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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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X. Vertrags-Verhandlungen.
der Imperieuse nach Hongkong ab und liess nur den Encounter
vor Yokuhama, während vor Yeddo Arkona und Thetis zur Auf-
nahme sämmtlicher Gesandtschaften bereit lagen; auf ein Raketen-
signal von einer derselben sollten die armirten Boote landen.

Die Vertrags-Arbeiten gingen ihren Gang. Schon am 3. Januar
erschienen die Bevollmächtigten zur Berathung des Handelsregulativs,
bei welchem es nur formelle Schwierigkeiten gab. Dann kamen sie,
wie zu erwarten war, auf den Ratifications-Termin zurück: sie
hatten sich die Tragweite ihrer Concession jetzt klar gemacht und
verlangten wieder die früher beantragte Fassung der Ratification
nach dreissig Monaten. Graf Eulenburg stellte ihnen vor, dass
sie, nachdem er ihren Wünschen nachgegeben, als Bevoll-
mächtigte
auf einmal festgestellte Puncte nicht zurückkommen
und deren nochmalige Aenderung verlangen dürften; er habe
mit Rücksicht auf die schwierige Lage der japanischen Regierung
anfangs eingewilligt, dass gar kein Ratifications-Termin genannt
werde, wolle auch jetzt noch diese Fassung billigen und unter
der bekannten Bedingung die hinausgeschobene Auswechselung
bei seiner Regierung nach Kräften befürworten; die Bunyo's be-
haupteten aber, dass die öffentliche Stimmung jetzt mehr als jemals
die Angabe eines bestimmten Datums verlange, worauf Graf Eulen-
burg
als letztes Wort den Vorschlag machte, den Vertrag von einem
bestimmten Zeitpunct, etwa dem 1. Januar 1863 an, auf alle Fälle
in Kraft treten zu lassen, und für die Auswechselung der Ratifica-
tionen keinen Termin zu nennen. Dazu entschlossen sich die Japaner
nach starkem Widerstreben; Graf Eulenburg aber hatte durch sein
formelles Zugeständniss der Sache nichts vergeben, denn die Aus-
wechselung der Ratifications-Urkunden konnte kaum in einer kürzeren
Frist erfolgen. -- Damit waren die Verhandlungen im Wesentlichen
beendet. Die Bunyo's versprachen ihren holländischen Text mit
dem unseren genau vergleichen zu lassen, und, wenn sich keine
Unterschiede fänden, vier japanische und zwei holländische Ab-
schriften zu besorgen, wogegen der Gesandte zwei holländische und
vier deutsche übernahm. Man hoffte von japanischer Seite in zehn
Tagen fertig zu sein und der Gesandte sprach die Erwartung aus,
die ganze Angelegenheit bis zum 15. Januar abgethan zu sehen.

Schon am 5. kam Moriyama mit der Bitte um einige kleine
Aenderungen: so erregte der Ausdruck "im Jahre der christlichen
Zeitrechnung" Anstoss. Offenbar will die Obrigkeit den zwei Jahr-

X. Vertrags-Verhandlungen.
der Impérieuse nach Hoṅgkoṅg ab und liess nur den Encounter
vor Yokuhama, während vor Yeddo Arkona und Thetis zur Auf-
nahme sämmtlicher Gesandtschaften bereit lagen; auf ein Raketen-
signal von einer derselben sollten die armirten Boote landen.

