Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Besetzung der Kurilen. Handel mit China.
mit den Eingeborenen behufs Anlage von Fischereien an ihren Küsten.
Später, als sich die Herrschaft der Russen auf den nördlichen Kurilen
geltend machte, nahmen die Japaner die südlichen förmlich in Besitz
und bauten zahlreiche Festungen daselbst. Die Bevölkerung, ein
den Aino's von Yeso nahe verwandter Stamm, fügte sich nach
schwachem Widerstande. Das Regiment der Japaner über Yeso
und die Kurilen schildert Golownin als ein sehr gelindes; ein aus-
drückliches Gesetz verbietet, von den Eingeborenen Arbeit ohne
Bezahlung zu verlangen. Die Japaner versehen sie mit baumwollenen
Kleidungsstücken und Reis und exportiren vorzüglich Fische. Die
Steuern werden von den Eingeborenen in Adlerfedern, -- welche
die Japaner zu ihren Pfeilen brauchen, -- in Pelzwerk und anderen
Naturerzeugnissen entrichtet. Durch die neuesten Verträge sind die
Inseln Urup, das früher die Japaner für sich in Anspruch nahmen,
und Krafto, wo sie zahlreiche Niederlassungen hatten, an Russ-
land
abgetreten worden.

Japans Handel mit China ist sehr alt, schon unter dem Jahre
885 begegnet man einem Verbote chinesischer Waaren durch den
Statthalter von Tsukusi. Die Mongolenherrschaft unterbrach gänz-
lich den Verkehr, welcher erst gegen Ende des vierzehnten Jahr-
hunderts wieder angeknüpft wurde. Unter der Ming-Dynastie waren
den Chinesen alle Reisen nach dem Auslande streng verboten;
chinesische Dschunken fuhren trotzdem heimlich in grosser Anzahl
nach Japan, japanische wurden in den chinesischen Häfen nur mit
Pässen zugelassen. Nach dem koreanischen Kriege kam 1607 eine
Gesandtschaft von China, welche das freundschaftliche Verhältniss
zwischen den beiden Ländern wieder herstellte; der Handel scheint
seitdem von den beiderseitigen Regierungen stillschweigend geduldet
worden zu sein, denn formell waren die Chinesen in dem gegen die
Fremden verhängten Verbannungsedict mitbegriffen. Um 1640 fielen
sie in den Verdacht, christliche Priester und religiöse Bücher in
Japan eingeschmuggelt zu haben, und es war die Rede davon, sie
allen Ernstes aus dem Reiche zu verbannen. Ihr Verkehr blieb
seitdem, gleich dem der Holländer, auf Nangasaki beschränkt, wurde
aber sehr lebhaft, seitdem 1643 die Mandschu-Herrscher das Verbot
des Handels nach dem Auslande aufgehoben hatten. Sie kamen

Yeso und den Kurilen giebt Golownin in seinem Buche "Begebenheiten in der
Gefangenschaft bei den Japanern" (deutsch von E. Schultz, Leipzig 1817) anschauliche
Schilderungen.

Besetzung der Kurilen. Handel mit China.
mit den Eingeborenen behufs Anlage von Fischereien an ihren Küsten.
Später, als sich die Herrschaft der Russen auf den nördlichen Kurilen
geltend machte, nahmen die Japaner die südlichen förmlich in Besitz
und bauten zahlreiche Festungen daselbst. Die Bevölkerung, ein
den Aïno’s von Yeso nahe verwandter Stamm, fügte sich nach
schwachem Widerstande. Das Regiment der Japaner über Yeso
und die Kurilen schildert Golownin als ein sehr gelindes; ein aus-
drückliches Gesetz verbietet, von den Eingeborenen Arbeit ohne
Bezahlung zu verlangen. Die Japaner versehen sie mit baumwollenen
Kleidungsstücken und Reis und exportiren vorzüglich Fische. Die
Steuern werden von den Eingeborenen in Adlerfedern, — welche
die Japaner zu ihren Pfeilen brauchen, — in Pelzwerk und anderen
Naturerzeugnissen entrichtet. Durch die neuesten Verträge sind die
Inseln Urup, das früher die Japaner für sich in Anspruch nahmen,
und Krafto, wo sie zahlreiche Niederlassungen hatten, an Russ-
land
abgetreten worden.

