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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Moscheen, Tempel der Hindu's und Chinesen. I.

Wir versuchten vergebens in die Moscheen 1) und in die
Hindu-Tempel einzudringen. Die Priester der letzteren fordern, sei
es um die Fremden abzuschrecken, sei es, dass ihr Gewissen be-
stimmte Grenzen hat, exorbitante Summen für den Eintritt. Jeder
Einzelne sollte zehn Pfund Sterling zahlen, ein Preis, den Niemand
für die blosse Befriedigung seiner Neugier geben wollte. Die
Chinesen dagegen sind in religiösen Dingen das toleranteste Volk
der Welt; ihre Tempel stehen Jedem offen, und selbst ihre Bonzen
freuen sich über den Besuch der Europäer. Der Haupttempel in
Singapore ist sehr sorgfältig nach dem Muster der südchinesischen
gebaut und prächtig verziert. Nach der Strasse zu liegt in der
Häuserfront ein Hauptgebäude mit der Eingangsthür und zwei
Seitenpavillons; man tritt in eine offene Halle, -- denn die Rück-
wand dieses Gebäudes fehlt, und das Dach wird hier von Pfeilern
getragen. Gegenüber, an der hinteren Seite des Hofes, liegt ein
ähnliches, vorn offenes Gebäude, das eigentliche Heiligthum, wo
der Altar mit dem Götzenbilde steht. Dies ist die gewöhnliche
Einrichtung der kleineren südchinesischen Tempel. Häufig ist der
Hof auch an den Seiten überdacht, so dass zwischen den über-
kragenden Gesimsen nur ein kleiner Raum offen bleibt: dann scheint
der ganze Tempelraum eine einzige Halle zu bilden, und die Wir-
kung ist sehr anmuthig, denn das Licht verbreitet sich überall ohne
dass ein Fenster sichtbar wäre, und die bunten Farben des phan-
tastischen Schnörkelwerkes erscheinen gedämpft und angenehm har-
monisch. Nur in die Mitte tretend erblickt man über sich zwischen
den geschweiften Dächern hindurch ein Stückchen Himmel, -- es
ist durchaus der Gedanke des griechischen Hypaithron. -- Theils
im engen Hofraume, theils unter den vorspringenden Dächern stehen
grosse eherne Rauch- und Aschenbecken, Laternen, Pauken und
andere Utensilien des Götzendienstes, auf dem Altare Leuchter,
kleinere Räuchergefässe, künstliche Blumensträusse, bronzene Thier-
gestalten, Orakelbecher und Becken mit Sand, in welche die
Opfernden ihre Glimmkerzen stecken. Dieses ist ein Hauptact des
chinesischen Cultus, selbst der Aermste unterlässt es nicht, seinem
Götzen eine Rauchkerze anzuzünden. In China beschäftigt sich eine
grosse Zahl von Menschen mit der Fabrication und dem Handel

1) Ein ansehnlicher Theil der Bevölkerung von Singapore bekennt sich zum Islam,
so vor Allen die einheimischen Malaien, und die eingewanderten Araber aus Vorder-
Indien
, deren es eine gute Zahl unter den handeltreibenden Classen giebt.
Moscheen, Tempel der Hindu’s und Chinesen. I.

Wir versuchten vergebens in die Moscheen 1) und in die
Hindu-Tempel einzudringen. Die Priester der letzteren fordern, sei
es um die Fremden abzuschrecken, sei es, dass ihr Gewissen be-
stimmte Grenzen hat, exorbitante Summen für den Eintritt. Jeder
Einzelne sollte zehn Pfund Sterling zahlen, ein Preis, den Niemand
für die blosse Befriedigung seiner Neugier geben wollte. Die
Chinesen dagegen sind in religiösen Dingen das toleranteste Volk
der Welt; ihre Tempel stehen Jedem offen, und selbst ihre Bonzen
freuen sich über den Besuch der Europäer. Der Haupttempel in
Singapore ist sehr sorgfältig nach dem Muster der südchinesischen
gebaut und prächtig verziert. Nach der Strasse zu liegt in der
Häuserfront ein Hauptgebäude mit der Eingangsthür und zwei
Seitenpavillons; man tritt in eine offene Halle, — denn die Rück-
wand dieses Gebäudes fehlt, und das Dach wird hier von Pfeilern
getragen. Gegenüber, an der hinteren Seite des Hofes, liegt ein
ähnliches, vorn offenes Gebäude, das eigentliche Heiligthum, wo
der Altar mit dem Götzenbilde steht. Dies ist die gewöhnliche
Einrichtung der kleineren südchinesischen Tempel. Häufig ist der
Hof auch an den Seiten überdacht, so dass zwischen den über-
kragenden Gesimsen nur ein kleiner Raum offen bleibt: dann scheint
der ganze Tempelraum eine einzige Halle zu bilden, und die Wir-
kung ist sehr anmuthig, denn das Licht verbreitet sich überall ohne
dass ein Fenster sichtbar wäre, und die bunten Farben des phan-
tastischen Schnörkelwerkes erscheinen gedämpft und angenehm har-
monisch. Nur in die Mitte tretend erblickt man über sich zwischen
den geschweiften Dächern hindurch ein Stückchen Himmel, — es
ist durchaus der Gedanke des griechischen Hypaithron. — Theils
im engen Hofraume, theils unter den vorspringenden Dächern stehen
grosse eherne Rauch- und Aschenbecken, Laternen, Pauken und
andere Utensilien des Götzendienstes, auf dem Altare Leuchter,
kleinere Räuchergefässe, künstliche Blumensträusse, bronzene Thier-
gestalten, Orakelbecher und Becken mit Sand, in welche die
Opfernden ihre Glimmkerzen stecken. Dieses ist ein Hauptact des
chinesischen Cultus, selbst der Aermste unterlässt es nicht, seinem
Götzen eine Rauchkerze anzuzünden. In China beschäftigt sich eine
grosse Zahl von Menschen mit der Fabrication und dem Handel

