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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Desima. Nangasaki. XI.
Vertreter aber, Herr G. aus Bremen, bei welchem Regierungsrath
Wichura während seiner ganzen Anwesenheit in Nangasaki wohnte,
überhäufte die Mitglieder unserer Expedition mit endlosen Gefällig-
keiten, und sein Entgegenkommen war so offen, herzlich und an-
spruchslos, dass man gern ohne Bedenken und Rückhalt jede Ver-
bindlichkeit annahm. Seine Liebenswürdigkeit und Ortskenntniss
wurde unausgesetzt in Anspruch genommen, aber er blieb sich unter
allen Umständen gleich und ermüdete nicht, uns den Aufenthalt so
angenehm als möglich zu machen. Herr G. lebte mit seinen hollän-
dischen Nachbarn im besten Einvernehmen und wetteiferte mit ihnen
in zuvorkommender Gastfreundschaft. -- Der General-Consul De Witt
war noch nicht aus Yokuhama zurückgekehrt; Herr Metmann aber
machte die Honneurs des niederländischen Consulates mit ausge-
suchter Artigkeit.

Nangasaki liegt in der Mündung eines Thales, das sich zwi-
schen bewaldeten Bergen nach Westen öffnet. Eine engere Schlucht
mündet von Süden ein; die Höhe zwischen dieser und dem Meere
sieht, mit Wohngebäuden und Tempeln bedeckt, nach der einen
Seite auf Desima und die Bai, nach der anderen in die Schlucht
hinab, durch welche sich ein rauschendes Bergwasser drängt. Ein
zweites Flüsschen strömt das grössere Thal hinab, und, in mehrere
Canäle gefasst, durch die Stadt. Man passirt das Wasser auf höl-
zernen und steinernen Brücken; letztere bestehen meist aus einem
einzigen kühn gespannten Bogen von wohlgefügten Quadern. Die
Stadt zählt gegen achtzigtausend Einwohner; ihre Strassen sind ein-
förmig und weniger belebt als die von Yeddo, die meisten Häuser
haben zwei Stockwerke. Man sieht wenig Kaufläden von Bedeutung;
in den meisten wird das Allerlei des japanischen Haus- und Lebens-
bedarfes feilgeboten, in vielen auch europäische Waaren: englische
Baumwollenstoffe, Streichhölzer, Gläser, und vor allen grosse Men-
gen leerer Wein- und Bierflaschen, deren bunte Etiquetten sorg-
fältig conservirt werden. Es gibt Thierhandlungen, wo die berühmten
kleinen Hunde und köstliches Federvieh aus dem Hühnergeschlecht
in Käfigen ausgestellt sind; dort findet man auch einzelne Exemplare
des japanischen Riesensalamanders 1), welcher nur in Teichen der

1) Salamandra maxima. Siebold brachte das erste Exemplar 1829 nach Europa,
wo es im zoologischen Garten von Amsterdam die Länge von vier Fuss erreichte.
Er hatte zwei Exemplare, von denen aber das männliche das weibliche unterwegs
auffrass. Der Riesensalamander lebt von kleinen Süsswasserfischen, deren man eine

Desima. Naṅgasaki. XI.
Vertreter aber, Herr G. aus Bremen, bei welchem Regierungsrath
Wichura während seiner ganzen Anwesenheit in Naṅgasaki wohnte,
überhäufte die Mitglieder unserer Expedition mit endlosen Gefällig-
keiten, und sein Entgegenkommen war so offen, herzlich und an-
spruchslos, dass man gern ohne Bedenken und Rückhalt jede Ver-
bindlichkeit annahm. Seine Liebenswürdigkeit und Ortskenntniss
wurde unausgesetzt in Anspruch genommen, aber er blieb sich unter
allen Umständen gleich und ermüdete nicht, uns den Aufenthalt so
angenehm als möglich zu machen. Herr G. lebte mit seinen hollän-
dischen Nachbarn im besten Einvernehmen und wetteiferte mit ihnen
in zuvorkommender Gastfreundschaft. — Der General-Consul De Witt
war noch nicht aus Yokuhama zurückgekehrt; Herr Metmann aber
machte die Honneurs des niederländischen Consulates mit ausge-
suchter Artigkeit.

