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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

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Mar. Predig.
tige Art ansieht, wie die Welt dergleichen tractirt,"
so muß man einen reverenz vor der Welt machen,
man muß sich bükken, und respect vor der Welt ha-
ben. Denn bey alle den sotisen, bey alle den Thor-
heiten, die von so genannten Augspurgischen Con-
fession
s-Verwandten in alle Welt geschrieben und
gedruckt wurden, von der Zerstörung der Welt,
von der Aufhebung ihres Regiments, von der Ver-
tilgung der Gottlosen, von der Zeit, die kommen
wird, da die Kinder Gottes werden alles in allem
seyn; und da die Leute ihre Namen davor schrieben,
und da der Buchdrukker seinen Namen davor drukte,
da man nicht mehr bey dem Stuhl zu Rom blieb,
sondern auch andere Herren und Obere, wo nicht
alle, unter dem Antichrist mit begriff: so war nichts
mehr zu bewundern, als die Geduld derjenigen,
die durch dergleichen Weissagungen injuriirt worden.

Nun ist wohl eines theils wahr, daß diese Ge-
duld von der Verachtung und Geringschätzung her-
kömt, weil man die Dinge nicht gläubt: unterdessen
haben doch alle die Knechte GOttes, die sich in die-
ses Feld gewagt haben, manche unnöthige Ver-
folgungs-Gelegenheit gemacht, und haben das Ubel
mit veranlasset, daß die Zusammenkünfte der Kinder
GOttes verdächtig gemacht worden sind. Man
hat die Griechische Barbarey nicht eingeführt, die
Leute zu torquiren und zu quälen, daß sie die ver-
meinten Geheimnisse, oder ihre Conspiration gegen
die Welt, die sie in ihren Versamlungen haben,
entdekken solten; das hat man infra dignitarem ge-
schätzt: aber man hat gesucht, das Ding mit seiner
Wurzel heraus zu reissen; man hat die Versamm-
lungen den guten Leuten fast durchgehends verboten.
Das ist daraus entstanden, das ist die Frucht der
Prophezeyungen. Und wer gedenkt, daß die Ver-
sammlungen der Pfarrer halben verboten werden,
aus Liebe zur Geistlichkeit, der muß nicht wissen,
wies in der Welt aussieht. Die Pfarrer werden
gewiß den faveur nicht finden, sie werden das nicht
ausrichten mit allem ihrem Geschrey; sondern das"

" viele
Q 5

Mar. Predig.
tige Art anſieht, wie die Welt dergleichen tractirt,”
ſo muß man einen reverenz vor der Welt machen,
man muß ſich buͤkken, und reſpect vor der Welt ha-
ben. Denn bey alle den ſotiſen, bey alle den Thor-
heiten, die von ſo genannten Augſpurgiſchen Con-
feſſion
s-Verwandten in alle Welt geſchrieben und
gedruckt wurden, von der Zerſtoͤrung der Welt,
von der Aufhebung ihres Regiments, von der Ver-
tilgung der Gottloſen, von der Zeit, die kommen
wird, da die Kinder Gottes werden alles in allem
ſeyn; und da die Leute ihre Namen davor ſchrieben,
und da der Buchdrukker ſeinen Namen davor drukte,
da man nicht mehr bey dem Stuhl zu Rom blieb,
ſondern auch andere Herren und Obere, wo nicht
alle, unter dem Antichriſt mit begriff: ſo war nichts
mehr zu bewundern, als die Geduld derjenigen,
die durch dergleichen Weiſſagungen injuriirt worden.

Nun iſt wohl eines theils wahr, daß dieſe Ge-
duld von der Verachtung und Geringſchaͤtzung her-
koͤmt, weil man die Dinge nicht glaͤubt: unterdeſſen
haben doch alle die Knechte GOttes, die ſich in die-
ſes Feld gewagt haben, manche unnoͤthige Ver-
folgungs-Gelegenheit gemacht, und haben das Ubel
mit veranlaſſet, daß die Zuſammenkuͤnfte der Kinder
GOttes verdaͤchtig gemacht worden ſind. Man
hat die Griechiſche Barbarey nicht eingefuͤhrt, die
Leute zu torquiren und zu quaͤlen, daß ſie die ver-
meinten Geheimniſſe, oder ihre Conſpiration gegen
die Welt, die ſie in ihren Verſamlungen haben,
entdekken ſolten; das hat man infra dignitarem ge-
ſchaͤtzt: aber man hat geſucht, das Ding mit ſeiner
Wurzel heraus zu reiſſen; man hat die Verſamm-
lungen den guten Leuten faſt durchgehends verboten.
Das iſt daraus entſtanden, das iſt die Frucht der
Prophezeyungen. Und wer gedenkt, daß die Ver-
ſammlungen der Pfarrer halben verboten werden,
aus Liebe zur Geiſtlichkeit, der muß nicht wiſſen,
wies in der Welt auſſieht. Die Pfarrer werden
gewiß den faveur nicht finden, ſie werden das nicht
auſrichten mit allem ihrem Geſchrey; ſondern das”

” viele
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[249/0269] Mar. Predig. tige Art anſieht, wie die Welt dergleichen tractirt,” ſo muß man einen reverenz vor der Welt machen, man muß ſich buͤkken, und reſpect vor der Welt ha- ben. Denn bey alle den ſotiſen, bey alle den Thor- heiten, die von ſo genannten Augſpurgiſchen Con- feſſions-Verwandten in alle Welt geſchrieben und gedruckt wurden, von der Zerſtoͤrung der Welt, von der Aufhebung ihres Regiments, von der Ver- tilgung der Gottloſen, von der Zeit, die kommen wird, da die Kinder Gottes werden alles in allem ſeyn; und da die Leute ihre Namen davor ſchrieben, und da der Buchdrukker ſeinen Namen davor drukte, da man nicht mehr bey dem Stuhl zu Rom blieb, ſondern auch andere Herren und Obere, wo nicht alle, unter dem Antichriſt mit begriff: ſo war nichts mehr zu bewundern, als die Geduld derjenigen, die durch dergleichen Weiſſagungen injuriirt worden. Nun iſt wohl eines theils wahr, daß dieſe Ge- duld von der Verachtung und Geringſchaͤtzung her- koͤmt, weil man die Dinge nicht glaͤubt: unterdeſſen haben doch alle die Knechte GOttes, die ſich in die- ſes Feld gewagt haben, manche unnoͤthige Ver- folgungs-Gelegenheit gemacht, und haben das Ubel mit veranlaſſet, daß die Zuſammenkuͤnfte der Kinder GOttes verdaͤchtig gemacht worden ſind. Man hat die Griechiſche Barbarey nicht eingefuͤhrt, die Leute zu torquiren und zu quaͤlen, daß ſie die ver- meinten Geheimniſſe, oder ihre Conſpiration gegen die Welt, die ſie in ihren Verſamlungen haben, entdekken ſolten; das hat man infra dignitarem ge- ſchaͤtzt: aber man hat geſucht, das Ding mit ſeiner Wurzel heraus zu reiſſen; man hat die Verſamm- lungen den guten Leuten faſt durchgehends verboten. Das iſt daraus entſtanden, das iſt die Frucht der Prophezeyungen. Und wer gedenkt, daß die Ver- ſammlungen der Pfarrer halben verboten werden, aus Liebe zur Geiſtlichkeit, der muß nicht wiſſen, wies in der Welt auſſieht. Die Pfarrer werden gewiß den faveur nicht finden, ſie werden das nicht auſrichten mit allem ihrem Geſchrey; ſondern das” ” viele Q 5

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Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/269>, abgerufen am 28.04.2024.