Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.wässerigen Erd-Fällen an und auf dem Hartz. vorhandenen Schnee- und Regen-Wasser verursachter Erd-Fall/ zuseyn scheinet. Dieses Wasser wird durch verborgene unterirdische Canäle und Wasser-Gange zu- und abgeführet/ ob man schon nicht eigentlich weiß/ wo solches herkömmet. Da nun die wahre Beschaf- fenheit derer Oerter/ worinnen gedachte Oerter sich befinden/ nicht bekannt ist/ so kan man auch nicht gewiß sagen/ auf was Art dessen wunderlicher Zu- und Abfluß geschiehet. Soll aber alhier das Muth- massen so viel als Beweisen gelten/ so will ich denen Curiosis meine Meinung offenbahren/ vermelde also/ wie ich supponire und davor halte/ daß zum wenigsten zwey Wasser-Pfüle oder Seen in der Ge- gend des Hunger-Sees vorhanden seyn müssen/ davon der eine nicht ferne von dem Bauren-Stein unter der Erde in einer Kalck-steinich- ten Höle sey/ die entweder in oder über ihren Boden einen Ausfluß oder Löcher habe/ und mit dem Grunde des Baurengrabens in einer Linie oder Gleiche liege; der andere aber weiter davon an einem Orte unter oder über der Erde/ und zwar höher als der vorige sich befinde: Jst nun diese Hypothesis oder beliebte Grund-Regel richtig/ so kan es auch nicht anders seyn/ als daß das Wasser aus der obern See in die untere falle/ und daselbst durch die Löcher/ deren die kalckichte Stein-Felsen bewuster massen gemeiniglich haben/ wieder aus- und an einen andern Ort unter die Erde fliesse/ so lange nun solches ohn- verhindert geschiehet/ darff man nicht dencken/ daß der Bauren- Grabe von solchem Wasser angefüllet werde: weilen aber dasselbe fast zu iederzeit einen Schlamm bey sich führet/ welcher so wohl aus der obern See herrühret/ als auch von denen Wasser-Gängen abge- spület wird/ so müssen davon die Löcher in der untern Höle nach und nach verstopfet/ und die Höle voll Wasser werden/ welches endlich/ wegen des aus der obern See continuirlich nachfallenden Wassers/ mit Gewalt durch den Bauren Stein in den Bauren-Graben drin- get/ und also den gemeldeten Hunger-See verursachet. Wenn denn solche Löcher nicht allein mit einem zähen und leimichten Schlamm/ sondern auch mit einigen von der Höle herab gefallenen Steinen sich sehr feste verstopfet haben/ ist die Eröffnung dererselben so bald nicht zu hoffen/ muß dieserwegen der Hunger-See langer/ als sonst geschie- het/ N 2
waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz. vorhandenen Schnee- und Regen-Waſſer verurſachter Erd-Fall/ zuſeyn ſcheinet. Dieſes Waſſer wird durch verborgene unterirdiſche Canaͤle und Waſſer-Gånge zu- und abgefuͤhret/ ob man ſchon nicht eigentlich weiß/ wo ſolches herkoͤmmet. Da nun die wahre Beſchaf- fenheit derer Oerter/ worinnen gedachte Oerter ſich befinden/ nicht bekannt iſt/ ſo kan man auch nicht gewiß ſagen/ auf was Art deſſen wunderlicher Zu- und Abfluß geſchiehet. Soll aber alhier das Muth- maſſen ſo viel als Beweiſen gelten/ ſo will ich denen Curioſis meine Meinung offenbahren/ vermelde alſo/ wie ich ſupponire und davor halte/ daß zum wenigſten zwey Waſſer-Pfuͤle oder Seen in der Ge- gend des Hunger-Sees vorhanden ſeyn muͤſſen/ davon der eine nicht ferne von dem Bauren-Stein unter der Erde in einer Kalck-ſteinich- ten Hoͤle ſey/ die entweder in oder uͤber ihren Boden einen Ausfluß oder Loͤcher habe/ und mit dem Grunde des Baurengrabens in einer Linie oder Gleiche liege; der andere aber weiter davon an einem Orte unter oder uͤber der Erde/ und zwar hoͤher als der vorige ſich befinde: Jſt nun dieſe Hypotheſis oder beliebte Grund-Regel richtig/ ſo kan es auch nicht anders ſeyn/ als daß das Waſſer aus der obern See in die untere