Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Anh. II. Die Münzfrage.
diese bei den Kassen der japanischen Regierung für 1500 Itsibu
um. Sie geniessen sonach durch den blossen Vortheil ihres Titels
bei einmaliger Capital-Anlage von 700 Thalern eines jährlichen Ein-
kommens von über 2000 Thalern. Die den Consuln, diplomatischen
Agenten und deren Attache's bewilligten Summen sind nach dem
Range eines jeden viel höher bemessen und steigen bis 4000 Dollars
monatlich. -- Der wichtigere Theil der betreffenden Vertrags-
Bestimmung war der, dass die fremden Münzen später bei der
Bevölkerung des ganzen Reiches zum vollen Werthe ihres Metall-
gewichtes coursiren sollten; sie sicherte, wenn ausführbar, dem
Handel eine feste Grundlage. Die Maassregel des vorläufigen Um-
tausches durch die Regierung hatte nur den Zweck, die Be-
völkerung an die fremden Münzen zu gewöhnen, konnte aber, da
die Kassen des Zollamtes von Yokuhama mit Millionen über Millio-
nen bestürmt wurden, nicht durchgeführt werden.4) Als nun die
japanischen Kaufleute den Dollar nicht mehr zum vollen Werthe
des Silbergewichtes wechseln wollten, verlangten die Repräsentanten
der Vertragsmächte von der Regierung, dass sie ihre Unterthanen
dazu zwingen solle. Sie versprach ihr Möglichstes zu thun, be-
theuerte auch eine Verordnung erlassen zu haben, dass alle fremden
Münzen zum vollen Gewichtswerthe im Lande Cours haben sollten;
es blieb aber Alles beim Alten. Die Bevölkerung, hiess es, wolle
die fremden Münzen nicht, und die Regierung sei ausser Stande
den Zwangscours durchzusetzten. Sie liess, um scheinbar den
Fremden gerecht zu werden, alle beim Zollamt präsentirten Dollars
mit dem Zeichen "Drei Itsibu" stempeln; die Japaner nahmen diese
aber nicht höher an als die ungestempelten. Die Fremden zweifelten
wohl mit Recht an der Wahrhaftigkeit der japanischen Behörde und
beschuldigten sie, den Umlauf des Dollars auf die geöffneten Häfen
beschränkt und im ganzen übrigen Lande verboten zu haben. Man
behauptete, dass sie selbst die Münze ihren Unterthanen zum Dis-
conto von 30 Procent wechsele und dadurch den Cours fixire. Die
plötzliche Stockung des Exporthandels wurde damit in Zusammen-
hang gebracht: die Regierung hatte wahrscheinlich dem Ankauf der
fremden Waare durch Verbot an die japanischen Händler ein Ziel
gesetzt, um sich den aus Umwechselung der Dollars ihr zufliessenden
Vortheil nicht entgehen zu lassen. Ueberführen konnte man sie
nicht; die Beamten leugneten hartnäckig jede Einmischung, und die

4) S. Bd. I. S. 279 ff.

Anh. II. Die Münzfrage.
