"Unsere getreuen Räthe und Diener haben uns vorgestellt, dass die fremden Geistlichen, die in unsere Staaten gekommen sind, eine den japanischen Satzungen widersprechende Lehre predigen, und dass sie selbst die Dreistigkeit gehabt haben Tempel unserer Kami's und Götter zu zerstören. Obgleich diese Uebertretung die schwerste Züchtigung verdient, wollen wir ihnen doch Gnade angedeihen lassen, befehlen ihnen aber bei Todesstrafe binnen zwanzig Tagen Japan zu verlassen. Während dieses Zeitraumes soll ihnen kein Leid geschehen; findet sich aber nach dieser Frist noch einer im Lande, so soll er wie ein Verbrecher bestraft werden. Den portugiesischen Kaufleuten erlauben wir in unsere Häfen einzulaufen, ihren gewohnten Handel zu treiben und so lange in unseren Staaten zu verweilen als ihre Geschäfte er- fordern, verbieten ihnen aber fremde Geistliche mitzubringen bei Strafe der Confiscation ihrer Waaren und Fahrzeuge."
Dieses Edict erliess Taiko-sama von Fakata71) aus. Die dort befindlichen Missionare wurden auch mündlich darüber zur Rede gestellt, "dass sie seine Unterthanen zum Schlachten der für die Landwirthschaft so nothwendigen Ochsen und Kühe verleiteten, dass sie ihren Landsleuten erlaubten Japaner und Japanerinnen weg- zuschleppen und in fremde Länder zu verkaufen." In der That klagen die Jesuiten selbst über die zügellosen Ausschweifungen der portugiesischen Kaufleute und Schiffer: fast täglich wurden Frauen und Mädchen aufgefangen und nach den Schiffen entführt; auch scheint ein ausgedehnter Menschenhandel nach Ostindien, ähnlich dem heutigen Kuli-Handel in China, getrieben worden zu sein. Aber weder diese Ungesetzlichkeiten, noch die von den Jesuiten an- gegebenen Umstände -- der Unmuth des Taiko-sama darüber, dass eine in Firando eingelaufene Carake des seichten Wassers wegen nicht auf seinen Befehl nach Fakata kam, dass die von ihm bei den Portugiesen bestellten und zum projectirten Feldzuge nach Korea bestimmten Schiffe noch immer nicht eintrafen, dass es seinen Kupplern nicht gelang sein Harem aus den christlichen Districten zu recrutiren -- können die wahren Ursachen der Ausweisung der Jesuiten gewesen sein: der tiefere Grund war ihr wachsender Ein- fluss und die beunruhigende Ausbreitung des Christenthumes, dafür zeugen die zu gleicher Zeit erfolgte Verbannung des christlichen Feldherrn Taka-yama-Ukon, welcher das Bekehrungswerk besonders
71) An der Küste von Tsikudsen auf Kiusiu.
Das Religionsedict. Veranlassungen dazu.
»Unsere getreuen Räthe und Diener haben uns vorgestellt, dass die fremden Geistlichen, die in unsere Staaten gekommen sind, eine den japanischen Satzungen widersprechende Lehre predigen, und dass sie selbst die Dreistigkeit gehabt haben Tempel unserer Kami’s und Götter zu zerstören. Obgleich diese Uebertretung die schwerste Züchtigung verdient, wollen wir ihnen doch Gnade angedeihen lassen, befehlen ihnen aber bei Todesstrafe binnen zwanzig Tagen Japan zu verlassen. Während dieses Zeitraumes soll ihnen kein Leid geschehen; findet sich aber nach dieser Frist noch einer im Lande, so soll er wie ein Verbrecher bestraft werden. Den portugiesischen Kaufleuten erlauben wir in unsere Häfen einzulaufen, ihren gewohnten Handel zu treiben und so lange in unseren Staaten zu verweilen als ihre Geschäfte er- fordern, verbieten ihnen aber fremde Geistliche mitzubringen bei Strafe der Confiscation ihrer Waaren und Fahrzeuge.«