Naṅgasaki liegt in der Mündung eines Thales, das sich zwi-
schen bewaldeten Bergen nach Westen öffnet. Eine engere Schlucht
mündet von Süden ein; die Höhe zwischen dieser und dem Meere
sieht, mit Wohngebäuden und Tempeln bedeckt, nach der einen
Seite auf Desima und die Bai, nach der anderen in die Schlucht
hinab, durch welche sich ein rauschendes Bergwasser drängt. Ein
zweites Flüsschen strömt das grössere Thal hinab, und, in mehrere
Canäle gefasst, durch die Stadt. Man passirt das Wasser auf höl-
zernen und steinernen Brücken; letztere bestehen meist aus einem
einzigen kühn gespannten Bogen von wohlgefügten Quadern. Die
Stadt zählt gegen achtzigtausend Einwohner; ihre Strassen sind ein-
förmig und weniger belebt als die von Yeddo, die meisten Häuser
haben zwei Stockwerke. Man sieht wenig Kaufläden von Bedeutung;
in den meisten wird das Allerlei des japanischen Haus- und Lebens-
bedarfes feilgeboten, in vielen auch europäische Waaren: englische
Baumwollenstoffe, Streichhölzer, Gläser, und vor allen grosse Men-
gen leerer Wein- und Bierflaschen, deren bunte Etiquetten sorg-
fältig conservirt werden. Es gibt Thierhandlungen, wo die berühmten
kleinen Hunde und köstliches Federvieh aus dem Hühnergeschlecht
in Käfigen ausgestellt sind; dort findet man auch einzelne Exemplare
des japanischen Riesensalamanders 1), welcher nur in Teichen der

1) Salamandra maxima. Siebold brachte das erste Exemplar 1829 nach Europa,
wo es im zoologischen Garten von Amsterdam die Länge von vier Fuss erreichte.
Er hatte zwei Exemplare, von denen aber das männliche das weibliche unterwegs
auffrass. Der Riesensalamander lebt von kleinen Süsswasserfischen, deren man eine
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[190/0210] Desima. Naṅgasaki. XI. Vertreter aber, Herr G. aus Bremen, bei welchem Regierungsrath Wichura während seiner ganzen Anwesenheit in Naṅgasaki wohnte, überhäufte die Mitglieder unserer Expedition mit endlosen Gefällig- keiten, und sein Entgegenkommen war so offen, herzlich und an- spruchslos, dass man gern ohne Bedenken und Rückhalt jede Ver- bindlichkeit annahm. Seine Liebenswürdigkeit und Ortskenntniss wurde unausgesetzt in Anspruch genommen, aber er blieb sich unter allen Umständen gleich und ermüdete nicht, uns den Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen. Herr G. lebte mit seinen hollän- dischen Nachbarn im besten Einvernehmen und wetteiferte mit ihnen in zuvorkommender Gastfreundschaft. — Der General-Consul De Witt war noch nicht aus Yokuhama zurückgekehrt; Herr Metmann aber machte die Honneurs des niederländischen Consulates mit ausge- suchter Artigkeit. Naṅgasaki liegt in der Mündung eines Thales, das sich zwi- schen bewaldeten Bergen nach Westen öffnet. Eine engere Schlucht mündet von Süden ein; die Höhe zwischen dieser und dem Meere sieht, mit Wohngebäuden und Tempeln bedeckt, nach der einen Seite auf Desima und die Bai, nach der anderen in die Schlucht hinab, durch welche sich ein rauschendes Bergwasser drängt. Ein zweites Flüsschen strömt das grössere Thal hinab, und, in mehrere Canäle gefasst, durch die Stadt. Man passirt das Wasser auf höl- zernen und steinernen Brücken; letztere bestehen meist aus einem einzigen kühn gespannten Bogen von wohlgefügten Quadern. Die Stadt zählt gegen achtzigtausend Einwohner; ihre Strassen sind ein- förmig und weniger belebt als die von Yeddo, die meisten Häuser haben zwei Stockwerke. Man sieht wenig Kaufläden von Bedeutung; in den meisten wird das Allerlei des japanischen Haus- und Lebens- bedarfes feilgeboten, in vielen auch europäische Waaren: englische Baumwollenstoffe, Streichhölzer, Gläser, und vor allen grosse Men- gen leerer Wein- und Bierflaschen, deren bunte Etiquetten sorg- fältig conservirt werden. Es gibt Thierhandlungen, wo die berühmten kleinen Hunde und köstliches Federvieh aus dem Hühnergeschlecht in Käfigen ausgestellt sind; dort findet man auch einzelne Exemplare des japanischen Riesensalamanders 1), welcher nur in Teichen der 1) Salamandra maxima. Siebold brachte das erste Exemplar 1829 nach Europa, wo es im zoologischen Garten von Amsterdam die Länge von vier Fuss erreichte. Er hatte zwei Exemplare, von denen aber das männliche das weibliche unterwegs auffrass. Der Riesensalamander lebt von kleinen Süsswasserfischen, deren man eine

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/210>, abgerufen am 09.11.2024.