Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.Von der H. Schrift. Herzens-Augen aber verdrehet werden. Wasnoch ärger, die Demonstration in der Schrift wird verringert. Darum haben die alten Apostel, heisset es im Discours, und der Heiland selbst unter zehen Argumenten nicht zwey gebraucht, die nach den aller- bekanntesten Regeln der Logic soutenable ge- wesen wären, sondern allen falls nur rhe- torisch, oder ad hominem demonstrirt; und so bald sie sich ins Beweisen eingelassen, so haben sie ein fremd Werk gethan, aus Condescendenz. p. 176. Dieses Vorgeben, wann es aufkäme, müsste höchstschädliche und pestilentialische Folgen haben. Grund-Wahr- heiten bedürfen gar keiner Demonstration, und mit allen Worten der Apostel und des Heilandes selbs hat es bey den Glaubigen eben diese Bewandtniß: aber alle Demonstration in der Schrift, zum Exempel, gegen die Wi- derwärtigen, ist bündig; und aus der Schrift soll sie nicht pro forma, sondern bündig seyn, obschon eines Lehrers halben etwas menschli- ches und schwaches mit unterlauffen kan. Un- ter dem allen behält die Beweisung des Gei- stes und der Kraft ihren freyen Gang. Wann man aber solche Lehren, die erst einer Demon- stration aus der Schrift bedürfen, ohne De- monstration als inspirirt annimmt und aus- gibt, so ists ein Fanaticismus. Dem Gemein- stifter ist die Dauer seiner Gemeine gewisser, als der heiligen Schrift. Denn im III Th. der Büd. Samml. p. 191 sagt er: Der Grund ist C 3
Von der H. Schrift. Herzens-Augen aber verdrehet werden. Wasnoch aͤrger, die Demonſtration in der Schrift wird verringert. Darum haben die alten Apoſtel, heiſſet es im Diſcours, und der Heiland ſelbſt unter zehen Argumenten nicht zwey gebraucht, die nach den aller- bekannteſten Regeln der Logic ſoutenable ge- weſen waͤren, ſondern allen falls nur rhe- toriſch, oder ad hominem demonſtrirt; und ſo bald ſie ſich ins Beweiſen eingelaſſen, ſo haben ſie ein fremd Werk gethan, aus Condeſcendenz. p. 176. Dieſes Vorgeben, wann es aufkaͤme, muͤſſte hoͤchſtſchaͤdliche und peſtilentialiſche Folgen haben. Grund-Wahr- heiten beduͤrfen gar keiner Demonſtration, und mit allen Worten der Apoſtel und des Heilandes ſelbs hat es bey den Glaubigen eben dieſe Bewandtniß: aber alle Demonſtration in der Schrift, zum Exempel, gegen die Wi- derwaͤrtigen, iſt buͤndig; und aus der Schrift ſoll ſie nicht pro forma, ſondern buͤndig ſeyn, obſchon eines Lehrers halben etwas menſchli- ches und ſchwaches mit unterlauffen kan. Un- ter dem allen behaͤlt die Beweiſung des Gei- ſtes und der Kraft ihren freyen Gang. Wann man aber ſolche Lehren, die erſt einer Demon- ſtration aus der Schrift beduͤrfen, ohne De- monſtration als inſpirirt annimmt und aus- gibt, ſo iſts ein Fanaticiſmus. Dem Gemein- ſtifter iſt die Dauer ſeiner Gemeine gewiſſer, als der heiligen Schrift. Denn im III Th. der Buͤd. Samml. p. 191 ſagt er: Der Grund iſt C 3
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Von der H. Schrift.
Herzens-Augen aber verdrehet werden. Was
noch aͤrger, die Demonſtration in der Schrift
wird verringert. Darum haben die alten
Apoſtel, heiſſet es im Diſcours, und der
Heiland ſelbſt unter zehen Argumenten
nicht zwey gebraucht, die nach den aller-
bekannteſten Regeln der Logic ſoutenable ge-
weſen waͤren, ſondern allen falls nur rhe-
toriſch, oder ad hominem demonſtrirt; und
ſo bald ſie ſich ins Beweiſen eingelaſſen,
ſo haben ſie ein fremd Werk gethan, aus
Condeſcendenz. p. 176. Dieſes Vorgeben,
wann es aufkaͤme, muͤſſte hoͤchſtſchaͤdliche und
peſtilentialiſche Folgen haben. Grund-Wahr-
heiten beduͤrfen gar keiner Demonſtration,
und mit allen Worten der Apoſtel und des
Heilandes ſelbs hat es bey den Glaubigen eben
dieſe Bewandtniß: aber alle Demonſtration
in der Schrift, zum Exempel, gegen die Wi-
derwaͤrtigen, iſt buͤndig; und aus der Schrift
ſoll ſie nicht pro forma, ſondern buͤndig ſeyn,
obſchon eines Lehrers halben etwas menſchli-
ches und ſchwaches mit unterlauffen kan. Un-
ter dem allen behaͤlt die Beweiſung des Gei-
ſtes und der Kraft ihren freyen Gang. Wann
man aber ſolche Lehren, die erſt einer Demon-
ſtration aus der Schrift beduͤrfen, ohne De-
monſtration als inſpirirt annimmt und aus-
gibt, ſo iſts ein Fanaticiſmus. Dem Gemein-
ſtifter iſt die Dauer ſeiner Gemeine gewiſſer,
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der Buͤd. Samml. p. 191 ſagt er: Der Grund
iſt
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