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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Behandlung schiffbrüchiger Japaner.
Altäre und Götzen auf die schmutzigste und ekelhafteste Weise, so
dass die Sicherheitsbehörde sie kaum vor der Volkswuth schützen
konnte. -- Wer die Virtuosität des Schiffsvolkes im Erfinden auf-
regender Mährchen kennt, wird wissen, was er von den Erzäh-
lungen der über ihre Einschliessung erbitterten Seeleute zu hal-
ten hat 172).

Es war vorgeschrieben, dass alle Schiffbrüchigen an die
Niederländer auf Desima behufs der Einschiffung nach Java ausge-
liefert werden sollten 173); die japanische Regierung bezahlte ihre
Ueberfahrt und die Verpflegung an Bord. Der Zweck dieser Ver-
ordnung war die Fernhaltung fremder Schiffe, wie denn auch das
alte Gesetz, dass japanische Schiffbrüchige nur durch die Holländer
in ihre Heimath zurückgeführt werden sollten, noch immer streng
beobachtet wurde. Eigentlich durften überhaupt nur solche nach
Japan zurückkehren, die nicht über ein Jahr im Auslande gelebt
hatten, und auch diese wurden eine Zeit lang in einem von ihrem
Wohnort entfernten Landestheile internirt und von den Behörden
beobachtet, ehe man sie den Ihrigen wiedergab. Von einer Voll-
ziehung der Todesstrafe an zurückgekehrten Schiffbrüchigen ist
unseres Wissens niemals etwas bekannt geworden, wohl aber sollen
manche, die lange im Auslande gewesen und mit den Sitten und
Gebräuchen fremder Völker vertraut geworden waren, ihr Leben in
der Einsamkeit, in gelindem Gefängnisse haben beschliessen müssen.
Auch nicht den Keim einer fremden Anschauung wollte man dulden.
Die japanische Regierung hatte bei Laxmann's Anwesenheit den
Grundsatz aufgestellt, dass ihre schiffbrüchigen Unterthanen dem
Reiche angehörten, an dessen Küsten sie ihr Leben gerettet hätten,
und sah lieber, wenn sie fern blieben; trotzdem wurden solche Un-
glückliche in der Folge noch wiederholt auf fremden Schiffen mit
Gewalt nach Japan geschleppt, um zum Vorwande der Verkehrs-

172) Ein Hauptgegenstand der Unzufriedenheit mag die Verpflegung gewesen sein.
Die Japaner sind in ihren Gewohnheiten sehr mässig, essen selten Fleisch und auch
dann nur Geflügel. Die üppigste japanische Mahlzeit würde den an kräftige Kost
gewöhnten europäischen Matrosen nicht sättigen. Zudem ist es verboten den Ge-
fangenen -- und als solche wurden die Schiffbrüchigen angesehen -- berauschende
Getränke zu reichen. Ein Matrose, der Wochen lang kein Fleisch und keinen
Branntwein erhalten hat, wird die Dinge eben nicht im rosigen Lichte sehen.
173) So gewissenhaft waren die Behörden in Auslieferung aller Schiffbrüchigen,
dass sie einst die Leiche eines auf dem Transport nach Nangasaki verunglückten
Matrosen eingesalzen in einer Tonne nach Desima ablieferten.

Behandlung schiffbrüchiger Japaner.
Altäre und Götzen auf die schmutzigste und ekelhafteste Weise, so
dass die Sicherheitsbehörde sie kaum vor der Volkswuth schützen
konnte. — Wer die Virtuosität des Schiffsvolkes im Erfinden auf-
regender Mährchen kennt, wird wissen, was er von den Erzäh-
lungen der über ihre Einschliessung erbitterten Seeleute zu hal-
ten hat 172).

Es war vorgeschrieben, dass alle Schiffbrüchigen an die
Niederländer auf Desima behufs der Einschiffung nach Java ausge-
liefert werden sollten 173); die japanische Regierung bezahlte ihre
Ueberfahrt und die Verpflegung an Bord. Der Zweck dieser Ver-
ordnung war die Fernhaltung fremder Schiffe, wie denn auch das
alte Gesetz, dass japanische Schiffbrüchige nur durch die Holländer
in ihre Heimath zurückgeführt werden sollten, noch immer streng
beobachtet wurde. Eigentlich durften überhaupt nur solche nach
Japan zurückkehren, die nicht über ein Jahr im Auslande gelebt
hatten, und auch diese wurden eine Zeit lang in einem von ihrem
Wohnort entfernten Landestheile internirt und von den Behörden
beobachtet, ehe man sie den Ihrigen wiedergab. Von einer Voll-
ziehung der Todesstrafe an zurückgekehrten Schiffbrüchigen ist
unseres Wissens niemals etwas bekannt geworden, wohl aber sollen
manche, die lange im Auslande gewesen und mit den Sitten und
Gebräuchen fremder Völker vertraut geworden waren, ihr Leben in
der Einsamkeit, in gelindem Gefängnisse haben beschliessen müssen.
Auch nicht den Keim einer fremden Anschauung wollte man dulden.
Die japanische Regierung hatte bei Laxmann’s Anwesenheit den
Grundsatz aufgestellt, dass ihre schiffbrüchigen Unterthanen dem
Reiche angehörten, an dessen Küsten sie ihr Leben gerettet hätten,
und sah lieber, wenn sie fern blieben; trotzdem wurden solche Un-
glückliche in der Folge noch wiederholt auf fremden Schiffen mit
Gewalt nach Japan geschleppt, um zum Vorwande der Verkehrs-

