Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beckmann, Johann: Anleitung zur Technologie. Göttingen, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung. §. 3. 4.
1. Nur die Entstehung und Einrichtung der Gil-
den gehört hieher; aber die Frage von ihrem
jetzigen Werthe, gehört in die Polizey der
Handwerke,
das ist, in den Theil der Stadt-
polizey,
der die Mittel lehrt, die Stadtge-
werbe, also vornehmlich die Handwerke, zum
Besten des Staats zu regieren. Sie scheinen
freylich bey ihrer Entstehung eben so viel ge-
nutzt zu haben, als sie jetzt schaden. Schon
im dreyzehnten Jahrhunderte machte man den
Versuch sie abzuschaffen, aber man muste ihn
aufgeben, nachdem er in Würzburg, Goslar
u. a. O. Blut genug gekostet hatte. Selbst
im monarchischen, despotischen Frankreich,
haben die Oekonomisten die Aufhebung der
Gilden nicht durchsetzen können.
2. Die Urkunden, Rechnungen, Briefe und Gel-
der der Jnnung, werden in der Meisterlade
oder Lade verwahrt, die, wenn das Hand-
werk,
das ist, die Gilde versamlet ist, geöf-
net wird. Daher rührt der Ausdruck: bey
offener Lade.
§. 4.

Je künstlicher die Handwerke wurden, de-
sto mehr Uebung, Erfahrung und Zeit ver-
langten sie zu ihrer Erlernung. Daher fieng
man an, Knaben in die Lehre zu nehmen,
oder einzuschreiben, aufdingen zu lassen,
die, um der Gilde ihr Ansehn zu erhalten,
ihre Freyheit und Ehrlichkeit, durch den Ge-
burtsbrief, beweisen musten. Nach den Lehr-

jah-
b 5

Einleitung. §. 3. 4.
1. Nur die Entſtehung und Einrichtung der Gil-
den gehoͤrt hieher; aber die Frage von ihrem
jetzigen Werthe, gehoͤrt in die Polizey der
Handwerke,
das iſt, in den Theil der Stadt-
polizey,
der die Mittel lehrt, die Stadtge-
werbe, alſo vornehmlich die Handwerke, zum
Beſten des Staats zu regieren. Sie ſcheinen
freylich bey ihrer Entſtehung eben ſo viel ge-
nutzt zu haben, als ſie jetzt ſchaden. Schon
im dreyzehnten Jahrhunderte machte man den
Verſuch ſie abzuſchaffen, aber man muſte ihn
aufgeben, nachdem er in Wuͤrzburg, Goslar
u. a. O. Blut genug gekoſtet hatte. Selbſt
im monarchiſchen, deſpotiſchen Frankreich,
haben die Oekonomiſten die Aufhebung der
Gilden nicht durchſetzen koͤnnen.
2. Die Urkunden, Rechnungen, Briefe und Gel-
der der Jnnung, werden in der Meiſterlade
oder Lade verwahrt, die, wenn das Hand-
werk,
das iſt, die Gilde verſamlet iſt, geoͤf-
net wird. Daher ruͤhrt der Ausdruck: bey
offener Lade.
§. 4.

Je kuͤnſtlicher die Handwerke wurden, de-
ſto mehr Uebung, Erfahrung und Zeit ver-
langten ſie zu ihrer Erlernung. Daher fieng
man an, Knaben in die Lehre zu nehmen,
oder einzuſchreiben, aufdingen zu laſſen,
die, um der Gilde ihr Anſehn zu erhalten,
ihre Freyheit und Ehrlichkeit, durch den Ge-
burtsbrief, beweiſen muſten. Nach den Lehr-

