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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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X. Heuskens Begräbniss.

Der Friedhof des Tempels von Kosinge, wo schon der früher
ermordete japanische Dolmetscher der englischen Gesandtschaft
begraben war, liegt am Ufer des Flüsschens, von hohen Kiefern
und Cryptomerien beschattet. Heuskens Ruhestätte hatte man in
der nordöstlichen Ecke bereitet, neben einer Erhöhung auf der ein
stattliches Grabmal prangt. Auf den Stufen desselben stellten die
Bunyo's sich auf; seitwärts sass auf thronartigem Stuhle der Ober-
priester des Tempels im Ornat, umgeben von mehreren Bonzen.
Die Leidtragenden und das Musikcorps traten zu dem Grabe, die
Truppen nahmen Stellung ringsum, und der Sarg wurde ohne Störung
eingesenkt. Abbe Girard vollzog die Ceremonieen nach dem Ritual
seiner Kirche, die Musik spielte einen Choral. Darauf begannen die
buddistischen Priester ihre Trauerlitaneien. Herr Harris dankte den
Anwesenden in kurzen bewegten Worten für ihre Theilnahme und
der Zug bewegte sich schweigend nach seiner Behausung zurück.
Wir mussten ihn hier seiner traurigen Einsamkeit überlassen und
verabschiedeten uns mit den übrigen Leidtragenden.

So verging der Tag ohne Störung. Capitän Sundewall, wel-
chem die Nachricht von dem beabsichtigten Ueberfall mitgetheilt
worden war, hatte übrigens die Barcassen und Pinassen der beiden
Kriegsschiffe armirt nach dem Landungsplatze geschickt, um für
alle Fälle bereit zu sein.

Warum das Schwert des Mörders grade Heusken treffen
musste ist räthselhaft geblieben; er war bei den Japanern aller
Stände beliebt und hatte, soviel man weiss, unter ihnen keine per-
sönlichen Feinde. Alle die wir kannten schien sein Tod aufrichtig
zu betrüben. Als Freund Sebi, der Lackhändler, zuerst wieder in
Akabane erschien, legte er, den Gesandten begrüssend, unter den
rührendsten Zeichen der Trauer die Hand auf das Herz und nannte
wehmüthig Heuskens Namen. Er selbst musste später vor den
Dolchen der Lonine nach Osaka flüchten, mehrere seiner Gehülfen
wurden ermordet, und das Haus gab, durch weitere blutige Dro-
hungen eingeschüchtert, später allen Geschäftsverkehr mit den
Fremden auf. In der Nacht nach Heuskens Tode wurde ein Kauf-
mann dicht bei dem amerikanischen Tempel auf der Strasse nieder-
gestossen. Diese Thatsachen beweisen, dass es eine Classe frem-
denfeindlicher Fanatiker gibt, welche sogar deren Freunde unter
den Japanern blutig verfolgen. Nach Heuskens Ermordung hiess es,
dass er wegen seiner hervorragenden Thätigkeit bei den Verträgen

X. Heuskens Begräbniss.

Der Friedhof des Tempels von Kosinge, wo schon der früher
ermordete japanische Dolmetscher der englischen Gesandtschaft
begraben war, liegt am Ufer des Flüsschens, von hohen Kiefern
und Cryptomerien beschattet. Heuskens Ruhestätte hatte man in
der nordöstlichen Ecke bereitet, neben einer Erhöhung auf der ein
stattliches Grabmal prangt. Auf den Stufen desselben stellten die
Bunyo’s sich auf; seitwärts sass auf thronartigem Stuhle der Ober-
priester des Tempels im Ornat, umgeben von mehreren Bonzen.
Die Leidtragenden und das Musikcorps traten zu dem Grabe, die
Truppen nahmen Stellung ringsum, und der Sarg wurde ohne Störung
eingesenkt. Abbé Girard vollzog die Ceremonieen nach dem Ritual
seiner Kirche, die Musik spielte einen Choral. Darauf begannen die
buddistischen Priester ihre Trauerlitaneien. Herr Harris dankte den
Anwesenden in kurzen bewegten Worten für ihre Theilnahme und
der Zug bewegte sich schweigend nach seiner Behausung zurück.
Wir mussten ihn hier seiner traurigen Einsamkeit überlassen und
verabschiedeten uns mit den übrigen Leidtragenden.