falle/ und daſelbſt durch die Loͤcher/ deren die kalckichte Stein-Felſen bewuſter maſſen gemeiniglich haben/ wieder aus- und an einen andern Ort unter die Erde flieſſe/ ſo lange nun ſolches ohn- verhindert geſchiehet/ darff man nicht dencken/ daß der Bauren- Grabe von ſolchem Waſſer angefuͤllet werde: weilen aber daſſelbe faſt zu iederzeit einen Schlamm bey ſich fuͤhret/ welcher ſo wohl aus der obern See herruͤhret/ als auch von denen Waſſer-Gaͤngen abge- ſpuͤlet wird/ ſo muͤſſen davon die Loͤcher in der untern Hoͤle nach und nach verſtopfet/ und die Hoͤle voll Waſſer werden/ welches endlich/ wegen des aus der obern See continuirlich nachfallenden Waſſers/ mit Gewalt durch den Bauren Stein in den Bauren-Graben drin- get/ und alſo den gemeldeten Hunger-See verurſachet. Wenn denn ſolche Loͤcher nicht allein mit einem zaͤhen und leimichten Schlamm/ ſondern auch mit einigen von der Hoͤle herab gefallenen Steinen ſich ſehr feſte verſtopfet haben/ iſt die Eroͤffnung dererſelben ſo bald nicht zu hoffen/ muß dieſerwegen der Hunger-See långer/ als ſonſt geſchie- het/ N 2
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waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
vorhandenen Schnee- und Regen-Waſſer verurſachter Erd-Fall/ zu
ſeyn ſcheinet. Dieſes Waſſer wird durch verborgene unterirdiſche
Canaͤle und Waſſer-Gånge zu- und abgefuͤhret/ ob man ſchon nicht
eigentlich weiß/ wo ſolches herkoͤmmet. Da nun die wahre Beſchaf-
fenheit derer Oerter/ worinnen gedachte Oerter ſich befinden/ nicht
bekannt iſt/ ſo kan man auch nicht gewiß ſagen/ auf was Art deſſen
wunderlicher Zu- und Abfluß geſchiehet. Soll aber alhier das Muth-
maſſen ſo viel als Beweiſen gelten/ ſo will ich denen Curioſis meine
Meinung offenbahren/ vermelde alſo/ wie ich ſupponire und davor
halte/ daß zum wenigſten zwey Waſſer-Pfuͤle oder Seen in der Ge-
gend des Hunger-Sees vorhanden ſeyn muͤſſen/ davon der eine nicht
ferne von dem Bauren-Stein unter der Erde in einer Kalck-ſteinich-
ten Hoͤle ſey/ die entweder in oder uͤber ihren Boden einen Ausfluß
oder Loͤcher habe/ und mit dem Grunde des Baurengrabens in einer
Linie oder Gleiche liege; der andere aber weiter davon an einem Orte
unter oder uͤber der Erde/ und zwar hoͤher als der vorige ſich befinde:
Jſt nun dieſe Hypotheſis oder beliebte Grund-Regel richtig/ ſo kan es
auch nicht anders ſeyn/ als daß das Waſſer aus der obern See in
die untere falle/ und daſelbſt durch die Loͤcher/ deren die kalckichte
Stein-Felſen bewuſter maſſen gemeiniglich haben/ wieder aus- und
an einen andern Ort unter die Erde flieſſe/ ſo lange nun ſolches ohn-
verhindert geſchiehet/ darff man nicht dencken/ daß der Bauren-
Grabe von ſolchem Waſſer angefuͤllet werde: weilen aber daſſelbe
faſt zu iederzeit einen Schlamm bey ſich fuͤhret/ welcher ſo wohl aus
der obern See herruͤhret/ als auch von denen Waſſer-Gaͤngen abge-
ſpuͤlet wird/ ſo muͤſſen davon die Loͤcher in der untern Hoͤle nach und
nach verſtopfet/ und die Hoͤle voll Waſſer werden/ welches endlich/
wegen des aus der obern See continuirlich nachfallenden Waſſers/
mit Gewalt durch den Bauren Stein in den Bauren-Graben drin-
get/ und alſo den gemeldeten Hunger-See verurſachet. Wenn denn
ſolche Loͤcher nicht allein mit einem zaͤhen und leimichten Schlamm/
ſondern auch mit einigen von der Hoͤle herab gefallenen Steinen ſich
ſehr feſte verſtopfet haben/ iſt die Eroͤffnung dererſelben ſo bald nicht
zu hoffen/ muß dieſerwegen der Hunger-See långer/ als ſonſt geſchie-
het/
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Zitationshilfe: | Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/111>, abgerufen am 16.02.2025. |