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[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

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Kurzweiliger
Herz davon/ weil die subtile Phan-
tasi
e von denen brennenden affecten
allezeit verjaget wird/ dahero hat
man im Gegentheil viel eine größere
Gewohnheit aus unfugsamen Ver-
schen zu sehen/ weil sie aus einem Ge-
müht entspringen/ da die Kunst und
Geschicklichkeit auf eine Zeit ausge-
trieben ist/ und dahero keine sonderba-
re invention statt haben kan.

Auf solches nahm ich meine Laute
zur Hand/ und satzte geschwind eine
Melodey darzu/ und ich war noch nicht
gar zu dem Haupt. Zweck gekommen/
als ich schon zum Essen geruffen wor-
den/ nach welchem ich in der Frauen
Zimmer kommen/ und mein verspro-
chenes Lied absingen solte. Jch gien-
ge zu Tische/ und nach der Malzeit setzte
ich das übrige flugs zu Papier/ und
kame damit in der Edelfrauen Gemach.
Sie hieße mich an den Ofen sitzen/ weil
es daselbst gute Gelegenheit hatte/ sich
mit der Laute zu bequemen/ und als sie
sich gegen mir in einem sammeten
Nacht-Seßel gesetzet/ fienge ich an/
ein Praeambulum nach Zigeunerischer

Art auf-

Kurzweiliger
Herz davon/ weil die ſubtile Phan-
taſi
e von denen brennenden affecten
allezeit verjaget wird/ dahero hat
man im Gegentheil viel eine groͤßere
Gewohnheit aus unfugſamen Ver-
ſchen zu ſehen/ weil ſie aus einem Ge-
muͤht entſpringen/ da die Kunſt und
Geſchicklichkeit auf eine Zeit ausge-
trieben iſt/ und dahero keine ſonderba-
re invention ſtatt haben kan.

Auf ſolches nahm ich meine Laute
zur Hand/ und ſatzte geſchwind eine
Melodey darzu/ und ich war noch nicht
gar zu dem Haupt. Zweck gekommen/
als ich ſchon zum Eſſen geruffen wor-
den/ nach welchem ich in der Frauen
Zimmer kommen/ und mein verſpro-
chenes Lied abſingen ſolte. Jch gien-
ge zu Tiſche/ und nach der Malzeit ſetzte
ich das uͤbrige flugs zu Papier/ und
kame damit in der Edelfrauen Gemach.
Sie hieße mich an den Ofen ſitzen/ weil
es daſelbſt gute Gelegenheit hatte/ ſich
mit der Laute zu bequemen/ und als ſie
ſich gegen mir in einem ſammeten
Nacht-Seßel geſetzet/ fienge ich an/
ein Præambulum nach Zigeuneriſcher

Art auf-
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[172/0180] Kurzweiliger Herz davon/ weil die ſubtile Phan- taſie von denen brennenden affecten allezeit verjaget wird/ dahero hat man im Gegentheil viel eine groͤßere Gewohnheit aus unfugſamen Ver- ſchen zu ſehen/ weil ſie aus einem Ge- muͤht entſpringen/ da die Kunſt und Geſchicklichkeit auf eine Zeit ausge- trieben iſt/ und dahero keine ſonderba- re invention ſtatt haben kan. Auf ſolches nahm ich meine Laute zur Hand/ und ſatzte geſchwind eine Melodey darzu/ und ich war noch nicht gar zu dem Haupt. Zweck gekommen/ als ich ſchon zum Eſſen geruffen wor- den/ nach welchem ich in der Frauen Zimmer kommen/ und mein verſpro- chenes Lied abſingen ſolte. Jch gien- ge zu Tiſche/ und nach der Malzeit ſetzte ich das uͤbrige flugs zu Papier/ und kame damit in der Edelfrauen Gemach. Sie hieße mich an den Ofen ſitzen/ weil es daſelbſt gute Gelegenheit hatte/ ſich mit der Laute zu bequemen/ und als ſie ſich gegen mir in einem ſammeten Nacht-Seßel geſetzet/ fienge ich an/ ein Præambulum nach Zigeuneriſcher Art auf-

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Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/180>, abgerufen am 27.11.2024.