Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil I. Cap. II. Satz 23.
ist nicht nur eine Warnung, sich vorzusehen,
sondern eine Bezeugung.

§ 174.

Es wäre noch sehr vieles zu bemerken:
doch ist das angeführte übrig genugsam, zu
zeigen, wie diese Uebersetzungs-Probe des N.
T. bewandt, und wie grosse Vorsichtigkeit
vonnöthen sey, damit niemand zu dieser schlü-
pferigen neugierigen Zeit unter dem Namen
des N. T. selbs verführet werde. Wer
Griechisch versteht, der wird bey allen Stellen
finden, daß ich die Wahrheit sage: andere mö-
gen die uralte Vulgatam, oder irgend eine
teutsche, englische, französische Uebersetzung
u. s. w. aufschlagen. Bald wird von diesem
Uebersetzer etwas gefälliges hineingetragen,
bald etwas, das im Wege stehet, weggeräu-
met. Siehet man auf die angezogene Stellen
zurücke, so erhellet folgendes daraus. Des
Ausdrucks halben ist das N. T. dergestalten
in die neumährische Gemein-Sprache gegossen,
daß einem Mitgliede dieser Gemeine unter dem
Lesen nicht anders zu muth ist, als ob solche
Sprache schon von den Aposteln geführet
worden wäre: wodurch denn der Sinn immer
auf die bey der Gemeine übliche Händel und
Manieren gezogen wird, als ob alles neumäh-
rische sich mit der Schrift reimete. Was die
Lehre betrifft, so ist der Text so übersetzet, daß
die Nervi, womit in andern Uebersetzungen
und im Grundtext selbs die neumährischen

Irrthümer

Theil I. Cap. II. Satz 23.
iſt nicht nur eine Warnung, ſich vorzuſehen,
ſondern eine Bezeugung.

§ 174.

Es waͤre noch ſehr vieles zu bemerken:
doch iſt das angefuͤhrte uͤbrig genugſam, zu
zeigen, wie dieſe Ueberſetzungs-Probe des N.
T. bewandt, und wie groſſe Vorſichtigkeit
vonnoͤthen ſey, damit niemand zu dieſer ſchluͤ-
pferigen neugierigen Zeit unter dem Namen
des N. T. ſelbs verfuͤhret werde. Wer
Griechiſch verſteht, der wird bey allen Stellen
finden, daß ich die Wahrheit ſage: andere moͤ-
gen die uralte Vulgatam, oder irgend eine
teutſche, engliſche, franzoͤſiſche Ueberſetzung
u. ſ. w. aufſchlagen. Bald wird von dieſem
Ueberſetzer etwas gefaͤlliges hineingetragen,
bald etwas, das im Wege ſtehet, weggeraͤu-
met. Siehet man auf die angezogene Stellen
zuruͤcke, ſo erhellet folgendes daraus. Des
Ausdrucks halben iſt das N. T. dergeſtalten
in die neumaͤhriſche Gemein-Sprache gegoſſen,
daß einem Mitgliede dieſer Gemeine unter dem
Leſen nicht anders zu muth iſt, als ob ſolche
Sprache ſchon von den Apoſteln gefuͤhret
worden waͤre: wodurch denn der Sinn immer
auf die bey der Gemeine uͤbliche Haͤndel und
Manieren gezogen wird, als ob alles neumaͤh-
riſche ſich mit der Schrift reimete. Was die
Lehre betrifft, ſo iſt der Text ſo uͤberſetzet, daß
die Nervi, womit in andern Ueberſetzungen
und im Grundtext ſelbs die neumaͤhriſchen

