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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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II. Wind. Brandung. Die Fukian-Strasse.
war für alle Theilnehmer das erfreulichste Intermezzo dieser pein-
vollen Tage.

Am achtzehnten endlich erhob sich ein leichter Südwest-18. August.
wind, wir segelten die folgenden Tage mit einer Durchschnitts-
geschwindigkeit von vier bis sechs Knoten. Ein amerikanischer
Clipper begleitete die Fregatte mehrere Tage lang, und verliess sie,
nachdem er sich durch Signal eine Ortsbestimmung erbeten, am
dreiundzwanzigsten, um nach Hongkong zu segeln. -- Am vierund-24. August.
zwanzigsten wurde, während wir schwache Fahrt machten, plötzlich
mitten im glatten Wasser in kurzer Entfernung vor dem Bug der
Fregatte eine starke Brandung sichtbar. Wir waren weit von allen
Küsten entfernt, und nach den Seekarten musste hier tiefes Wasser
sein; Capitän Jachmann liess aber beidrehen und ein Boot zu
Wasser bringen, das mit dem Loth in der ganzen Breite der Bran-
dung keinen Grund finden konnte. Unterdessen hatte die Strömung
das Schiff unversehens auch schon mitten hinein getrieben, und es
wurde abermals ohne Erfolg bis auf hundert Faden Tiefe gelothet.
Dieselbe Erscheinung wiederholte sich noch mehrere Male an den
folgenden Tagen, und ist nur durch heftige Strömungen zu erklären,
die in ungleichen Richtungen aufeinandertreffen. Der Zusammenstoss
erzeugt die krausen kurzen Wellen, die man sonst nur über unter-
seeischen Riffen zu sehen pflegt.

Am sechsundzwanzigsten erreichten wir die Fukian-Strasse,26. August.
und die Küste von China kam in Sicht; schwere Wolkenmassen
lagerten auf den fernen Gebirgen. Nachmittags ging es bei einer
Felseninsel vorbei, deren Spitze eine hohe Pagode krönte; in den
Buchten Wälder von Dschunkenmasten. Der Abend war kühler
als gewöhnlich: herrlicher Mondschein, dabei starkes Wetterleuchten
im Osten und Westen -- über Formosa und dem Festlande. Der
Wind ging allmälich herum, so dass wir mehr nördlich liegen, und
den folgenden Tag sogar kreuzen mussten. In dieser Gegend wim-
melte das Meer von chinesischen Fischerdschunken, welche der
Fregatte oft sehr nahe kamen und sich fast überfahren liessen. Ihr
Bau ist mehr malerisch als practisch; sie sind gute Segler, aber
heftigem Sturme nicht gewachsen. Alle Dschunken ächt chinesi-
scher Bauart haben einen flachen Boden ohne Kiel, und ragen vorn
und hinten hoch aus dem Wasser. In der Mitte wird das Verdeck
bei schwerer Ladung fast von den Wellen bespült und ist dort
fest verschlossen. Sie haben mehrere, zuweilen vier bis fünf

II. Wind. Brandung. Die Fukian-Strasse.
war für alle Theilnehmer das erfreulichste Intermezzo dieser pein-
vollen Tage.

Am achtzehnten endlich erhob sich ein leichter Südwest-18. August.
wind, wir segelten die folgenden Tage mit einer Durchschnitts-
geschwindigkeit von vier bis sechs Knoten. Ein amerikanischer
Clipper begleitete die Fregatte mehrere Tage lang, und verliess sie,
nachdem er sich durch Signal eine Ortsbestimmung erbeten, am
dreiundzwanzigsten, um nach Hongkong zu segeln. — Am vierund-24. August.
zwanzigsten wurde, während wir schwache Fahrt machten, plötzlich
mitten im glatten Wasser in kurzer Entfernung vor dem Bug der
Fregatte eine starke Brandung sichtbar. Wir waren weit von allen
Küsten entfernt, und nach den Seekarten musste hier tiefes Wasser
sein; Capitän Jachmann liess aber beidrehen und ein Boot zu
Wasser bringen, das mit dem Loth in der ganzen Breite der Bran-
dung keinen Grund finden konnte. Unterdessen hatte die Strömung
das Schiff unversehens auch schon mitten hinein getrieben, und es
wurde abermals ohne Erfolg bis auf hundert Faden Tiefe gelothet.
Dieselbe Erscheinung wiederholte sich noch mehrere Male an den
folgenden Tagen, und ist nur durch heftige Strömungen zu erklären,
die in ungleichen Richtungen aufeinandertreffen. Der Zusammenstoss
erzeugt die krausen kurzen Wellen, die man sonst nur über unter-
seeischen Riffen zu sehen pflegt.

