Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beer, Johann: Der verliebte Europäer, Oder Warhafftige Liebes-Roman. Wien, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Europaeer.
Hand und ritte also immerfort. Als
eine halbe Stunde vorbey gangen/ kam
ich auff den gestrigen Weg/ und nicht
lange hernach zu meinen todten lahmen
Pferd. Jch sahe mich ein wenig um/
und wurde gewahr/ daß eine ermordete
Person unweit davon im Blute lag/
meynete also nicht anders/ als daß es
mein Diener wäre/ welcher von Stras-
sen-Räubern erschlagen worden. Denn
die Kleider waren dem Ermordeten von
Holtz-Dieben ausgezogen worden/ und
den Cörper hatten die Wölffe und Füch-
se die vergangene Nacht so zu gerichtet/
daß man fast nicht sehen kunte/ wo ein
und ander Gliedmaß am Leibe gestan-
den. Dieser grausame Anblick verur-
sachte/ daß ich mich nicht lange allhier
auffhielte/ sondern durch den Wald
ritte/ und mich in das schon zum öfftern
erwehnte Städlein begab/ kehrte gleich
zu guten Glück in eben den Gasthof ein/

all-
P 5

Europæer.
Hand und ritte alſo immerfort. Als
eine halbe Stunde vorbey gangen/ kam
ich auff den geſtrigen Weg/ und nicht
lange hernach zu meinen todten lahmen
Pferd. Jch ſahe mich ein wenig um/
und wurde gewahr/ daß eine ermordete
Perſon unweit davon im Blute lag/
meynete alſo nicht anders/ als daß es
mein Diener waͤre/ welcher von Straſ-
ſen-Raͤubern erſchlagen worden. Denn
die Kleider waren dem Ermordeten von
Holtz-Dieben ausgezogen worden/ und
den Coͤrper hatten die Woͤlffe und Fuͤch-
ſe die vergangene Nacht ſo zu gerichtet/
daß man faſt nicht ſehen kunte/ wo ein
und ander Gliedmaß am Leibe geſtan-
den. Dieſer grauſame Anblick verur-
ſachte/ daß ich mich nicht lange allhier
auffhielte/ ſondern durch den Wald
ritte/ und mich in das ſchon zum oͤfftern
erwehnte Staͤdlein begab/ kehrte gleich
zu guten Gluͤck in eben den Gaſthof ein/

all-
P 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0349" n="327"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Europ<hi rendition="#aq">æ</hi>er.</hi></fw><lb/>
Hand und ritte al&#x017F;o immerfort. Als<lb/>
eine halbe Stunde vorbey gangen/ kam<lb/>
ich auff den ge&#x017F;trigen Weg/ und nicht<lb/>
lange hernach zu meinen todten lahmen<lb/>
Pferd. Jch &#x017F;ahe mich ein wenig um/<lb/>
und wurde gewahr/ daß eine ermordete<lb/>
Per&#x017F;on unweit davon im Blute lag/<lb/>
meynete al&#x017F;o nicht anders/ als daß es<lb/>
mein Diener wa&#x0364;re/ welcher von Stra&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en-Ra&#x0364;ubern er&#x017F;chlagen worden. Denn<lb/>
die Kleider waren dem Ermordeten von<lb/>
Holtz-Dieben ausgezogen worden/ und<lb/>
den Co&#x0364;rper hatten die Wo&#x0364;lffe und Fu&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;e die vergangene Nacht &#x017F;o zu gerichtet/<lb/>
daß man fa&#x017F;t nicht &#x017F;ehen kunte/ wo ein<lb/>
und ander Gliedmaß am Leibe ge&#x017F;tan-<lb/>
den. Die&#x017F;er grau&#x017F;ame Anblick verur-<lb/>
&#x017F;achte/ daß ich mich nicht lange allhier<lb/>
auffhielte/ &#x017F;ondern durch den Wald<lb/>
ritte/ und mich in das &#x017F;chon zum o&#x0364;fftern<lb/>
erwehnte Sta&#x0364;dlein begab/ kehrte gleich<lb/>
zu guten Glu&#x0364;ck in eben den Ga&#x017F;thof ein/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 5</fw><fw place="bottom" type="catch">all-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0349] Europæer. Hand und ritte alſo immerfort. Als eine halbe Stunde vorbey gangen/ kam ich auff den geſtrigen Weg/ und nicht lange hernach zu meinen todten lahmen Pferd. Jch ſahe mich ein wenig um/ und wurde gewahr/ daß eine ermordete Perſon unweit davon im Blute lag/ meynete alſo nicht anders/ als daß es mein Diener waͤre/ welcher von Straſ- ſen-Raͤubern erſchlagen worden. Denn die Kleider waren dem Ermordeten von Holtz-Dieben ausgezogen worden/ und den Coͤrper hatten die Woͤlffe und Fuͤch- ſe die vergangene Nacht ſo zu gerichtet/ daß man faſt nicht ſehen kunte/ wo ein und ander Gliedmaß am Leibe geſtan- den. Dieſer grauſame Anblick verur- ſachte/ daß ich mich nicht lange allhier auffhielte/ ſondern durch den Wald ritte/ und mich in das ſchon zum oͤfftern erwehnte Staͤdlein begab/ kehrte gleich zu guten Gluͤck in eben den Gaſthof ein/ all- P 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_europa_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_europa_1682/349
Zitationshilfe: Beer, Johann: Der verliebte Europäer, Oder Warhafftige Liebes-Roman. Wien, 1682, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_europa_1682/349>, abgerufen am 24.11.2024.