Irrthuͤmer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0222" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Theil</hi><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#fr">Cap.</hi><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#fr">Satz</hi> 23.</fw><lb/>
i&#x017F;t nicht nur eine <hi rendition="#fr">Warnung,</hi> &#x017F;ich <hi rendition="#fr">vorzu&#x017F;ehen,</hi><lb/>
&#x017F;ondern eine <hi rendition="#fr">Bezeugung.</hi></p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§ 174.</head><lb/>
                <p>Es wa&#x0364;re noch &#x017F;ehr vieles zu bemerken:<lb/>
doch i&#x017F;t das angefu&#x0364;hrte u&#x0364;brig genug&#x017F;am, zu<lb/>
zeigen, wie die&#x017F;e Ueber&#x017F;etzungs-Probe des N.<lb/>
T. bewandt, und wie gro&#x017F;&#x017F;e Vor&#x017F;ichtigkeit<lb/>
vonno&#x0364;then &#x017F;ey, damit niemand zu die&#x017F;er &#x017F;chlu&#x0364;-<lb/>
pferigen neugierigen Zeit unter dem Namen<lb/>
des N. T. &#x017F;elbs verfu&#x0364;hret werde. Wer<lb/>
Griechi&#x017F;ch ver&#x017F;teht, der wird bey allen Stellen<lb/>
finden, daß ich die Wahrheit &#x017F;age: andere mo&#x0364;-<lb/>
gen die uralte <hi rendition="#aq">Vulgatam,</hi> oder irgend eine<lb/>
teut&#x017F;che, engli&#x017F;che, franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Ueber&#x017F;etzung<lb/>
u. &#x017F;. w. auf&#x017F;chlagen. Bald wird von die&#x017F;em<lb/>
Ueber&#x017F;etzer etwas gefa&#x0364;lliges hineingetragen,<lb/>
bald etwas, das im Wege &#x017F;tehet, weggera&#x0364;u-<lb/>
met. Siehet man auf die angezogene Stellen<lb/>
zuru&#x0364;cke, &#x017F;o erhellet folgendes daraus. Des<lb/><hi rendition="#fr">Ausdrucks</hi> halben i&#x017F;t das N. T. derge&#x017F;talten<lb/>
in die neuma&#x0364;hri&#x017F;che Gemein-Sprache gego&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß einem Mitgliede die&#x017F;er Gemeine unter dem<lb/>
Le&#x017F;en nicht anders zu muth i&#x017F;t, als ob &#x017F;olche<lb/>
Sprache &#x017F;chon von den Apo&#x017F;teln gefu&#x0364;hret<lb/>
worden wa&#x0364;re: wodurch denn der Sinn immer<lb/>
auf die bey der Gemeine u&#x0364;bliche Ha&#x0364;ndel und<lb/>
Manieren gezogen wird, als ob alles neuma&#x0364;h-<lb/>
ri&#x017F;che &#x017F;ich mit der Schrift reimete. Was die<lb/><hi rendition="#fr">Lehre</hi> betrifft, &#x017F;o i&#x017F;t der Text &#x017F;o u&#x0364;ber&#x017F;etzet, daß<lb/>
die <hi rendition="#aq">Nervi,</hi> womit in andern Ueber&#x017F;etzungen<lb/>
und im Grundtext &#x017F;elbs die neuma&#x0364;hri&#x017F;chen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Irrthu&#x0364;mer</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0222] Theil I. Cap. II. Satz 23. iſt nicht nur eine Warnung, ſich vorzuſehen, ſondern eine Bezeugung. § 174. Es waͤre noch ſehr vieles zu bemerken: doch iſt das angefuͤhrte uͤbrig genugſam, zu zeigen, wie dieſe Ueberſetzungs-Probe des N. T. bewandt, und wie groſſe Vorſichtigkeit vonnoͤthen ſey, damit niemand zu dieſer ſchluͤ- pferigen neugierigen Zeit unter dem Namen des N. T. ſelbs verfuͤhret werde. Wer Griechiſch verſteht, der wird bey allen Stellen finden, daß ich die Wahrheit ſage: andere moͤ- gen die uralte Vulgatam, oder irgend eine teutſche, engliſche, franzoͤſiſche Ueberſetzung u. ſ. w. aufſchlagen. Bald wird von dieſem Ueberſetzer etwas gefaͤlliges hineingetragen, bald etwas, das im Wege ſtehet, weggeraͤu- met. Siehet man auf die angezogene Stellen zuruͤcke, ſo erhellet folgendes daraus. Des Ausdrucks halben iſt das N. T. dergeſtalten in die neumaͤhriſche Gemein-Sprache gegoſſen, daß einem Mitgliede dieſer Gemeine unter dem Leſen nicht anders zu muth iſt, als ob ſolche Sprache ſchon von den Apoſteln gefuͤhret worden waͤre: wodurch denn der Sinn immer auf die bey der Gemeine uͤbliche Haͤndel und Manieren gezogen wird, als ob alles neumaͤh- riſche ſich mit der Schrift reimete. Was die Lehre betrifft, ſo iſt der Text ſo uͤberſetzet, daß die Nervi, womit in andern Ueberſetzungen und im Grundtext ſelbs die neumaͤhriſchen Irrthuͤmer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/222
Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/222>, abgerufen am 25.11.2024.