Japans Handel mit China ist sehr alt, schon unter dem Jahre
885 begegnet man einem Verbote chinesischer Waaren durch den
Statthalter von Tsukusi. Die Mongolenherrschaft unterbrach gänz-
lich den Verkehr, welcher erst gegen Ende des vierzehnten Jahr-
hunderts wieder angeknüpft wurde. Unter der Ming-Dynastie waren
den Chinesen alle Reisen nach dem Auslande streng verboten;
chinesische Dschunken fuhren trotzdem heimlich in grosser Anzahl
nach Japan, japanische wurden in den chinesischen Häfen nur mit
Pässen zugelassen. Nach dem koreanischen Kriege kam 1607 eine
Gesandtschaft von China, welche das freundschaftliche Verhältniss
zwischen den beiden Ländern wieder herstellte; der Handel scheint
seitdem von den beiderseitigen Regierungen stillschweigend geduldet
worden zu sein, denn formell waren die Chinesen in dem gegen die
Fremden verhängten Verbannungsedict mitbegriffen. Um 1640 fielen
sie in den Verdacht, christliche Priester und religiöse Bücher in
Japan eingeschmuggelt zu haben, und es war die Rede davon, sie
allen Ernstes aus dem Reiche zu verbannen. Ihr Verkehr blieb
seitdem, gleich dem der Holländer, auf Naṅgasaki beschränkt, wurde
aber sehr lebhaft, seitdem 1643 die Mandschu-Herrscher das Verbot
des Handels nach dem Auslande aufgehoben hatten. Sie kamen