Am sechsundzwanzigsten erreichten wir die Fukian-Strasse,26. August.
und die Küste von China kam in Sicht; schwere Wolkenmassen
lagerten auf den fernen Gebirgen. Nachmittags ging es bei einer
Felseninsel vorbei, deren Spitze eine hohe Pagode krönte; in den
Buchten Wälder von Dschunkenmasten. Der Abend war kühler
als gewöhnlich: herrlicher Mondschein, dabei starkes Wetterleuchten
im Osten und Westen — über Formosa und dem Festlande. Der
Wind ging allmälich herum, so dass wir mehr nördlich liegen, und
den folgenden Tag sogar kreuzen mussten. In dieser Gegend wim-
melte das Meer von chinesischen Fischerdschunken, welche der
Fregatte oft sehr nahe kamen und sich fast überfahren liessen. Ihr
Bau ist mehr malerisch als practisch; sie sind gute Segler, aber
heftigem Sturme nicht gewachsen. Alle Dschunken ächt chinesi-
scher Bauart haben einen flachen Boden ohne Kiel, und ragen vorn
und hinten hoch aus dem Wasser. In der Mitte wird das Verdeck
bei schwerer Ladung fast von den Wellen bespült und ist dort
fest verschlossen. Sie haben mehrere, zuweilen vier bis fünf

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[233/0263] II. Wind. Brandung. Die Fukian-Strasse. war für alle Theilnehmer das erfreulichste Intermezzo dieser pein- vollen Tage. Am achtzehnten endlich erhob sich ein leichter Südwest- wind, wir segelten die folgenden Tage mit einer Durchschnitts- geschwindigkeit von vier bis sechs Knoten. Ein amerikanischer Clipper begleitete die Fregatte mehrere Tage lang, und verliess sie, nachdem er sich durch Signal eine Ortsbestimmung erbeten, am dreiundzwanzigsten, um nach Hongkong zu segeln. — Am vierund- zwanzigsten wurde, während wir schwache Fahrt machten, plötzlich mitten im glatten Wasser in kurzer Entfernung vor dem Bug der Fregatte eine starke Brandung sichtbar. Wir waren weit von allen Küsten entfernt, und nach den Seekarten musste hier tiefes Wasser sein; Capitän Jachmann liess aber beidrehen und ein Boot zu Wasser bringen, das mit dem Loth in der ganzen Breite der Bran- dung keinen Grund finden konnte. Unterdessen hatte die Strömung das Schiff unversehens auch schon mitten hinein getrieben, und es wurde abermals ohne Erfolg bis auf hundert Faden Tiefe gelothet. Dieselbe Erscheinung wiederholte sich noch mehrere Male an den folgenden Tagen, und ist nur durch heftige Strömungen zu erklären, die in ungleichen Richtungen aufeinandertreffen. Der Zusammenstoss erzeugt die krausen kurzen Wellen, die man sonst nur über unter- seeischen Riffen zu sehen pflegt. 18. August. 24. August. Am sechsundzwanzigsten erreichten wir die Fukian-Strasse, und die Küste von China kam in Sicht; schwere Wolkenmassen lagerten auf den fernen Gebirgen. Nachmittags ging es bei einer Felseninsel vorbei, deren Spitze eine hohe Pagode krönte; in den Buchten Wälder von Dschunkenmasten. Der Abend war kühler als gewöhnlich: herrlicher Mondschein, dabei starkes Wetterleuchten im Osten und Westen — über Formosa und dem Festlande. Der Wind ging allmälich herum, so dass wir mehr nördlich liegen, und den folgenden Tag sogar kreuzen mussten. In dieser Gegend wim- melte das Meer von chinesischen Fischerdschunken, welche der Fregatte oft sehr nahe kamen und sich fast überfahren liessen. Ihr Bau ist mehr malerisch als practisch; sie sind gute Segler, aber heftigem Sturme nicht gewachsen. Alle Dschunken ächt chinesi- scher Bauart haben einen flachen Boden ohne Kiel, und ragen vorn und hinten hoch aus dem Wasser. In der Mitte wird das Verdeck bei schwerer Ladung fast von den Wellen bespült und ist dort fest verschlossen. Sie haben mehrere, zuweilen vier bis fünf 26. August.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/263>, abgerufen am 24.11.2024.