Bey dem Geschmack von der Schrift, den ich von Kind auf aus der Schrift erlanget ha- be, befinde ich, daß die Wahrheit der Schrift, und das neumährische Es ist mir so, mitein- ander streiten, wie Feuer und Wasser: und achte mich insonderheit verpflichtet, meine Sympathie mit der heiligen Schrift, und mei- ne Antipathie gegen das taube Es ist mir so, auf das kräftigste zu bezeugen.
§ 32.
Der Ordinarius hatte eine empfindliche Rührung vom Leiden des HErrn JEsu Chri- sti, die ihm theils mit allen von der Gnade ergriffenen Seelen gemein, theils auf eine be- sondere Weise eigen war. Zu dem heilsamen Gebrauch dieses theuren Puncten schlug ein schädlicher Misbrauch. Er nahm den Ein- druck vom gecreuzigten Erlöser für die ganze Herzens-Sache an, daraus ein jeder den Glauben, die Liebe, die Hoffnung, allen Un- terscheid des guten und des bösen, die Erörte- rung aller auf dem Heils-Wege vorfallenden Fragen zu holen hätte, ohne daß ihm ein wei- terer Unterricht aus der Schrift nöthig wäre. Diese compendiose Methode war zu der hurti- gen Seelen-Sammlung viel bequemer, als das Forschen der Schrift. Bey dem Blut-
Gefühl
TheilI.Cap.I.Satz 7.
Herz herum, nicht in das Herz und durch das Herz.
§ 31.
Bey dem Geſchmack von der Schrift, den ich von Kind auf aus der Schrift erlanget ha- be, befinde ich, daß die Wahrheit der Schrift, und das neumaͤhriſche Es iſt mir ſo, mitein- ander ſtreiten, wie Feuer und Waſſer: und achte mich inſonderheit verpflichtet, meine Sympathie mit der heiligen Schrift, und mei- ne Antipathie gegen das taube Es iſt mir ſo, auf das kraͤftigſte zu bezeugen.
§ 32.
Der Ordinarius hatte eine empfindliche Ruͤhrung vom Leiden des HErrn JEſu Chri- ſti, die ihm theils mit allen von der Gnade ergriffenen Seelen gemein, theils auf eine be- ſondere Weiſe eigen war. Zu dem heilſamen Gebrauch dieſes theuren Puncten ſchlug ein ſchaͤdlicher Misbrauch. Er nahm den Ein- druck vom gecreuzigten Erloͤſer fuͤr die ganze Herzens-Sache an, daraus ein jeder den Glauben, die Liebe, die Hoffnung, allen Un- terſcheid des guten und des boͤſen, die Eroͤrte- rung aller auf dem Heils-Wege vorfallenden Fragen zu holen haͤtte, ohne daß ihm ein wei- terer Unterricht aus der Schrift noͤthig waͤre. Dieſe compendioſe Methode war zu der hurti- gen Seelen-Sammlung viel bequemer, als das Forſchen der Schrift. Bey dem Blut-
Gefuͤhl
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Theil I. Cap. I. Satz 7.
Herz herum, nicht in das Herz und durch das
Herz.
§ 31.
Bey dem Geſchmack von der Schrift, den
ich von Kind auf aus der Schrift erlanget ha-
be, befinde ich, daß die Wahrheit der Schrift,
und das neumaͤhriſche Es iſt mir ſo, mitein-
ander ſtreiten, wie Feuer und Waſſer: und
achte mich inſonderheit verpflichtet, meine
Sympathie mit der heiligen Schrift, und mei-
ne Antipathie gegen das taube Es iſt mir ſo,
auf das kraͤftigſte zu bezeugen.
§ 32.
Der Ordinarius hatte eine empfindliche
Ruͤhrung vom Leiden des HErrn JEſu Chri-
ſti, die ihm theils mit allen von der Gnade
ergriffenen Seelen gemein, theils auf eine be-
ſondere Weiſe eigen war. Zu dem heilſamen
Gebrauch dieſes theuren Puncten ſchlug ein
ſchaͤdlicher Misbrauch. Er nahm den Ein-
druck vom gecreuzigten Erloͤſer fuͤr die ganze
Herzens-Sache an, daraus ein jeder den
Glauben, die Liebe, die Hoffnung, allen Un-
terſcheid des guten und des boͤſen, die Eroͤrte-
rung aller auf dem Heils-Wege vorfallenden
Fragen zu holen haͤtte, ohne daß ihm ein wei-
terer Unterricht aus der Schrift noͤthig waͤre.
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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/50>, abgerufen am 16.07.2024.
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