[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.Historie V. Buch. Fleck/ nächst welchem ein hauptsächlich altesSchloß gebauet war/ es schiene fast wüst und einsam zu seyn/ weil wir nicht allein keinen Menschen bey demselben gesehen/ sondern auch das Thor zu geschloßen war. Aber unser Wirth berichtete uns/ welcher ehedeßen dem Herzog von Lothringen vor einen Obrist-Leutenant ge- dienet/ und aus solchem Krieg eine stattliche Tochter mit sich gebracht/ die nunmehr schon das zwey und zwanzigste Jahr ihres Alters er- reichet/ sie solle eine Jungser von absonderli- chen Eigenschaften seyn/ und ihre Mutter wü- ste sich so viel mit ihr/ daß man ihr fast zwey Groschen geben müste/ welcher die Tochter zu sehen verlangte. Jch lachte über des Wirhts seiner Erzehlung/ und der Student hatte Lust so wol mit dem Edelmann als der artlichen von Adel wegen ihrer so Rhümens-würdigen Toch- ter zu sprechen. Das Schloß lage nicht gar welt von dem Gast-Hof/ derowegen machte der Wirth gar bald Gelegenheit zu dem Vater zu gelangen/ weil er ehedeßen in dem Schloße ge- dienet und die Charge eines Schreibers in der Canzelley betretten hatte. Er bekam gar bald Antwort/ und wurde uns von dem Alten vom Adel freygestellet ihn zu besuchen/ wann es uns würde gelegen seyn. Wir hatten uns beyde vor Adeliche ausgegeben/ und weil ich als ein Freyers-Mann ausgeritten/ hatte ich Kleyno- dien genug bey mir/ mich bey dem Frauenzim- mer in Ansehung und reputation zu bringen/ derohalben speiseten wir bald ab/ und nahmen unsern March nach dem Essen/ in das Schloß. uns
Hiſtorie V. Buch. Fleck/ naͤchſt welchem ein hauptſaͤchlich altesSchloß gebauet war/ es ſchiene faſt wuͤſt und einſam zu ſeyn/ weil wir nicht allein keinen Menſchen bey demſelben geſehen/ ſondern auch das Thor zu geſchloßen war. Aber unſer Wirth berichtete uns/ welcher ehedeßen dem Herzog von Lothringen vor einen Obriſt-Leutenant ge- dienet/ und aus ſolchem Krieg eine ſtattliche Tochter mit ſich gebracht/ die nunmehr ſchon das zwey und zwanzigſte Jahr ihres Alters er- reichet/ ſie ſolle eine Jungſer von abſonderli- chen Eigenſchaften ſeyn/ und ihre Mutter wuͤ- ſte ſich ſo viel mit ihr/ daß man ihr faſt zwey Groſchen geben muͤſte/ welcher die Tochter zu ſehen verlangte. Jch lachte uͤber des Wirhts ſeiner Erzehlung/ und der Student hatte Luſt ſo wol mit dem Edelmann als der artlichen von Adel wegen ihrer ſo Rhuͤmens-wuͤrdigen Toch- ter zu ſprechen. Das Schloß lage nicht gar welt von dem Gaſt-Hof/ derowegen machte der Wirth gar bald Gelegenheit zu dem Vater zu gelangen/ weil er ehedeßen in dem Schloße ge- dienet und die Charge eines Schreibers in der Canzelley betretten hatte. Er bekam gar bald Antwort/ und wurde uns von dem Alten vom Adel freygeſtellet ihn zu beſuchen/ wann es uns wuͤrde gelegen ſeyn. Wir hatten uns beyde vor Adeliche ausgegeben/ und weil ich als ein Freyers-Mann ausgeritten/ hatte ich Kleyno- dien genug bey mir/ mich bey dem Frauenzim- mer in Anſehung und reputation zu bringen/ derohalben ſpeiſeten wir bald ab/ und nahmen unſern March nach dem Eſſen/ in das Schloß. uns
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Hiſtorie V. Buch.
Fleck/ naͤchſt welchem ein hauptſaͤchlich altes
Schloß gebauet war/ es ſchiene faſt wuͤſt und
einſam zu ſeyn/ weil wir nicht allein keinen
Menſchen bey demſelben geſehen/ ſondern auch
das Thor zu geſchloßen war. Aber unſer Wirth
berichtete uns/ welcher ehedeßen dem Herzog
von Lothringen vor einen Obriſt-Leutenant ge-
dienet/ und aus ſolchem Krieg eine ſtattliche
Tochter mit ſich gebracht/ die nunmehr ſchon
das zwey und zwanzigſte Jahr ihres Alters er-
reichet/ ſie ſolle eine Jungſer von abſonderli-
chen Eigenſchaften ſeyn/ und ihre Mutter wuͤ-
ſte ſich ſo viel mit ihr/ daß man ihr faſt zwey
Groſchen geben muͤſte/ welcher die Tochter zu
ſehen verlangte. Jch lachte uͤber des Wirhts
ſeiner Erzehlung/ und der Student hatte Luſt
ſo wol mit dem Edelmann als der artlichen von
Adel wegen ihrer ſo Rhuͤmens-wuͤrdigen Toch-
ter zu ſprechen. Das Schloß lage nicht gar
welt von dem Gaſt-Hof/ derowegen machte der
Wirth gar bald Gelegenheit zu dem Vater zu
gelangen/ weil er ehedeßen in dem Schloße ge-
dienet und die Charge eines Schreibers in der
Canzelley betretten hatte. Er bekam gar bald
Antwort/ und wurde uns von dem Alten vom
Adel freygeſtellet ihn zu beſuchen/ wann es uns
wuͤrde gelegen ſeyn. Wir hatten uns beyde
vor Adeliche ausgegeben/ und weil ich als ein
Freyers-Mann ausgeritten/ hatte ich Kleyno-
dien genug bey mir/ mich bey dem Frauenzim-
mer in Anſehung und reputation zu bringen/
derohalben ſpeiſeten wir bald ab/ und nahmen
unſern March nach dem Eſſen/ in das Schloß.
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