[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Die ersten Gemeinden. Erbitterung der Bonzen. Hospitals, die ernste Feierlichkeit, mit der sie ihre Todten bestat-teten, und besonders der mystische Glanz des katholischen Gottes- dienstes gewannen dem Christenthum viele Anhänger. Das Volk drängte sich jetzt in Masse zur Taufe -- die innere Bekehrung folgte dann später. Die Jesuiten erzählen selbst, wie sie vor allem für prächtige Messgewänder und kostbares Kirchengeräth sorgten, wie sie zu Weihnachten und Ostern durch die Neophyten geistliche Schauspiele in japanischer Sprache mit grossem Pompe aufführen liessen. Der ganze Apparat eindringlicher Mittel, durch welche die katholische Kirche, zunächst auf die Sinne wirkend, die fromme Phantasie der Gläubigen erregt -- die Vorbereitung durch strenge Fasten, der jubelnde Glanz der Auferstehungsfeier und die damit verbundenen symbolischen Handlungen und Darstellungen, mit Weih- rauch, Kerzen, Glockenklang, Musik, prächtigen Gewändern und Fahnen -- wurde mit vielem Erfolge aufgewendet, um die Menge anzulocken und zu begeistern. Die japanischen Christen scheinen diesem Gepränge sehr hold gewesen zu sein. Uebrigens waren die Jesuitenväter unermüdlich im Lehren und Predigen und in den Werken praktischer Barmherzigkeit; sie lebten mit ihren Täuflingen in innigster Gemeinschaft und wissen deren frommen, einfachen, mildthätigen Sinn, ihren Glaubenseifer und die rührende Liebe, mit der sie an ihnen hingen, nicht genug zu preisen. Die Armen- und Krankenpflege und der Schulunterricht der Jugend wurden durch japanische Christen unter Aufsicht der Missionare besorgt; dies waren reine Liebesdienste, denn die Jesuiten verfügten nur über geringe Mittel. Die christlichen Schulen hatten starken Zulauf, zur grossen Erbitterung der Bonzen, in deren Händen bisher der Unterricht der Jugend gewesen war. Die japanischen Priester ver- suchten Anfangs die Neuerer mit geistigen Waffen zu bekämpfen und forderten auch die portugiesischen Jesuiten vielfach zu öffent- lichen Disputationen heraus, scheinen aber wenig dadurch gewonnen zu haben und griffen darauf zur Gewalt. Sie sahen sich in ihrem Ein- fluss, ja in ihrer Existenz beeinträchtigt und verfolgten ihre Feinde mit tödtlichem Hass. Nur der Schutz der Grossen und die Anhäng- lichkeit ihrer Gemeinden machten es den Bekehrern möglich, Stand zu halten. Schon damals wurde das Christenthum von den Lehns- fürsten vielfach politisch benutzt: unablässig von äusseren Kriegen und inneren Umwälzungen bedroht, gebrauchten sie das Ansehn der Väter, um sich eine starke Parthei im Volke zu bilden, und Die ersten Gemeinden. Erbitterung der Bonzen. Hospitals, die ernste Feierlichkeit, mit der sie ihre Todten bestat-teten, und besonders der mystische Glanz des katholischen Gottes- dienstes gewannen dem Christenthum viele Anhänger. Das Volk drängte sich jetzt in Masse zur Taufe — die innere Bekehrung folgte dann später. Die Jesuiten erzählen selbst, wie sie vor allem für prächtige Messgewänder und kostbares Kirchengeräth sorgten, wie sie zu Weihnachten und Ostern durch die Neophyten geistliche Schauspiele in japanischer Sprache mit grossem Pompe aufführen liessen. Der ganze Apparat eindringlicher Mittel, durch welche die katholische Kirche, zunächst auf die Sinne wirkend, die fromme Phantasie der Gläubigen erregt — die Vorbereitung durch strenge Fasten, der jubelnde Glanz der Auferstehungsfeier und die damit verbundenen symbolischen Handlungen und Darstellungen, mit Weih- rauch, Kerzen, Glockenklang, Musik, prächtigen Gewändern und Fahnen — wurde mit vielem Erfolge aufgewendet, um die Menge anzulocken und zu begeistern. Die japanischen Christen scheinen diesem Gepränge sehr hold gewesen zu sein. Uebrigens waren die Jesuitenväter unermüdlich im Lehren und Predigen und in den Werken praktischer Barmherzigkeit; sie lebten mit ihren Täuflingen in innigster Gemeinschaft und wissen deren frommen, einfachen, mildthätigen Sinn, ihren Glaubenseifer und die rührende Liebe, mit der sie an ihnen hingen, nicht genug zu preisen. Die Armen- und Krankenpflege und der Schulunterricht der Jugend wurden durch japanische Christen unter Aufsicht der Missionare besorgt; dies waren reine Liebesdienste, denn die Jesuiten verfügten nur über geringe Mittel. Die