172) Ein Hauptgegenstand der Unzufriedenheit mag die Verpflegung gewesen sein.
Die Japaner sind in ihren Gewohnheiten sehr mässig, essen selten Fleisch und auch
dann nur Geflügel. Die üppigste japanische Mahlzeit würde den an kräftige Kost
gewöhnten europäischen Matrosen nicht sättigen. Zudem ist es verboten den Ge-
fangenen — und als solche wurden die Schiffbrüchigen angesehen — berauschende
Getränke zu reichen. Ein Matrose, der Wochen lang kein Fleisch und keinen
Branntwein erhalten hat, wird die Dinge eben nicht im rosigen Lichte sehen.
173) So gewissenhaft waren die Behörden in Auslieferung aller Schiffbrüchigen,
dass sie einst die Leiche eines auf dem Transport nach Naṅgasaki verunglückten
Matrosen eingesalzen in einer Tonne nach Desima ablieferten.
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[170/0200] Behandlung schiffbrüchiger Japaner. Altäre und Götzen auf die schmutzigste und ekelhafteste Weise, so dass die Sicherheitsbehörde sie kaum vor der Volkswuth schützen konnte. — Wer die Virtuosität des Schiffsvolkes im Erfinden auf- regender Mährchen kennt, wird wissen, was er von den Erzäh- lungen der über ihre Einschliessung erbitterten Seeleute zu hal- ten hat 172). Es war vorgeschrieben, dass alle Schiffbrüchigen an die Niederländer auf Desima behufs der Einschiffung nach Java ausge- liefert werden sollten 173); die japanische Regierung bezahlte ihre Ueberfahrt und die Verpflegung an Bord. Der Zweck dieser Ver- ordnung war die Fernhaltung fremder Schiffe, wie denn auch das alte Gesetz, dass japanische Schiffbrüchige nur durch die Holländer in ihre Heimath zurückgeführt werden sollten, noch immer streng beobachtet wurde. Eigentlich durften überhaupt nur solche nach Japan zurückkehren, die nicht über ein Jahr im Auslande gelebt hatten, und auch diese wurden eine Zeit lang in einem von ihrem Wohnort entfernten Landestheile internirt und von den Behörden beobachtet, ehe man sie den Ihrigen wiedergab. Von einer Voll- ziehung der Todesstrafe an zurückgekehrten Schiffbrüchigen ist unseres Wissens niemals etwas bekannt geworden, wohl aber sollen manche, die lange im Auslande gewesen und mit den Sitten und Gebräuchen fremder Völker vertraut geworden waren, ihr Leben in der Einsamkeit, in gelindem Gefängnisse haben beschliessen müssen. Auch nicht den Keim einer fremden Anschauung wollte man dulden. Die japanische Regierung hatte bei Laxmann’s Anwesenheit den Grundsatz aufgestellt, dass ihre schiffbrüchigen Unterthanen dem Reiche angehörten, an dessen Küsten sie ihr Leben gerettet hätten, und sah lieber, wenn sie fern blieben; trotzdem wurden solche Un- glückliche in der Folge noch wiederholt auf fremden Schiffen mit Gewalt nach Japan geschleppt, um zum Vorwande der Verkehrs- 172) Ein Hauptgegenstand der Unzufriedenheit mag die Verpflegung gewesen sein. Die Japaner sind in ihren Gewohnheiten sehr mässig, essen selten Fleisch und auch dann nur Geflügel. Die üppigste japanische Mahlzeit würde den an kräftige Kost gewöhnten europäischen Matrosen nicht sättigen. Zudem ist es verboten den Ge- fangenen — und als solche wurden die Schiffbrüchigen angesehen — berauschende Getränke zu reichen. Ein Matrose, der Wochen lang kein Fleisch und keinen Branntwein erhalten hat, wird die Dinge eben nicht im rosigen Lichte sehen. 173) So gewissenhaft waren die Behörden in Auslieferung aller Schiffbrüchigen, dass sie einst die Leiche eines auf dem Transport nach Naṅgasaki verunglückten Matrosen eingesalzen in einer Tonne nach Desima ablieferten.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/200>, abgerufen am 23.11.2024.