Yeso und den Kurilen giebt Golownin in seinem Buche »Begebenheiten in der
Gefangenschaft bei den Japanern« (deutsch von E. Schultz, Leipzig 1817) anschauliche
Schilderungen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0166" n="136"/><fw place="top" type="header">Besetzung der <hi rendition="#k"><placeName>Kurilen</placeName></hi>. Handel mit <placeName>China</placeName>.</fw><lb/>
mit den Eingeborenen behufs Anlage von Fischereien an ihren Küsten.<lb/>
Später, als sich die Herrschaft der Russen auf den nördlichen <hi rendition="#k"><placeName>Kurilen</placeName></hi><lb/>
geltend machte, nahmen die Japaner die südlichen förmlich in Besitz<lb/>
und bauten zahlreiche Festungen daselbst. Die Bevölkerung, ein<lb/>
den <hi rendition="#k">Aïno</hi>&#x2019;s von <hi rendition="#k"><placeName>Yeso</placeName></hi> nahe verwandter Stamm, fügte sich nach<lb/>
schwachem Widerstande. Das Regiment der Japaner über <hi rendition="#k"><placeName>Yeso</placeName></hi><lb/>
und die <hi rendition="#k"><placeName>Kurilen</placeName></hi> schildert <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119529750">Golownin</persName> als ein sehr gelindes; ein aus-<lb/>
drückliches Gesetz verbietet, von den Eingeborenen Arbeit ohne<lb/>
Bezahlung zu verlangen. Die Japaner versehen sie mit baumwollenen<lb/>
Kleidungsstücken und Reis und exportiren vorzüglich Fische. Die<lb/>
Steuern werden von den Eingeborenen in Adlerfedern, &#x2014; welche<lb/>
die Japaner zu ihren Pfeilen brauchen, &#x2014; in Pelzwerk und anderen<lb/>
Naturerzeugnissen entrichtet. Durch die neuesten Verträge sind die<lb/>
Inseln <hi rendition="#k"><placeName>Urup</placeName></hi>, das früher die Japaner für sich in Anspruch nahmen,<lb/>
und <hi rendition="#k"><placeName>Krafto</placeName></hi>, wo sie zahlreiche Niederlassungen hatten, an <placeName>Russ-<lb/>
land</placeName> abgetreten worden.</p><lb/>
          <p><placeName>Japans</placeName> Handel mit <placeName>China</placeName> ist sehr alt, schon unter dem Jahre<lb/>
885 begegnet man einem Verbote chinesischer Waaren durch den<lb/>
Statthalter von <hi rendition="#k"><placeName>Tsukusi</placeName></hi>. Die Mongolenherrschaft unterbrach gänz-<lb/>
lich den Verkehr, welcher erst gegen Ende des vierzehnten Jahr-<lb/>
hunderts wieder angeknüpft wurde. Unter der Ming-Dynastie waren<lb/>
den Chinesen alle Reisen nach dem Auslande streng verboten;<lb/>
chinesische Dschunken fuhren trotzdem heimlich in grosser Anzahl<lb/>
nach <placeName>Japan</placeName>, japanische wurden in den chinesischen Häfen nur mit<lb/>
Pässen zugelassen. Nach dem koreanischen Kriege kam 1607 eine<lb/>
Gesandtschaft von <placeName>China</placeName>, welche das freundschaftliche Verhältniss<lb/>
zwischen den beiden Ländern wieder herstellte; der Handel scheint<lb/>
seitdem von den beiderseitigen Regierungen stillschweigend geduldet<lb/>
worden zu sein, denn formell waren die Chinesen in dem gegen die<lb/>
Fremden verhängten Verbannungsedict mitbegriffen. Um 1640 fielen<lb/>
sie in den Verdacht, christliche Priester und religiöse Bücher in<lb/><placeName>Japan</placeName> eingeschmuggelt zu haben, und es war die Rede davon, sie<lb/>
allen Ernstes aus dem Reiche zu verbannen. Ihr Verkehr blieb<lb/>
seitdem, gleich dem der Holländer, auf <hi rendition="#k"><placeName>Nan&#x0307;gasaki</placeName></hi> beschränkt, wurde<lb/>
aber sehr lebhaft, seitdem 1643 die Mandschu-Herrscher das Verbot<lb/>
des Handels nach dem Auslande aufgehoben hatten. Sie kamen<lb/><note xml:id="note-0166" prev="#note-0165" place="foot" n="138)"><hi rendition="#k"><placeName>Yeso</placeName></hi> und den <hi rendition="#k"><placeName>Kurilen</placeName></hi> giebt <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119529750">Golownin</persName> in seinem Buche »Begebenheiten in der<lb/>
Gefangenschaft bei den Japanern« (deutsch von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/122712412">E. Schultz</persName>, <placeName>Leipzig</placeName> 1817) anschauliche<lb/>
Schilderungen.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0166] Besetzung der Kurilen. Handel mit China. mit den Eingeborenen behufs Anlage von Fischereien an ihren Küsten. Später, als sich die Herrschaft der Russen auf den nördlichen Kurilen geltend machte, nahmen die Japaner die südlichen förmlich in Besitz und bauten zahlreiche Festungen daselbst. Die Bevölkerung, ein den Aïno’s von Yeso nahe verwandter Stamm, fügte sich nach schwachem Widerstande. Das Regiment der Japaner über Yeso und die Kurilen schildert Golownin als ein sehr gelindes; ein aus- drückliches Gesetz verbietet, von den Eingeborenen Arbeit ohne Bezahlung zu verlangen. Die Japaner versehen sie mit baumwollenen Kleidungsstücken und Reis und exportiren vorzüglich Fische. Die Steuern werden von den Eingeborenen in Adlerfedern, — welche die Japaner zu ihren Pfeilen brauchen, — in Pelzwerk und anderen Naturerzeugnissen entrichtet. Durch die neuesten Verträge sind die Inseln Urup, das früher die Japaner für sich in Anspruch nahmen, und Krafto, wo sie zahlreiche Niederlassungen hatten, an Russ- land abgetreten worden. Japans Handel mit China ist sehr alt, schon unter dem Jahre 885 begegnet man einem Verbote chinesischer Waaren durch den Statthalter von Tsukusi. Die Mongolenherrschaft unterbrach gänz- lich den Verkehr, welcher erst gegen Ende des vierzehnten Jahr- hunderts wieder angeknüpft wurde. Unter der Ming-Dynastie waren den Chinesen alle Reisen nach dem Auslande streng verboten; chinesische Dschunken fuhren trotzdem heimlich in grosser Anzahl nach Japan, japanische wurden in den chinesischen Häfen nur mit Pässen zugelassen. Nach dem koreanischen Kriege kam 1607 eine Gesandtschaft von China, welche das freundschaftliche Verhältniss zwischen den beiden Ländern wieder herstellte; der Handel scheint seitdem von den beiderseitigen Regierungen stillschweigend geduldet worden zu sein, denn formell waren die Chinesen in dem gegen die Fremden verhängten Verbannungsedict mitbegriffen. Um 1640 fielen sie in den Verdacht, christliche Priester und religiöse Bücher in Japan eingeschmuggelt zu haben, und es war die Rede davon, sie allen Ernstes aus dem Reiche zu verbannen. Ihr Verkehr blieb seitdem, gleich dem der Holländer, auf Naṅgasaki beschränkt, wurde aber sehr lebhaft, seitdem 1643 die Mandschu-Herrscher das Verbot des Handels nach dem Auslande aufgehoben hatten. Sie kamen 138) 138) Yeso und den Kurilen giebt Golownin in seinem Buche »Begebenheiten in der Gefangenschaft bei den Japanern« (deutsch von E. Schultz, Leipzig 1817) anschauliche Schilderungen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/166
Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/166>, abgerufen am 23.11.2024.