden der Daïmio’s. Anh, II. die Zölle hätten das Land bereichern sollen, seien aber nicht ein- mal zum Bau von Festungen und Ankauf von Kriegsschiffen, sondern nur für die prächtige Ausschmückung des kaiserlichen Palastes, für eine pomphafte Reise der Schwester des Mikado und verschwen- derische Einrichtungen des Hof-Adels ausgegeben worden. Der Protest führt Klage über die Unredlichkeit und unersättliche Hab- sucht der höchsten Staatsbeamten, über die seit Aufgabe des alten Systemes ganz unnöthigen, mit unendlichen Kosten, Vexationen und Beschwerden verbundenen Hofreisen und den gezwungenen Aufent- halt in Yeddo: »Die Zeit sei gekommen, diese drückenden Verpflich- tungen gänzlich aufzuheben. Kanagava — Yokuhama — müsse ge- schlossen und kein anderer Hafen geöffnet werden, wenn man sich nicht herbeilassen könne, ganz Japan dem freien Verkehr der Fremden zu übergeben.« Die Unterzeichner verwahren sich feierlich gegen die Beschuldigung feindseliger Ge- sinnung gegen die Ausländer und werfen der Regierung vor, dass sie selbst jene in den Augen der Landesbewohner überall herabsetze, dass hohe Staatsbeamte unverhohlen geäussert hätten, man könne alle fremden Nationen mit Ausnahme einer einzigen ungestraft beleidigen. Obgleich die Aechtheit dieser Schrift, welche ebenfalls aus Hakodade durch einen Missionar brieflich nach Yokuhama gelangte, nicht erwiesen ist, so lassen doch die späteren Ereignisse sie mit grosser Wahrscheinlichkeit vermuthen. Ihre geringe Uebereinstim- mung mit dem gehässigen Pamphlet, welches rücksichtslose Vertrei- bung der Barbaren predigt, erklärt sich leicht, wenn dieses nur den Zweck hatte das Volk aufzuwiegeln, den Krieg mit dem Auslande herbeizuführen. Dass der Fürst von Naṅgato danach strebte und andererseits doch den Verkehr mit den Fremden wünschte, zeigt sein späteres Auftreten: zuerst Sturz der Centralgewalt, welche sich durch den Handel auf Kosten des Landes bereichert um den Daïmio’s neue Fesseln zu schmieden, durch auswärtigen Krieg; dann freie Zulassung der Fremden unter einem neuen politischen System. Der Gewinn der Regierung am europäischen Handel muss wahrhaft ungeheuer gewesen sein. Man rechnet, dass die Fremden im Laufe des Jahres 1862 baares Silber im Werthe von zwanzig Millionen Itsibu in Yokuhama einführten, wovon sechs Millionen für das Umwechseln und eine etwas höhere Summe für Zwischen- zölle aller Art in die Kassen der Regierung flossen. Addirt man

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/292>, abgerufen am 22.11.2024.