[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.Anh. II. Handel von Yokuhama. die schlimme Gestaltung des Verhältnisses zu den einheimischenBehörden zuzuschreiben. Die Manie der Goldausfuhr ergriff wohl die meisten Ankömmlinge, doch verwendeten auch schon damals die Agenten der grösseren Firmen einen Theil ihres Silbers auf den Ankauf von Producten und machten damit glänzende Geschäfte. Der Markt bot Kampher, Kupfer, Seide, Thee, Oel, Wachs u. s. w., ferner getrocknete Fische, Muscheln, Pilze, Seetang und andere "Chow-chow-Artikel"2) für die chinesische Consumtion zu lächer- lichen Preisen; die Anfuhr blieb weit hinter der Nachfrage zurück. Anders war es mit der Einfuhr der Fremden, welche anfänglich gar keinen Absatz fand. Als nun die japanische Regierung die Umwechselung der 2) Der im chinesischen Handel übliche Ausdruck für die Esswaaren der Einge- borenen. (Chow-chow = Essen im chinesischen "Pidschen" -- Englisch.) 16*
Anh. II. Handel von Yokuhama. die schlimme Gestaltung des Verhältnisses zu den einheimischenBehörden zuzuschreiben. Die Manie der Goldausfuhr ergriff wohl die meisten Ankömmlinge, doch verwendeten auch schon damals die Agenten der grösseren Firmen einen Theil ihres Silbers auf den Ankauf von Producten und machten damit glänzende Geschäfte. Der Markt bot Kampher, Kupfer, Seide, Thee, Oel, Wachs u. s. w., ferner getrocknete Fische, Muscheln, Pilze, Seetang und andere »Chow-chow-Artikel«2) für die chinesische Consumtion zu lächer- lichen Preisen; die Anfuhr blieb weit hinter der Nachfrage zurück. Anders war es mit der Einfuhr der Fremden, welche anfänglich gar keinen Absatz fand. Als nun die japanische Regierung die Umwechselung der 2) Der im chinesischen Handel übliche Ausdruck für die Esswaaren der Einge- borenen. (Chow-chow = Essen im chinesischen »Pidschen« — Englisch.) 16*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0263" n="243"/><fw place="top" type="header">Anh. II. Handel von <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi>.</fw><lb/> die schlimme Gestaltung des Verhältnisses zu den einheimischen<lb/> Behörden zuzuschreiben. Die Manie der Goldausfuhr ergriff wohl<lb/> die meisten Ankömmlinge, doch verwendeten auch schon damals<lb/> die Agenten der grösseren Firmen einen Theil ihres Silbers auf den<lb/> Ankauf von Producten und machten damit glänzende Geschäfte.<lb/> Der Markt bot Kampher, Kupfer, Seide, Thee, Oel, Wachs u. s. w.,<lb/> ferner getrocknete Fische, Muscheln, Pilze, Seetang und andere<lb/> »Chow-chow-Artikel«<note place="foot" n="2)">Der im chinesischen Handel übliche Ausdruck für die Esswaaren der Einge-<lb/> borenen. (Chow-chow = Essen im chinesischen »Pidschen« — Englisch.)</note> für die chinesische Consumtion zu lächer-<lb/> lichen Preisen; die Anfuhr blieb weit hinter der Nachfrage zurück.<lb/> Anders war es mit der Einfuhr der Fremden, welche anfänglich<lb/> gar keinen Absatz fand.</p><lb/> <p>Als nun die japanische Regierung die Umwechselung der<lb/> fremden Geldmünzen, welche nach den Verträgen ein ganzes Jahr<lb/> dauern sollte, im November 1859 plötzlich ganz einstellte, kam eine<lb/> grosse Veränderung über den Handelsverkehr. Der Werth des<lb/> mexicanischen Dollars, der gewöhnlichen Verkehrsmünze der Frem-<lb/> den in allen ostasiatischen Ländern, sank um 30 Procent. Die<lb/> Ausländer konnten in Folge dessen den japanischen Händlern die<lb/> alten Preise nicht mehr bewilligen; diese fingen dagegen an aus-<lb/> ländische Waare einzukaufen, um nicht an ihren Dollars, deren sie<lb/> grosse Massen in Händen hatten, beim Umtausch gegen die Landes-<lb/> münze 30 Procent einzubüssen. So entwickelte sich plötzlich<lb/> ein lebhafter Einfuhrhandel. Die