diese bei den Kassen der japanischen Regierung für 1500 Itsibu
um. Sie geniessen sonach durch den blossen Vortheil ihres Titels
bei einmaliger Capital-Anlage von 700 Thalern eines jährlichen Ein-
kommens von über 2000 Thalern. Die den Consuln, diplomatischen
Agenten und deren Attaché’s bewilligten Summen sind nach dem
Range eines jeden viel höher bemessen und steigen bis 4000 Dollars
monatlich. — Der wichtigere Theil der betreffenden Vertrags-
Bestimmung war der, dass die fremden Münzen später bei der
Bevölkerung des ganzen Reiches zum vollen Werthe ihres Metall-
gewichtes coursiren sollten; sie sicherte, wenn ausführbar, dem
Handel eine feste Grundlage. Die Maassregel des vorläufigen Um-
tausches durch die Regierung hatte nur den Zweck, die Be-
völkerung an die fremden Münzen zu gewöhnen, konnte aber, da
die Kassen des Zollamtes von Yokuhama mit Millionen über Millio-
nen bestürmt wurden, nicht durchgeführt werden.4) Als nun die
japanischen Kaufleute den Dollar nicht mehr zum vollen Werthe
des Silbergewichtes wechseln wollten, verlangten die Repräsentanten
der Vertragsmächte von der Regierung, dass sie ihre Unterthanen
dazu zwingen solle. Sie versprach ihr Möglichstes zu thun, be-
theuerte auch eine Verordnung erlassen zu haben, dass alle fremden
Münzen zum vollen Gewichtswerthe im Lande Cours haben sollten;
es blieb aber Alles beim Alten. Die Bevölkerung, hiess es, wolle
die fremden Münzen nicht, und die Regierung sei ausser Stande
den Zwangscours durchzusetzten. Sie liess, um scheinbar den
Fremden gerecht zu werden, alle beim Zollamt präsentirten Dollars
mit dem Zeichen »Drei Itsibu« stempeln; die Japaner nahmen diese
aber nicht höher an als die ungestempelten. Die Fremden zweifelten
wohl mit Recht an der Wahrhaftigkeit der japanischen Behörde und
beschuldigten sie, den Umlauf des Dollars auf die geöffneten Häfen
beschränkt und im ganzen übrigen Lande verboten zu haben. Man
behauptete, dass sie selbst die Münze ihren Unterthanen zum Dis-
conto von 30 Procent wechsele und dadurch den Cours fixire. Die
plötzliche Stockung des Exporthandels wurde damit in Zusammen-
hang gebracht: die Regierung hatte wahrscheinlich dem Ankauf der
fremden Waare durch Verbot an die japanischen Händler ein Ziel
gesetzt, um sich den aus Umwechselung der Dollars ihr zufliessenden
Vortheil nicht entgehen zu lassen. Ueberführen konnte man sie
nicht; die Beamten leugneten hartnäckig jede Einmischung, und die

4) S. Bd. I. S. 279 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0265" n="245"/><fw place="top" type="header">Anh. II. Die Münzfrage.</fw><lb/>
diese bei den Kassen der japanischen Regierung für 1500 <hi rendition="#k">Itsibu</hi><lb/>
um. Sie geniessen sonach durch den blossen Vortheil ihres Titels<lb/>
bei einmaliger Capital-Anlage von 700 Thalern eines jährlichen Ein-<lb/>
kommens von über 2000 Thalern. Die den Consuln, diplomatischen<lb/>
Agenten und deren Attaché&#x2019;s bewilligten Summen sind nach dem<lb/>
Range eines jeden viel höher bemessen und steigen bis 4000 Dollars<lb/>
monatlich. &#x2014; Der wichtigere Theil der betreffenden Vertrags-<lb/>
Bestimmung war der, dass die fremden Münzen später bei der<lb/>
Bevölkerung des ganzen Reiches zum vollen Werthe ihres Metall-<lb/>
gewichtes coursiren sollten; sie sicherte, <hi rendition="#g">wenn ausführbar</hi>, dem<lb/>
Handel eine feste Grundlage. Die Maassregel des vorläufigen Um-<lb/>
tausches durch die Regierung hatte nur den Zweck, die Be-<lb/>
völkerung an die fremden Münzen zu gewöhnen, konnte aber, da<lb/>
die Kassen des Zollamtes von <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi> mit Millionen über Millio-<lb/>
nen bestürmt wurden, nicht durchgeführt werden.<note place="foot" n="4)">S. Bd. I. S. 279 ff.</note> Als nun die<lb/>
japanischen Kaufleute den Dollar nicht mehr zum vollen Werthe<lb/>
des Silbergewichtes wechseln wollten, verlangten die Repräsentanten<lb/>
der Vertragsmächte von der Regierung, dass sie ihre Unterthanen<lb/>
dazu zwingen solle. Sie versprach ihr Möglichstes zu thun, be-<lb/>
theuerte auch eine Verordnung erlassen zu haben, dass alle fremden<lb/>
Münzen zum vollen Gewichtswerthe im Lande Cours haben sollten;<lb/>
es blieb aber Alles beim Alten. Die Bevölkerung, hiess es, wolle<lb/>
die fremden Münzen nicht, und die Regierung sei ausser Stande<lb/>
den Zwangscours durchzusetzten. Sie liess, um scheinbar den<lb/>
Fremden gerecht zu werden, alle beim Zollamt präsentirten Dollars<lb/>
mit dem Zeichen »Drei <hi rendition="#k">Itsibu</hi>« stempeln; die Japaner nahmen diese<lb/>
aber nicht höher an als die ungestempelten. Die Fremden zweifelten<lb/>
wohl mit Recht an der Wahrhaftigkeit der japanischen Behörde und<lb/>
beschuldigten sie, den Umlauf des Dollars auf die geöffneten Häfen<lb/>
beschränkt und im ganzen übrigen Lande verboten zu haben. Man<lb/>
behauptete, dass sie selbst die Münze ihren Unterthanen zum Dis-<lb/>
conto von 30 Procent wechsele und dadurch den Cours fixire. Die<lb/>
plötzliche Stockung des Exporthandels wurde damit in Zusammen-<lb/>
hang gebracht: die Regierung hatte wahrscheinlich dem Ankauf der<lb/>
fremden Waare durch Verbot an die japanischen Händler ein Ziel<lb/>
gesetzt, um sich den aus Umwechselung der Dollars ihr zufliessenden<lb/>
Vortheil nicht entgehen zu lassen. Ueberführen konnte man sie<lb/>
nicht; die Beamten leugneten hartnäckig jede Einmischung, und die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0265] Anh. II. Die Münzfrage. diese bei den Kassen der japanischen Regierung für 1500 Itsibu um. Sie geniessen sonach durch den blossen Vortheil ihres Titels bei einmaliger Capital-Anlage von 700 Thalern eines jährlichen Ein- kommens von über 2000 Thalern. Die den Consuln, diplomatischen Agenten und deren Attaché’s bewilligten Summen sind nach dem Range eines jeden viel höher bemessen und steigen bis 4000 Dollars monatlich. — Der wichtigere Theil der betreffenden Vertrags- Bestimmung war der, dass die fremden Münzen später bei der Bevölkerung des ganzen Reiches zum vollen Werthe ihres Metall- gewichtes coursiren sollten; sie sicherte, wenn ausführbar, dem Handel eine feste Grundlage. Die Maassregel des vorläufigen Um- tausches durch die Regierung hatte nur den Zweck, die Be- völkerung an die fremden Münzen zu gewöhnen, konnte aber, da die Kassen des Zollamtes von Yokuhama mit Millionen über Millio- nen bestürmt wurden, nicht durchgeführt werden. 4) Als nun die japanischen Kaufleute den Dollar nicht mehr zum vollen Werthe des Silbergewichtes wechseln wollten, verlangten die Repräsentanten der Vertragsmächte von der Regierung, dass sie ihre Unterthanen dazu zwingen solle. Sie versprach ihr Möglichstes zu thun, be- theuerte auch eine Verordnung erlassen zu haben, dass alle fremden Münzen zum vollen Gewichtswerthe im Lande Cours haben sollten; es blieb aber Alles beim Alten. Die Bevölkerung, hiess es, wolle die fremden Münzen nicht, und die Regierung sei ausser Stande den Zwangscours durchzusetzten. Sie liess, um scheinbar den Fremden gerecht zu werden, alle beim Zollamt präsentirten Dollars mit dem Zeichen »Drei Itsibu« stempeln; die Japaner nahmen diese aber nicht höher an als die ungestempelten. Die Fremden zweifelten wohl mit Recht an der Wahrhaftigkeit der japanischen Behörde und beschuldigten sie, den Umlauf des Dollars auf die geöffneten Häfen beschränkt und im ganzen übrigen Lande verboten zu haben. Man behauptete, dass sie selbst die Münze ihren Unterthanen zum Dis- conto von 30 Procent wechsele und dadurch den Cours fixire. Die plötzliche Stockung des Exporthandels wurde damit in Zusammen- hang gebracht: die Regierung hatte wahrscheinlich dem Ankauf der fremden Waare durch Verbot an die japanischen Händler ein Ziel gesetzt, um sich den aus Umwechselung der Dollars ihr zufliessenden Vortheil nicht entgehen zu lassen. Ueberführen konnte man sie nicht; die Beamten leugneten hartnäckig jede Einmischung, und die 4) S. Bd. I. S. 279 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/265
Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/265>, abgerufen am 11.05.2024.