Die Vertrags-Arbeiten gingen ihren Gang. Schon am 3. Januar
erschienen die Bevollmächtigten zur Berathung des Handelsregulativs,
bei welchem es nur formelle Schwierigkeiten gab. Dann kamen sie,
wie zu erwarten war, auf den Ratifications-Termin zurück: sie
hatten sich die Tragweite ihrer Concession jetzt klar gemacht und
verlangten wieder die früher beantragte Fassung der Ratification
nach dreissig Monaten. Graf Eulenburg stellte ihnen vor, dass
sie, nachdem er ihren Wünschen nachgegeben, als Bevoll-
mächtigte
auf einmal festgestellte Puncte nicht zurückkommen
und deren nochmalige Aenderung verlangen dürften; er habe
mit Rücksicht auf die schwierige Lage der japanischen Regierung
anfangs eingewilligt, dass gar kein Ratifications-Termin genannt
werde, wolle auch jetzt noch diese Fassung billigen und unter
der bekannten Bedingung die hinausgeschobene Auswechselung
bei seiner Regierung nach Kräften befürworten; die Bunyo’s be-
haupteten aber, dass die öffentliche Stimmung jetzt mehr als jemals
die Angabe eines bestimmten Datums verlange, worauf Graf Eulen-
burg
als letztes Wort den Vorschlag machte, den Vertrag von einem
bestimmten Zeitpunct, etwa dem 1. Januar 1863 an, auf alle Fälle
in Kraft treten zu lassen, und für die Auswechselung der Ratifica-
tionen keinen Termin zu nennen. Dazu entschlossen sich die Japaner
nach starkem Widerstreben; Graf Eulenburg aber hatte durch sein
formelles Zugeständniss der Sache nichts vergeben, denn die Aus-
wechselung der Ratifications-Urkunden konnte kaum in einer kürzeren
Frist erfolgen. — Damit waren die Verhandlungen im Wesentlichen
beendet. Die Bunyo’s versprachen ihren holländischen Text mit
dem unseren genau vergleichen zu lassen, und, wenn sich keine
Unterschiede fänden, vier japanische und zwei holländische Ab-
schriften zu besorgen, wogegen der Gesandte zwei holländische und
vier deutsche übernahm. Man hoffte von japanischer Seite in zehn
Tagen fertig zu sein und der Gesandte sprach die Erwartung aus,
die ganze Angelegenheit bis zum 15. Januar abgethan zu sehen.

Schon am 5. kam Moriyama mit der Bitte um einige kleine
Aenderungen: so erregte der Ausdruck »im Jahre der christlichen
Zeitrechnung« Anstoss. Offenbar will die Obrigkeit den zwei Jahr-

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[143/0163] X. Vertrags-Verhandlungen. der Impérieuse nach Hoṅgkoṅg ab und liess nur den Encounter vor Yokuhama, während vor Yeddo Arkona und Thetis zur Auf- nahme sämmtlicher Gesandtschaften bereit lagen; auf ein Raketen- signal von einer derselben sollten die armirten Boote landen. Die Vertrags-Arbeiten gingen ihren Gang. Schon am 3. Januar erschienen die Bevollmächtigten zur Berathung des Handelsregulativs, bei welchem es nur formelle Schwierigkeiten gab. Dann kamen sie, wie zu erwarten war, auf den Ratifications-Termin zurück: sie hatten sich die Tragweite ihrer Concession jetzt klar gemacht und verlangten wieder die früher beantragte Fassung der Ratification nach dreissig Monaten. Graf Eulenburg stellte ihnen vor, dass sie, nachdem er ihren Wünschen nachgegeben, als Bevoll- mächtigte auf einmal festgestellte Puncte nicht zurückkommen und deren nochmalige Aenderung verlangen dürften; er habe mit Rücksicht auf die schwierige Lage der japanischen Regierung anfangs eingewilligt, dass gar kein Ratifications-Termin genannt werde, wolle auch jetzt noch diese Fassung billigen und unter der bekannten Bedingung die hinausgeschobene Auswechselung bei seiner Regierung nach Kräften befürworten; die Bunyo’s be- haupteten aber, dass die öffentliche Stimmung jetzt mehr als jemals die Angabe eines bestimmten Datums verlange, worauf Graf Eulen- burg als letztes Wort den Vorschlag machte, den Vertrag von einem bestimmten Zeitpunct, etwa dem 1. Januar 1863 an, auf alle Fälle in Kraft treten zu lassen, und für die Auswechselung der Ratifica- tionen keinen Termin zu nennen. Dazu entschlossen sich die Japaner nach starkem Widerstreben; Graf Eulenburg aber hatte durch sein formelles Zugeständniss der Sache nichts vergeben, denn die Aus- wechselung der Ratifications-Urkunden konnte kaum in einer kürzeren Frist erfolgen. — Damit waren die Verhandlungen im Wesentlichen beendet. Die Bunyo’s versprachen ihren holländischen Text mit dem unseren genau vergleichen zu lassen, und, wenn sich keine Unterschiede fänden, vier japanische und zwei holländische Ab- schriften zu besorgen, wogegen der Gesandte zwei holländische und vier deutsche übernahm. Man hoffte von japanischer Seite in zehn Tagen fertig zu sein und der Gesandte sprach die Erwartung aus, die ganze Angelegenheit bis zum 15. Januar abgethan zu sehen. Schon am 5. kam Moriyama mit der Bitte um einige kleine Aenderungen: so erregte der Ausdruck »im Jahre der christlichen Zeitrechnung« Anstoss. Offenbar will die Obrigkeit den zwei Jahr-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/163>, abgerufen am 24.11.2024.