Fremden setzten in Kurzem nicht<lb/> nur ihre mitgebrachten Vorräthe, sondern auch grosse in <placeName>China</placeName><lb/> aufgehäufte, dort unverkäufliche Posten mit erheblichem Vortheil<lb/> ab und verschrieben neue Sendungen aus <placeName>Europa</placeName>. So bahnte jene<lb/> vielgeschmähte Maassregel der Regierung dem Einfuhrhandel den<lb/> Weg; die Landesbewohner lernten die fremden Erzeugnisse, nament-<lb/> lich Baumwollenstoffe, kennen und schätzen, und der Verkauf ging<lb/> geraume Zeit lang glänzend, — stockte aber Anfang 1861 plötzlich<lb/> ganz. Die japanischen Händler leugneten nicht, dass sie an ihren<lb/> Einkäufen guten Vortheil gehabt und dass es an Nachfrage nicht<lb/> fehle, wollten sich aber auf kein weiteres Geschäft einlassen. Die<lb/> Fremden setzten vergebens ihre Preise herab und konnten trotzdem<lb/> viele sonst gesuchte Artikel garnicht mehr, andere nur mit Schaden<lb/> verkaufen. Der Grund blieb lange ein Räthsel. Die Einfuhr<lb/> belief sich während des Jahres 1860 nach amtlichen Angaben auf<lb/> <fw place="bottom" type="sig">16*</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [243/0263]
Anh. II. Handel von Yokuhama.
die schlimme Gestaltung des Verhältnisses zu den einheimischen
Behörden zuzuschreiben. Die Manie der Goldausfuhr ergriff wohl
die meisten Ankömmlinge, doch verwendeten auch schon damals
die Agenten der grösseren Firmen einen Theil ihres Silbers auf den
Ankauf von Producten und machten damit glänzende Geschäfte.
Der Markt bot Kampher, Kupfer, Seide, Thee, Oel, Wachs u. s. w.,
ferner getrocknete Fische, Muscheln, Pilze, Seetang und andere
»Chow-chow-Artikel« 2) für die chinesische Consumtion zu lächer-
lichen Preisen; die Anfuhr blieb weit hinter der Nachfrage zurück.
Anders war es mit der Einfuhr der Fremden, welche anfänglich
gar keinen Absatz fand.
Als nun die japanische Regierung die Umwechselung der
fremden Geldmünzen, welche nach den Verträgen ein ganzes Jahr
dauern sollte, im November 1859 plötzlich ganz einstellte, kam eine
grosse Veränderung über den Handelsverkehr. Der Werth des
mexicanischen Dollars, der gewöhnlichen Verkehrsmünze der Frem-
den in allen ostasiatischen Ländern, sank um 30 Procent. Die
Ausländer konnten in Folge dessen den japanischen Händlern die
alten Preise nicht mehr bewilligen; diese fingen dagegen an aus-
ländische Waare einzukaufen, um nicht an ihren Dollars, deren sie
grosse Massen in Händen hatten, beim Umtausch gegen die Landes-
münze 30 Procent einzubüssen. So entwickelte sich plötzlich
ein lebhafter Einfuhrhandel. Die Fremden setzten in Kurzem nicht
nur ihre mitgebrachten Vorräthe, sondern auch grosse in China
aufgehäufte, dort unverkäufliche Posten mit erheblichem Vortheil
ab und verschrieben neue Sendungen aus Europa. So bahnte jene
vielgeschmähte Maassregel der Regierung dem Einfuhrhandel den
Weg; die Landesbewohner lernten die fremden Erzeugnisse, nament-
lich Baumwollenstoffe, kennen und schätzen, und der Verkauf ging
geraume Zeit lang glänzend, — stockte aber Anfang 1861 plötzlich
ganz. Die japanischen Händler leugneten nicht, dass sie an ihren
Einkäufen guten Vortheil gehabt und dass es an Nachfrage nicht
fehle, wollten sich aber auf kein weiteres Geschäft einlassen. Die
Fremden setzten vergebens ihre Preise herab und konnten trotzdem
viele sonst gesuchte Artikel garnicht mehr, andere nur mit Schaden
verkaufen. Der Grund blieb lange ein Räthsel. Die Einfuhr
belief sich während des Jahres 1860 nach amtlichen Angaben auf
2) Der im chinesischen Handel übliche Ausdruck für die Esswaaren der Einge-
borenen. (Chow-chow = Essen im chinesischen »Pidschen« — Englisch.)
16*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |