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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

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Vorrede.
oder vielmehr ausserordentlichen Arbeiter be-
stund in folgendem: Er wolle dem Heiland
solche Dienste leisten, womit Ihm nicht
allemal gedienet sey:
und nur die gute Mei-
nung und Absicht müsse bey ihm allerley
Mittel gut machen.
Diesen Begriff befand
ich bey einer vieljährigen Aufmerksamkeit rich-
tig: ließ es mir aber, wohl nur zu gern, eine
Freude seyn, daß ich meiner aüssern Umstände
halben überhaben wäre, etwas in dieser weit
aussehenden Sache zu sprechen: schlug auch die
an mich ergangene Fragen ziemlicher maassen
aus. So ging es bis gegen das Jahr 1743.
Von dem an ward ich von theuergeschätzten
Freunden, die gleichwohl selbsten eine nähere
Einsicht hatten, um meine Gedanken mit gros-
sem Eifer schriftlich befragt, und folglich erst
recht zu einer geflissenen Untersuchung bewogen.
Ich verfassete, unter anderm, nach meinem
besten Wissen und Gewissen, im Frühling er-
meldten Jahres, zu Herbrechtingen, die so
genannten Anmerkungen, darin ich etliche
Puncten, ohne Absicht auf einige Publication,
abhandelte. Ich hielte eine geraume Zeit da-
für, man solte diesen Streit beedes vor den
einfältigen Seelen bey der Gemeine, und vor
allen andern Leuten, bestmöglich verborgen hal-
ten, und erfahrne Lehrer auf beeden Seiten
möchten es in Liebe untereinander auszumachen
suchen. Aber meine Anmerkungen kamen durch
eine Lücke aus, die ich nicht alsobald in Acht ge-
nommen noch verwahret hatte: es gab Ab-
schriften: man redte vom Druck: ich gab de-

nen

Vorrede.
oder vielmehr auſſerordentlichen Arbeiter be-
ſtund in folgendem: Er wolle dem Heiland
ſolche Dienſte leiſten, womit Ihm nicht
allemal gedienet ſey:
und nur die gute Mei-
nung und Abſicht muͤſſe bey ihm allerley
Mittel gut machen.
Dieſen Begriff befand
ich bey einer vieljaͤhrigen Aufmerkſamkeit rich-
tig: ließ es mir aber, wohl nur zu gern, eine
Freude ſeyn, daß ich meiner auͤſſern Umſtaͤnde
halben uͤberhaben waͤre, etwas in dieſer weit
auſſehenden Sache zu ſprechen: ſchlug auch die
an mich ergangene Fragen ziemlicher maaſſen
aus. So ging es bis gegen das Jahr 1743.
Von dem an ward ich von theuergeſchaͤtzten
Freunden, die gleichwohl ſelbſten eine naͤhere
Einſicht hatten, um meine Gedanken mit groſ-
ſem Eifer ſchriftlich befragt, und folglich erſt
recht zu einer gefliſſenen Unterſuchung bewogen.
Ich verfaſſete, unter anderm, nach meinem
beſten Wiſſen und Gewiſſen, im Fruͤhling er-
meldten Jahres, zu Herbrechtingen, die ſo
genannten Anmerkungen, darin ich etliche
Puncten, ohne Abſicht auf einige Publication,
abhandelte. Ich hielte eine geraume Zeit da-
fuͤr, man ſolte dieſen Streit beedes vor den
einfaͤltigen Seelen bey der Gemeine, und vor
allen andern Leuten, beſtmoͤglich verborgen hal-
ten, und erfahrne Lehrer auf beeden Seiten
moͤchten es in Liebe untereinander auszumachen
ſuchen. Aber meine Anmerkungen kamen durch
eine Luͤcke aus, die ich nicht alſobald in Acht ge-
nommen noch verwahret hatte: es gab Ab-
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[0010] Vorrede. oder vielmehr auſſerordentlichen Arbeiter be- ſtund in folgendem: Er wolle dem Heiland ſolche Dienſte leiſten, womit Ihm nicht allemal gedienet ſey: und nur die gute Mei- nung und Abſicht muͤſſe bey ihm allerley Mittel gut machen. Dieſen Begriff befand ich bey einer vieljaͤhrigen Aufmerkſamkeit rich- tig: ließ es mir aber, wohl nur zu gern, eine Freude ſeyn, daß ich meiner auͤſſern Umſtaͤnde halben uͤberhaben waͤre, etwas in dieſer weit auſſehenden Sache zu ſprechen: ſchlug auch die an mich ergangene Fragen ziemlicher maaſſen aus. So ging es bis gegen das Jahr 1743. Von dem an ward ich von theuergeſchaͤtzten Freunden, die gleichwohl ſelbſten eine naͤhere Einſicht hatten, um meine Gedanken mit groſ- ſem Eifer ſchriftlich befragt, und folglich erſt recht zu einer gefliſſenen Unterſuchung bewogen. Ich verfaſſete, unter anderm, nach meinem beſten Wiſſen und Gewiſſen, im Fruͤhling er- meldten Jahres, zu Herbrechtingen, die ſo genannten Anmerkungen, darin ich etliche Puncten, ohne Abſicht auf einige Publication, abhandelte. Ich hielte eine geraume Zeit da- fuͤr, man ſolte dieſen Streit beedes vor den einfaͤltigen Seelen bey der Gemeine, und vor allen andern Leuten, beſtmoͤglich verborgen hal- ten, und erfahrne Lehrer auf beeden Seiten moͤchten es in Liebe untereinander auszumachen ſuchen. Aber meine Anmerkungen kamen durch eine Luͤcke aus, die ich nicht alſobald in Acht ge- nommen noch verwahret hatte: es gab Ab- ſchriften: man redte vom Druck: ich gab de- nen

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Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/10>, abgerufen am 29.03.2024.