[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Vortheile der Chinesen. -- Die Holländer in Desima. immer auf Desima eingeschlossen waren und nicht das kleinsteGeschäft ohne Zuziehung der Geldkammerbeamten abschliessen durften. Fragte man nach dem Grunde dieser Bevorzugung der Chinesen, so hiess es sie seien nur geringe, unbedeutende Leute, die Holländer dagegen vornehme und wichtige. Das japanisch- chinesische Dolmetscher-Collegium, welches den Handel vermittelte, stand auch in viel geringerem Ansehn als das japanisch-holländische, war aber viel wohlhabender; wie denn die Chinesen auch weit bessere Geschäfte machten als die Niederländer, welche in chine- sischen und indischen und in neuerer Zeit sogar in europäischen Artikeln oft kaum mit ihnen concurriren konnten. Die chinesischen Dschunken liefen fortwährend, vorgeblich wegen schlechten Wetters, die Küsten der Gotto-Inseln und der Landschaft Satsuma an, wo die Regierung am wenigsten Controlle üben konnte, und verkauften dort einen grossen Theil ihrer Ladung steuerfrei, während sie in Nangasaki hohe Abgaben zahlen mussten. Dieser Handel war natürlich unerlaubt. Der Schleichhandel wurde übrigens auch in Nangasaki von den Chinesen, des sehr erheblichen Gewinnes halber, lebhaft betrieben und kostete fortwährend vielen Japanern das Leben142). -- Mit dem Steigen der Productionskraft des Landes sank der chine- sische Handel wie der holländische immer mehr; in neuerer Zeit kamen nur noch 10 bis 12 Dschunken jährlich nach Nangasaki. Die Niederländer wurden, wie schon erzählt, im Jahre 1641 142) So wurden in den Jahren 1690 und 1691 gegen vierzig Japaner in Nangasaki hingerichtet, die Waaren von den chinesischen Dschunken einzuschmuggeln versuchten. 143) De-sima heisst Vorliegende Insel.
Vortheile der Chinesen. — Die Holländer in Desima. immer auf Desima eingeschlossen waren und nicht das kleinsteGeschäft ohne Zuziehung der Geldkammerbeamten abschliessen durften. Fragte man nach dem Grunde dieser Bevorzugung der Chinesen, so hiess es sie seien nur geringe, unbedeutende Leute, die Holländer dagegen vornehme und wichtige. Das japanisch- chinesische Dolmetscher-Collegium, welches den Handel vermittelte, stand auch in viel geringerem Ansehn als das japanisch-holländische, war aber viel wohlhabender; wie denn die Chinesen auch weit bessere Geschäfte machten als die Niederländer, welche in chine- sischen und indischen und in neuerer Zeit sogar in europäischen Artikeln oft kaum mit ihnen concurriren konnten. Die chinesischen Dschunken liefen fortwährend, vorgeblich wegen schlechten Wetters, die Küsten der Gotto-Inseln und der Landschaft Satsuma an, wo die Regierung am wenigsten Controlle üben konnte, und verkauften dort einen grossen Theil ihrer Ladung steuerfrei, während sie in Naṅgasaki hohe Abgaben zahlen mussten. Dieser Handel war natürlich unerlaubt. Der Schleichhandel wurde übrigens auch in Naṅgasaki von den Chinesen, des sehr erheblichen Gewinnes halber, lebhaft betrieben und kostete fortwährend vielen Japanern das Leben142). — Mit dem Steigen der Productionskraft des Landes sank der chine- sische Handel wie der holländische immer mehr; in neuerer Zeit kamen nur noch 10 bis 12 Dschunken jährlich nach Naṅgasaki. Die Niederländer wurden, wie schon erzählt, im Jahre 1641 142) So wurden in den Jahren 1690 und 1691 gegen vierzig Japaner in Naṅgasaki hingerichtet, die Waaren von den chinesischen Dschunken einzuschmuggeln versuchten. 143) De-sima heisst Vorliegende Insel.
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Vortheile der Chinesen. — Die Holländer in Desima.
immer auf Desima eingeschlossen waren und nicht das kleinste
Geschäft ohne Zuziehung der Geldkammerbeamten abschliessen
durften. Fragte man nach dem Grunde dieser Bevorzugung der
Chinesen, so hiess es sie seien nur geringe, unbedeutende Leute,
die Holländer dagegen vornehme und wichtige. Das japanisch-
chinesische Dolmetscher-Collegium, welches den Handel vermittelte,
stand auch in viel geringerem Ansehn als das japanisch-holländische,
war aber viel wohlhabender; wie denn die Chinesen auch weit
bessere Geschäfte machten als die Niederländer, welche in chine-
sischen und indischen und in neuerer Zeit sogar in europäischen
Artikeln oft kaum mit ihnen concurriren konnten. Die chinesischen
Dschunken liefen fortwährend, vorgeblich wegen schlechten Wetters,
die Küsten der Gotto-Inseln und der Landschaft Satsuma an, wo
die Regierung am wenigsten Controlle üben konnte, und verkauften
dort einen grossen Theil ihrer Ladung steuerfrei, während sie in
Naṅgasaki hohe Abgaben zahlen mussten. Dieser Handel war natürlich
unerlaubt. Der Schleichhandel wurde übrigens auch in Naṅgasaki
von den Chinesen, des sehr erheblichen Gewinnes halber, lebhaft
betrieben und kostete fortwährend vielen Japanern das Leben 142). —
Mit dem Steigen der Productionskraft des Landes sank der chine-
sische Handel wie der holländische immer mehr; in neuerer Zeit
kamen nur noch 10 bis 12 Dschunken jährlich nach Naṅgasaki.
Die Niederländer wurden, wie schon erzählt, im Jahre 1641
auf Desima eingeschlossen. Dieses Inselchen war einige Jahre vor-
her auf Befehl des Siogun im seichten Wasser vor Naṅgasaki dicht
am Ufer aufgeschüttet worden 143), um als Gefängniss der bei Ver-
treibung der übrigen Fremden zurückgehaltenen portugiesischen
Kaufleute zu dienen. Seine Länge beträgt 516, seine Breite durch-
schnittlich 220 Fuss. Ein seichter schlammiger, etwa 25 Schritt
breiter Graben, über welchen ein steinerner Brückenbogen führt,
trennt es von der Stadt. Zur Zeit der Absperrung war die Insel
mit Palisaden, Bollwerken und Mauern umgeben; ein Land- und ein
Wasserthor, welche immer geschlossen oder bewacht waren, dienten
zum Verkehr mit der Stadt und den Schiffen. Die Niederländer
142) So wurden in den Jahren 1690 und 1691 gegen vierzig Japaner in Naṅgasaki
hingerichtet, die Waaren von den chinesischen Dschunken einzuschmuggeln versuchten.
143) De-sima heisst Vorliegende Insel.
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