Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

Kurzweiliger
in schlechten und armen Bettlers-Klei-
dern herein gehen. Aber die Hofart
ist ein Feur/ das auch die allerhöchsten
Silber-Berge einäschert/ deßwegen
ist solches nicht Wunder zu nehmen/
daß auch diese meine Ehr-vergeßene
und liederliche Schwester so sehr ge-
züchtiget und gestraffet worden.

Jch stunde demnach vor derselben
stille/ und merckte gar bald/ daß sie
mich kennete/ dann sie schluge das
Gesicht immer auf die Erde/ wie ein
Dieb/ der sich nichts gutes bewust
ist. Jch bin gewiß irre gegangen/
fienge sie an zu reden/ die Jungfer
verzeihe mir/ wohnet nicht hier sonst
der von Willenhag? Jch gabe zur
Antwort/ Ja! der von Willenhag
hat vor einem Jahr hier gewohnet/
ist aber von schlimmen Leuten nächtli-
cher Weile ausgeraubet worden/ und
als er die Flucht zu einem Dach-Fen-
ster außnehmen wolte/ hat er sich auf
die Erde gestürzet/ und hat also un-
verschens den Hals gebrochen/ von
daran hat mein seeliger Vater das
Gut gekauffet/ und nun besitze ichs

vor

Kurzweiliger
in ſchlechten und armen Bettlers-Klei-
dern herein gehen. Aber die Hofart
iſt ein Feur/ das auch die allerhoͤchſten
Silber-Berge einaͤſchert/ deßwegen
iſt ſolches nicht Wunder zu nehmen/
daß auch dieſe meine Ehr-vergeßene
und liederliche Schweſter ſo ſehr ge-
zuͤchtiget und geſtraffet worden.

Jch ſtunde demnach vor derſelben
ſtille/ und merckte gar bald/ daß ſie
mich kennete/ dann ſie ſchluge das
Geſicht immer auf die Erde/ wie ein
Dieb/ der ſich nichts gutes bewuſt
iſt. Jch bin gewiß irre gegangen/
fienge ſie an zu reden/ die Jungfer
verzeihe mir/ wohnet nicht hier ſonſt
der von Willenhag? Jch gabe zur
Antwort/ Ja! der von Willenhag
hat vor einem Jahr hier gewohnet/
iſt aber von ſchlimmen Leuten naͤchtli-
cher Weile ausgeraubet worden/ und
als er die Flucht zu einem Dach-Fen-
ſter außnehmen wolte/ hat er ſich auf
die Erde geſtuͤrzet/ und hat alſo un-
verſchens den Hals gebrochen/ von
daran hat mein ſeeliger Vater das
Gut gekauffet/ und nun beſitze ichs

vor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="22"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kurzweiliger</hi></fw><lb/>
in &#x017F;chlechten und armen Bettlers-Klei-<lb/>
dern herein gehen. Aber die Hofart<lb/>
i&#x017F;t ein Feur/ das auch die allerho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Silber-Berge eina&#x0364;&#x017F;chert/ deßwegen<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;olches nicht Wunder zu nehmen/<lb/>
daß auch die&#x017F;e meine Ehr-vergeßene<lb/>
und liederliche Schwe&#x017F;ter &#x017F;o &#x017F;ehr ge-<lb/>
zu&#x0364;chtiget und ge&#x017F;traffet worden.</p><lb/>
        <p>Jch &#x017F;tunde demnach vor der&#x017F;elben<lb/>
&#x017F;tille/ und merckte gar bald/ daß &#x017F;ie<lb/>
mich kennete/ dann &#x017F;ie &#x017F;chluge das<lb/>
Ge&#x017F;icht immer auf die Erde/ wie ein<lb/>
Dieb/ der &#x017F;ich nichts gutes bewu&#x017F;t<lb/>
i&#x017F;t. Jch bin gewiß irre gegangen/<lb/>
fienge &#x017F;ie an zu reden/ die Jungfer<lb/>
verzeihe mir/ wohnet nicht hier &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
der von Willenhag? Jch gabe zur<lb/>
Antwort/ Ja! der von Willenhag<lb/>
hat vor einem Jahr hier gewohnet/<lb/>
i&#x017F;t aber von &#x017F;chlimmen Leuten na&#x0364;chtli-<lb/>
cher Weile ausgeraubet worden/ und<lb/>
als er die Flucht zu einem Dach-Fen-<lb/>
&#x017F;ter außnehmen wolte/ hat er &#x017F;ich auf<lb/>
die Erde ge&#x017F;tu&#x0364;rzet/ und hat al&#x017F;o un-<lb/>
ver&#x017F;chens den Hals gebrochen/ von<lb/>
daran hat mein &#x017F;eeliger Vater das<lb/>
Gut gekauffet/ und nun be&#x017F;itze ichs<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0030] Kurzweiliger in ſchlechten und armen Bettlers-Klei- dern herein gehen. Aber die Hofart iſt ein Feur/ das auch die allerhoͤchſten Silber-Berge einaͤſchert/ deßwegen iſt ſolches nicht Wunder zu nehmen/ daß auch dieſe meine Ehr-vergeßene und liederliche Schweſter ſo ſehr ge- zuͤchtiget und geſtraffet worden. Jch ſtunde demnach vor derſelben ſtille/ und merckte gar bald/ daß ſie mich kennete/ dann ſie ſchluge das Geſicht immer auf die Erde/ wie ein Dieb/ der ſich nichts gutes bewuſt iſt. Jch bin gewiß irre gegangen/ fienge ſie an zu reden/ die Jungfer verzeihe mir/ wohnet nicht hier ſonſt der von Willenhag? Jch gabe zur Antwort/ Ja! der von Willenhag hat vor einem Jahr hier gewohnet/ iſt aber von ſchlimmen Leuten naͤchtli- cher Weile ausgeraubet worden/ und als er die Flucht zu einem Dach-Fen- ſter außnehmen wolte/ hat er ſich auf die Erde geſtuͤrzet/ und hat alſo un- verſchens den Hals gebrochen/ von daran hat mein ſeeliger Vater das Gut gekauffet/ und nun beſitze ichs vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/30
Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/30>, abgerufen am 16.04.2024.