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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Aufnahme der amerikanischen Officiere. VII.
der Capitän seinen Passagieren und deren Damen anbot, kam wie
sich voraussehen liess, nicht zu Stande; ein so öffentliches Erscheinen
japanischer Damen von Rang wäre ganz unmöglich. Das emancipirte
Wesen der westländischen Frauen und ihre öffentliche Vertraulichkeit
mit dem männlichen Geschlecht ist den Japanern ein Grauen; sie
sahen -- so heisst es in dem Tagebuche eines Mitgliedes der Ge-
sandtschaft -- mit Schauder, dass Männer den Frauen, und, wie
sie mit Gewissheit erfuhren, sogar ihren eigenen rechtmässigen Frauen
auf der Strasse den Arm gaben. Das Umfassen der Damen beim
Tanz in anständiger Gesellschaft empörte ihr Sittlichkeitsgefühl auf
das höchste. Nur einigen jüngeren Mitgliedern der Gesandtschaft
schienen die amerikanischen Sitten nicht eben missfallen zu haben;
namentlich vergoss ein jugendlicher Dolmetscher, welcher der ver-
wöhnte Liebling der Damen gewesen war, beim Scheiden bittere
Thränen, und schalt noch in unserer Gegenwart unverhohlen seine
Landsleute "fool Japanese", weil sie sich die westländischen Sitten
nicht aneigneten. -- Der Commandant des Niagara, welcher die aus
achtzig Personen bestehende Gesandtschaft um das Cap der Guten
Hoffnung
zurückgeführt hatte, wusste deren Benehmen an Bord
nicht genug zu rühmen; nur mit dem Licht waren sie, wie in ihrer
Heimath, unvorsichtig, und hatten das Schiff wiederholt in Feuers-
gefahr gebracht.

Die Ausschiffung der Gesandten in Yeddo ging ohne jede
Feierlichkeit von japanischer Seite vor sich; der Niagara aber sandte
ihnen einen Salut aus seinen schweren Geschützen nach. Sie hatten
den amerikanischen Officieren eine glänzende Aufnahme in Aussicht
gestellt, und in der That liess der Minister des Auswärtigen dem
Commandanten bei seiner Ankunft sagen, dass die Mannschaften
während ihres Verbleibens auf der Rhede Gäste des Taikun sein
sollten. Er wies den Officieren einen Tempel als Wohnung am
Lande an, wo sie auf kaiserliche Kosten verpflegt und aller mög-
lichen Genüsse theilhaft werden, auch täglich Pferde zu Excursionen
erhalten sollten; "nur weibliche Bedienung müsse man versagen,
weil Yeddo dem Handel noch nicht geöffnet sei." Als sie aber ein-
zogen erwies sich der zum Kochen bestimmte Raum ganz unbrauchbar,
und sie lebten den ersten Tag von harten Eiern. Auch stellte man
ihnen nur wenige Pferde; "mehr als zehn", hiess es, "seien in Yeddo
nicht aufzutreiben", die Zahl der Gäste aber betrug über das Doppelte.
Sie wurden grausam enttäuscht und sahen sich durch ein Diner

Aufnahme der amerikanischen Officiere. VII.
der Capitän seinen Passagieren und deren Damen anbot, kam wie
sich voraussehen liess, nicht zu Stande; ein so öffentliches Erscheinen
japanischer Damen von Rang wäre ganz unmöglich. Das emancipirte
Wesen der westländischen Frauen und ihre öffentliche Vertraulichkeit
mit dem männlichen Geschlecht ist den Japanern ein Grauen; sie
sahen — so heisst es in dem Tagebuche eines Mitgliedes der Ge-
sandtschaft — mit Schauder, dass Männer den Frauen, und, wie
sie mit Gewissheit erfuhren, sogar ihren eigenen rechtmässigen Frauen
auf der Strasse den Arm gaben. Das Umfassen der Damen beim
Tanz in anständiger Gesellschaft empörte ihr Sittlichkeitsgefühl auf
das höchste. Nur einigen jüngeren Mitgliedern der Gesandtschaft
schienen die amerikanischen Sitten nicht eben missfallen zu haben;
namentlich vergoss ein jugendlicher Dolmetscher, welcher der ver-
wöhnte Liebling der Damen gewesen war, beim Scheiden bittere
Thränen, und schalt noch in unserer Gegenwart unverhohlen seine
Landsleute »fool Japanese«, weil sie sich die westländischen Sitten
nicht aneigneten. — Der Commandant des Niagara, welcher die aus
achtzig Personen bestehende Gesandtschaft um das Cap der Guten
Hoffnung
zurückgeführt hatte, wusste deren Benehmen an Bord
nicht genug zu rühmen; nur mit dem Licht waren sie, wie in ihrer
Heimath, unvorsichtig, und hatten das Schiff wiederholt in Feuers-
gefahr gebracht.