christlichen Schulen hatten starken Zulauf, zur grossen Erbitterung der Bonzen, in deren Händen bisher der Unterricht der Jugend gewesen war. Die japanischen Priester ver- suchten Anfangs die Neuerer mit geistigen Waffen zu bekämpfen und forderten auch die portugiesischen Jesuiten vielfach zu öffent- lichen Disputationen heraus, scheinen aber wenig dadurch gewonnen zu haben und griffen darauf zur Gewalt. Sie sahen sich in ihrem Ein- fluss, ja in ihrer Existenz beeinträchtigt und verfolgten ihre Feinde mit tödtlichem Hass. Nur der Schutz der Grossen und die Anhäng- lichkeit ihrer Gemeinden machten es den Bekehrern möglich, Stand zu halten. Schon damals wurde das Christenthum von den Lehns- fürsten vielfach politisch benutzt: unablässig von äusseren Kriegen und inneren Umwälzungen bedroht, gebrauchten sie das Ansehn der Väter, um sich eine starke Parthei im Volke zu bilden, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0086" n="56"/><fw place="top" type="header">Die ersten Gemeinden. Erbitterung der Bonzen.</fw><lb/> Hospitals, die ernste Feierlichkeit, mit der sie ihre Todten bestat-<lb/> teten, und besonders der mystische Glanz des katholischen Gottes-<lb/> dienstes gewannen dem Christenthum viele Anhänger. Das Volk<lb/> drängte sich jetzt in Masse zur Taufe — die innere Bekehrung<lb/> folgte dann später. Die Jesuiten erzählen selbst, wie sie vor allem<lb/> für prächtige Messgewänder und kostbares Kirchengeräth sorgten,<lb/> wie sie zu Weihnachten und Ostern durch die Neophyten geistliche<lb/> Schauspiele in japanischer Sprache mit grossem Pompe aufführen<lb/> liessen. 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Die ersten Gemeinden. Erbitterung der Bonzen.
Hospitals, die ernste Feierlichkeit, mit der sie ihre Todten bestat-
teten, und besonders der mystische Glanz des katholischen Gottes-
dienstes gewannen dem Christenthum viele Anhänger. Das Volk
drängte sich jetzt in Masse zur Taufe — die innere Bekehrung
folgte dann später. Die Jesuiten erzählen selbst, wie sie vor allem
für prächtige Messgewänder und kostbares Kirchengeräth sorgten,
wie sie zu Weihnachten und Ostern durch die Neophyten geistliche
Schauspiele in japanischer Sprache mit grossem Pompe aufführen
liessen. Der ganze Apparat eindringlicher Mittel, durch welche die
katholische Kirche, zunächst auf die Sinne wirkend, die fromme
Phantasie der Gläubigen erregt — die Vorbereitung durch strenge
Fasten, der jubelnde Glanz der Auferstehungsfeier und die damit
verbundenen symbolischen Handlungen und Darstellungen, mit Weih-
rauch, Kerzen, Glockenklang, Musik, prächtigen Gewändern und
Fahnen — wurde mit vielem Erfolge aufgewendet, um die Menge
anzulocken und zu begeistern. Die japanischen Christen scheinen
diesem Gepränge sehr hold gewesen zu sein. Uebrigens waren die
Jesuitenväter unermüdlich im Lehren und Predigen und in den
Werken praktischer Barmherzigkeit; sie lebten mit ihren Täuflingen
in innigster Gemeinschaft und wissen deren frommen, einfachen,
mildthätigen Sinn, ihren Glaubenseifer und die rührende Liebe,
mit der sie an ihnen hingen, nicht genug zu preisen. Die Armen-
und Krankenpflege und der Schulunterricht der Jugend wurden
durch japanische Christen unter Aufsicht der Missionare besorgt;
dies waren reine Liebesdienste, denn die Jesuiten verfügten nur
über geringe Mittel. Die christlichen Schulen hatten starken Zulauf,
zur grossen Erbitterung der Bonzen, in deren Händen bisher der
Unterricht der Jugend gewesen war. Die japanischen Priester ver-
suchten Anfangs die Neuerer mit geistigen Waffen zu bekämpfen
und forderten auch die portugiesischen Jesuiten vielfach zu öffent-
lichen Disputationen heraus, scheinen aber wenig dadurch gewonnen
zu haben und griffen darauf zur Gewalt. Sie sahen sich in ihrem Ein-
fluss, ja in ihrer Existenz beeinträchtigt und verfolgten ihre Feinde
mit tödtlichem Hass. Nur der Schutz der Grossen und die Anhäng-
lichkeit ihrer Gemeinden machten es den Bekehrern möglich, Stand
zu halten. Schon damals wurde das Christenthum von den Lehns-
fürsten vielfach politisch benutzt: unablässig von äusseren Kriegen
und inneren Umwälzungen bedroht, gebrauchten sie das Ansehn
der Väter, um sich eine starke Parthei im Volke zu bilden, und
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