So verging der Tag ohne Störung. Capitän Sundewall, wel-
chem die Nachricht von dem beabsichtigten Ueberfall mitgetheilt
worden war, hatte übrigens die Barcassen und Pinassen der beiden
Kriegsschiffe armirt nach dem Landungsplatze geschickt, um für
alle Fälle bereit zu sein.

Warum das Schwert des Mörders grade Heusken treffen
musste ist räthselhaft geblieben; er war bei den Japanern aller
Stände beliebt und hatte, soviel man weiss, unter ihnen keine per-
sönlichen Feinde. Alle die wir kannten schien sein Tod aufrichtig
zu betrüben. Als Freund Sebi, der Lackhändler, zuerst wieder in
Akabane erschien, legte er, den Gesandten begrüssend, unter den
rührendsten Zeichen der Trauer die Hand auf das Herz und nannte
wehmüthig Heuskens Namen. Er selbst musste später vor den
Dolchen der Lonine nach Osaka flüchten, mehrere seiner Gehülfen
wurden ermordet, und das Haus gab, durch weitere blutige Dro-
hungen eingeschüchtert, später allen Geschäftsverkehr mit den
Fremden auf. In der Nacht nach Heuskens Tode wurde ein Kauf-
mann dicht bei dem amerikanischen Tempel auf der Strasse nieder-
gestossen. Diese Thatsachen beweisen, dass es eine Classe frem-
denfeindlicher Fanatiker gibt, welche sogar deren Freunde unter
den Japanern blutig verfolgen. Nach Heuskens Ermordung hiess es,
dass er wegen seiner hervorragenden Thätigkeit bei den Verträgen

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[157/0177] X. Heuskens Begräbniss. Der Friedhof des Tempels von Kosinge, wo schon der früher ermordete japanische Dolmetscher der englischen Gesandtschaft begraben war, liegt am Ufer des Flüsschens, von hohen Kiefern und Cryptomerien beschattet. Heuskens Ruhestätte hatte man in der nordöstlichen Ecke bereitet, neben einer Erhöhung auf der ein stattliches Grabmal prangt. Auf den Stufen desselben stellten die Bunyo’s sich auf; seitwärts sass auf thronartigem Stuhle der Ober- priester des Tempels im Ornat, umgeben von mehreren Bonzen. Die Leidtragenden und das Musikcorps traten zu dem Grabe, die Truppen nahmen Stellung ringsum, und der Sarg wurde ohne Störung eingesenkt. Abbé Girard vollzog die Ceremonieen nach dem Ritual seiner Kirche, die Musik spielte einen Choral. Darauf begannen die buddistischen Priester ihre Trauerlitaneien. Herr Harris dankte den Anwesenden in kurzen bewegten Worten für ihre Theilnahme und der Zug bewegte sich schweigend nach seiner Behausung zurück. Wir mussten ihn hier seiner traurigen Einsamkeit überlassen und verabschiedeten uns mit den übrigen Leidtragenden. So verging der Tag ohne Störung. Capitän Sundewall, wel- chem die Nachricht von dem beabsichtigten Ueberfall mitgetheilt worden war, hatte übrigens die Barcassen und Pinassen der beiden Kriegsschiffe armirt nach dem Landungsplatze geschickt, um für alle Fälle bereit zu sein. Warum das Schwert des Mörders grade Heusken treffen musste ist räthselhaft geblieben; er war bei den Japanern aller Stände beliebt und hatte, soviel man weiss, unter ihnen keine per- sönlichen Feinde. Alle die wir kannten schien sein Tod aufrichtig zu betrüben. Als Freund Sebi, der Lackhändler, zuerst wieder in Akabane erschien, legte er, den Gesandten begrüssend, unter den rührendsten Zeichen der Trauer die Hand auf das Herz und nannte wehmüthig Heuskens Namen. Er selbst musste später vor den Dolchen der Lonine nach Osaka flüchten, mehrere seiner Gehülfen wurden ermordet, und das Haus gab, durch weitere blutige Dro- hungen eingeschüchtert, später allen Geschäftsverkehr mit den Fremden auf. In der Nacht nach Heuskens Tode wurde ein Kauf- mann dicht bei dem amerikanischen Tempel auf der Strasse nieder- gestossen. Diese Thatsachen beweisen, dass es eine Classe frem- denfeindlicher Fanatiker gibt, welche sogar deren Freunde unter den Japanern blutig verfolgen. Nach Heuskens Ermordung hiess es, dass er wegen seiner hervorragenden Thätigkeit bei den Verträgen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/177>, abgerufen am 24.11.2024.