jah-
b 5
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0029" n="V"/><lb/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Einleitung.</hi> §. 3. 4.</fw><lb/>
          <list>
            <item>1. Nur die Ent&#x017F;tehung und Einrichtung der Gil-<lb/>
den geho&#x0364;rt hieher; aber die Frage von ihrem<lb/>
jetzigen Werthe, geho&#x0364;rt in die <hi rendition="#fr">Polizey der<lb/>
Handwerke,</hi> das i&#x017F;t, in den Theil der <hi rendition="#fr">Stadt-<lb/>
polizey,</hi> der die Mittel lehrt, die Stadtge-<lb/>
werbe, al&#x017F;o vornehmlich die Handwerke, zum<lb/>
Be&#x017F;ten des Staats zu regieren. Sie &#x017F;cheinen<lb/>
freylich bey ihrer Ent&#x017F;tehung eben &#x017F;o viel ge-<lb/>
nutzt zu haben, als &#x017F;ie jetzt &#x017F;chaden. Schon<lb/>
im dreyzehnten Jahrhunderte machte man den<lb/>
Ver&#x017F;uch &#x017F;ie abzu&#x017F;chaffen, aber man mu&#x017F;te ihn<lb/>
aufgeben, nachdem er in Wu&#x0364;rzburg, Goslar<lb/>
u. a. O. Blut genug geko&#x017F;tet hatte. Selb&#x017F;t<lb/>
im monarchi&#x017F;chen, de&#x017F;poti&#x017F;chen Frankreich,<lb/>
haben die Oekonomi&#x017F;ten die Aufhebung der<lb/>
Gilden nicht durch&#x017F;etzen ko&#x0364;nnen.</item><lb/>
            <item>2. Die Urkunden, Rechnungen, Briefe und Gel-<lb/>
der der Jnnung, werden in der <hi rendition="#fr">Mei&#x017F;terlade</hi><lb/>
oder <hi rendition="#fr">Lade</hi> verwahrt, die, wenn das <hi rendition="#fr">Hand-<lb/>
werk,</hi> das i&#x017F;t, die Gilde ver&#x017F;amlet i&#x017F;t, geo&#x0364;f-<lb/>
net wird. Daher ru&#x0364;hrt der Ausdruck: <hi rendition="#fr">bey<lb/>
offener Lade.</hi></item>
          </list>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 4.</head><lb/>
          <p>Je ku&#x0364;n&#x017F;tlicher die Handwerke wurden, de-<lb/>
&#x017F;to mehr Uebung, Erfahrung und Zeit ver-<lb/>
langten &#x017F;ie zu ihrer Erlernung. Daher fieng<lb/>
man an, Knaben <hi rendition="#fr">in die Lehre zu nehmen,</hi><lb/>
oder <hi rendition="#fr">einzu&#x017F;chreiben, aufdingen zu la&#x017F;&#x017F;en,</hi><lb/>
die, um der Gilde ihr An&#x017F;ehn zu erhalten,<lb/>
ihre Freyheit und Ehrlichkeit, durch den Ge-<lb/>
burtsbrief, bewei&#x017F;en mu&#x017F;ten. Nach den <hi rendition="#fr">Lehr-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">b 5</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">jah-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[V/0029] Einleitung. §. 3. 4. 1. Nur die Entſtehung und Einrichtung der Gil- den gehoͤrt hieher; aber die Frage von ihrem jetzigen Werthe, gehoͤrt in die Polizey der Handwerke, das iſt, in den Theil der Stadt- polizey, der die Mittel lehrt, die Stadtge- werbe, alſo vornehmlich die Handwerke, zum Beſten des Staats zu regieren. Sie ſcheinen freylich bey ihrer Entſtehung eben ſo viel ge- nutzt zu haben, als ſie jetzt ſchaden. Schon im dreyzehnten Jahrhunderte machte man den Verſuch ſie abzuſchaffen, aber man muſte ihn aufgeben, nachdem er in Wuͤrzburg, Goslar u. a. O. Blut genug gekoſtet hatte. Selbſt im monarchiſchen, deſpotiſchen Frankreich, haben die Oekonomiſten die Aufhebung der Gilden nicht durchſetzen koͤnnen. 2. Die Urkunden, Rechnungen, Briefe und Gel- der der Jnnung, werden in der Meiſterlade oder Lade verwahrt, die, wenn das Hand- werk, das iſt, die Gilde verſamlet iſt, geoͤf- net wird. Daher ruͤhrt der Ausdruck: bey offener Lade. §. 4. Je kuͤnſtlicher die Handwerke wurden, de- ſto mehr Uebung, Erfahrung und Zeit ver- langten ſie zu ihrer Erlernung. Daher fieng man an, Knaben in die Lehre zu nehmen, oder einzuſchreiben, aufdingen zu laſſen, die, um der Gilde ihr Anſehn zu erhalten, ihre Freyheit und Ehrlichkeit, durch den Ge- burtsbrief, beweiſen muſten. Nach den Lehr- jah- b 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beckmann_technologie_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beckmann_technologie_1777/29
Zitationshilfe: Beckmann, Johann: Anleitung zur Technologie. Göttingen, 1777, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beckmann_technologie_1777/29>, abgerufen am 28.03.2024.