Die Ausschiffung der Gesandten in Yeddo ging ohne jede
Feierlichkeit von japanischer Seite vor sich; der Niagara aber sandte
ihnen einen Salut aus seinen schweren Geschützen nach. Sie hatten
den amerikanischen Officieren eine glänzende Aufnahme in Aussicht
gestellt, und in der That liess der Minister des Auswärtigen dem
Commandanten bei seiner Ankunft sagen, dass die Mannschaften
während ihres Verbleibens auf der Rhede Gäste des Taïkūn sein
sollten. Er wies den Officieren einen Tempel als Wohnung am
Lande an, wo sie auf kaiserliche Kosten verpflegt und aller mög-
lichen Genüsse theilhaft werden, auch täglich Pferde zu Excursionen
erhalten sollten; »nur weibliche Bedienung müsse man versagen,
weil Yeddo dem Handel noch nicht geöffnet sei.« Als sie aber ein-
zogen erwies sich der zum Kochen bestimmte Raum ganz unbrauchbar,
und sie lebten den ersten Tag von harten Eiern. Auch stellte man
ihnen nur wenige Pferde; »mehr als zehn«, hiess es, »seien in Yeddo
nicht aufzutreiben«, die Zahl der Gäste aber betrug über das Doppelte.
Sie wurden grausam enttäuscht und sahen sich durch ein Diner

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[90/0110] Aufnahme der amerikanischen Officiere. VII. der Capitän seinen Passagieren und deren Damen anbot, kam wie sich voraussehen liess, nicht zu Stande; ein so öffentliches Erscheinen japanischer Damen von Rang wäre ganz unmöglich. Das emancipirte Wesen der westländischen Frauen und ihre öffentliche Vertraulichkeit mit dem männlichen Geschlecht ist den Japanern ein Grauen; sie sahen — so heisst es in dem Tagebuche eines Mitgliedes der Ge- sandtschaft — mit Schauder, dass Männer den Frauen, und, wie sie mit Gewissheit erfuhren, sogar ihren eigenen rechtmässigen Frauen auf der Strasse den Arm gaben. Das Umfassen der Damen beim Tanz in anständiger Gesellschaft empörte ihr Sittlichkeitsgefühl auf das höchste. Nur einigen jüngeren Mitgliedern der Gesandtschaft schienen die amerikanischen Sitten nicht eben missfallen zu haben; namentlich vergoss ein jugendlicher Dolmetscher, welcher der ver- wöhnte Liebling der Damen gewesen war, beim Scheiden bittere Thränen, und schalt noch in unserer Gegenwart unverhohlen seine Landsleute »fool Japanese«, weil sie sich die westländischen Sitten nicht aneigneten. — Der Commandant des Niagara, welcher die aus achtzig Personen bestehende Gesandtschaft um das Cap der Guten Hoffnung zurückgeführt hatte, wusste deren Benehmen an Bord nicht genug zu rühmen; nur mit dem Licht waren sie, wie in ihrer Heimath, unvorsichtig, und hatten das Schiff wiederholt in Feuers- gefahr gebracht. Die Ausschiffung der Gesandten in Yeddo ging ohne jede Feierlichkeit von japanischer Seite vor sich; der Niagara aber sandte ihnen einen Salut aus seinen schweren Geschützen nach. Sie hatten den amerikanischen Officieren eine glänzende Aufnahme in Aussicht gestellt, und in der That liess der Minister des Auswärtigen dem Commandanten bei seiner Ankunft sagen, dass die Mannschaften während ihres Verbleibens auf der Rhede Gäste des Taïkūn sein sollten. Er wies den Officieren einen Tempel als Wohnung am Lande an, wo sie auf kaiserliche Kosten verpflegt und aller mög- lichen Genüsse theilhaft werden, auch täglich Pferde zu Excursionen erhalten sollten; »nur weibliche Bedienung müsse man versagen, weil Yeddo dem Handel noch nicht geöffnet sei.« Als sie aber ein- zogen erwies sich der zum Kochen bestimmte Raum ganz unbrauchbar, und sie lebten den ersten Tag von harten Eiern. Auch stellte man ihnen nur wenige Pferde; »mehr als zehn«, hiess es, »seien in Yeddo nicht aufzutreiben«, die Zahl der Gäste aber betrug über das Doppelte. Sie wurden grausam enttäuscht und sahen sich durch ein Diner

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/110>, abgerufen am 25.11.2024.