1) Ein ansehnlicher Theil der Bevölkerung von Singapore bekennt sich zum Islam,
so vor Allen die einheimischen Malaien, und die eingewanderten Araber aus Vorder-
Indien
, deren es eine gute Zahl unter den handeltreibenden Classen giebt.
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[204/0234] Moscheen, Tempel der Hindu’s und Chinesen. I. Wir versuchten vergebens in die Moscheen 1) und in die Hindu-Tempel einzudringen. Die Priester der letzteren fordern, sei es um die Fremden abzuschrecken, sei es, dass ihr Gewissen be- stimmte Grenzen hat, exorbitante Summen für den Eintritt. Jeder Einzelne sollte zehn Pfund Sterling zahlen, ein Preis, den Niemand für die blosse Befriedigung seiner Neugier geben wollte. Die Chinesen dagegen sind in religiösen Dingen das toleranteste Volk der Welt; ihre Tempel stehen Jedem offen, und selbst ihre Bonzen freuen sich über den Besuch der Europäer. Der Haupttempel in Singapore ist sehr sorgfältig nach dem Muster der südchinesischen gebaut und prächtig verziert. Nach der Strasse zu liegt in der Häuserfront ein Hauptgebäude mit der Eingangsthür und zwei Seitenpavillons; man tritt in eine offene Halle, — denn die Rück- wand dieses Gebäudes fehlt, und das Dach wird hier von Pfeilern getragen. Gegenüber, an der hinteren Seite des Hofes, liegt ein ähnliches, vorn offenes Gebäude, das eigentliche Heiligthum, wo der Altar mit dem Götzenbilde steht. Dies ist die gewöhnliche Einrichtung der kleineren südchinesischen Tempel. Häufig ist der Hof auch an den Seiten überdacht, so dass zwischen den über- kragenden Gesimsen nur ein kleiner Raum offen bleibt: dann scheint der ganze Tempelraum eine einzige Halle zu bilden, und die Wir- kung ist sehr anmuthig, denn das Licht verbreitet sich überall ohne dass ein Fenster sichtbar wäre, und die bunten Farben des phan- tastischen Schnörkelwerkes erscheinen gedämpft und angenehm har- monisch. Nur in die Mitte tretend erblickt man über sich zwischen den geschweiften Dächern hindurch ein Stückchen Himmel, — es ist durchaus der Gedanke des griechischen Hypaithron. — Theils im engen Hofraume, theils unter den vorspringenden Dächern stehen grosse eherne Rauch- und Aschenbecken, Laternen, Pauken und andere Utensilien des Götzendienstes, auf dem Altare Leuchter, kleinere Räuchergefässe, künstliche Blumensträusse, bronzene Thier- gestalten, Orakelbecher und Becken mit Sand, in welche die Opfernden ihre Glimmkerzen stecken. Dieses ist ein Hauptact des chinesischen Cultus, selbst der Aermste unterlässt es nicht, seinem Götzen eine Rauchkerze anzuzünden. In China beschäftigt sich eine grosse Zahl von Menschen mit der Fabrication und dem Handel 1) Ein ansehnlicher Theil der Bevölkerung von Singapore bekennt sich zum Islam, so vor Allen die einheimischen Malaien, und die eingewanderten Araber aus Vorder- Indien, deren es eine gute Zahl unter den handeltreibenden Classen giebt.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/234>, abgerufen am 25.11.2024.