Dieses Edict erliess Taïko-sama von Fakata71) aus. Die dort befindlichen Missionare wurden auch mündlich darüber zur Rede gestellt, »dass sie seine Unterthanen zum Schlachten der für die Landwirthschaft so nothwendigen Ochsen und Kühe verleiteten, dass sie ihren Landsleuten erlaubten Japaner und Japanerinnen weg- zuschleppen und in fremde Länder zu verkaufen.« In der That klagen die Jesuiten selbst über die zügellosen Ausschweifungen der portugiesischen Kaufleute und Schiffer: fast täglich wurden Frauen und Mädchen aufgefangen und nach den Schiffen entführt; auch scheint ein ausgedehnter Menschenhandel nach Ostindien, ähnlich dem heutigen Kuli-Handel in China, getrieben worden zu sein. Aber weder diese Ungesetzlichkeiten, noch die von den Jesuiten an- gegebenen Umstände — der Unmuth des Taïko-sama darüber, dass eine in Firando eingelaufene Carake des seichten Wassers wegen nicht auf seinen Befehl nach Fakata kam, dass die von ihm bei den Portugiesen bestellten und zum projectirten Feldzuge nach Korea bestimmten Schiffe noch immer nicht eintrafen, dass es seinen Kupplern nicht gelang sein Harem aus den christlichen Districten zu recrutiren — können die wahren Ursachen der Ausweisung der Jesuiten gewesen sein: der tiefere Grund war ihr wachsender Ein- fluss und die beunruhigende Ausbreitung des Christenthumes, dafür zeugen die zu gleicher Zeit erfolgte Verbannung des christlichen Feldherrn Taka-yama-Ukon, welcher das Bekehrungswerk besonders
71) An der Küste von Tsikudsen auf Kiusiu.
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Das Religionsedict. Veranlassungen dazu.
»Unsere getreuen Räthe und Diener haben uns vorgestellt, dass
die fremden Geistlichen, die in unsere Staaten gekommen sind,
eine den japanischen Satzungen widersprechende Lehre predigen,
und dass sie selbst die Dreistigkeit gehabt haben Tempel unserer
Kami’s und Götter zu zerstören. Obgleich diese Uebertretung
die schwerste Züchtigung verdient, wollen wir ihnen doch Gnade
angedeihen lassen, befehlen ihnen aber bei Todesstrafe binnen
zwanzig Tagen Japan zu verlassen. Während dieses Zeitraumes
soll ihnen kein Leid geschehen; findet sich aber nach dieser
Frist noch einer im Lande, so soll er wie ein Verbrecher bestraft
werden. Den portugiesischen Kaufleuten erlauben wir in unsere
Häfen einzulaufen, ihren gewohnten Handel zu treiben und so
lange in unseren Staaten zu verweilen als ihre Geschäfte er-
fordern, verbieten ihnen aber fremde Geistliche mitzubringen
bei Strafe der Confiscation ihrer Waaren und Fahrzeuge.«
Dieses Edict erliess Taïko-sama von Fakata 71) aus. Die
dort befindlichen Missionare wurden auch mündlich darüber zur
Rede gestellt, »dass sie seine Unterthanen zum Schlachten der für
die Landwirthschaft so nothwendigen Ochsen und Kühe verleiteten,
dass sie ihren Landsleuten erlaubten Japaner und Japanerinnen weg-
zuschleppen und in fremde Länder zu verkaufen.« In der That
klagen die Jesuiten selbst über die zügellosen Ausschweifungen der
portugiesischen Kaufleute und Schiffer: fast täglich wurden Frauen
und Mädchen aufgefangen und nach den Schiffen entführt; auch
scheint ein ausgedehnter Menschenhandel nach Ostindien, ähnlich
dem heutigen Kuli-Handel in China, getrieben worden zu sein. Aber
weder diese Ungesetzlichkeiten, noch die von den Jesuiten an-
gegebenen Umstände — der Unmuth des Taïko-sama darüber, dass
eine in Firando eingelaufene Carake des seichten Wassers wegen
nicht auf seinen Befehl nach Fakata kam, dass die von ihm bei
den Portugiesen bestellten und zum projectirten Feldzuge nach Korea
bestimmten Schiffe noch immer nicht eintrafen, dass es seinen
Kupplern nicht gelang sein Harem aus den christlichen Districten
zu recrutiren — können die wahren Ursachen der Ausweisung der
Jesuiten gewesen sein: der tiefere Grund war ihr wachsender Ein-
fluss und die beunruhigende Ausbreitung des Christenthumes, dafür
zeugen die zu gleicher Zeit erfolgte Verbannung des christlichen
Feldherrn Taka-yama-Ukon, welcher das Bekehrungswerk besonders
71) An der Küste von Tsikudsen auf Kiusiu.
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/92>, abgerufen am 09.11.2024.
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