1. Nur die Entstehung und Einrichtung der Gil- den gehört hieher; aber die Frage von ihrem jetzigen Werthe, gehört in die Polizey der Handwerke, das ist, in den Theil der Stadt- polizey, der die Mittel lehrt, die Stadtge- werbe, also vornehmlich die Handwerke, zum Besten des Staats zu regieren. Sie scheinen freylich bey ihrer Entstehung eben so viel ge- nutzt zu haben, als sie jetzt schaden. Schon im dreyzehnten Jahrhunderte machte man den Versuch sie abzuschaffen, aber man muste ihn aufgeben, nachdem er in Würzburg, Goslar u. a. O. Blut genug gekostet hatte. Selbst im monarchischen, despotischen Frankreich, haben die Oekonomisten die Aufhebung der Gilden nicht durchsetzen können.
2. Die Urkunden, Rechnungen, Briefe und Gel- der der Jnnung, werden in der Meisterlade oder Lade verwahrt, die, wenn das Hand- werk, das ist, die Gilde versamlet ist, geöf- net wird. Daher rührt der Ausdruck: bey offener Lade.
§. 4.
Je künstlicher die Handwerke wurden, de- sto mehr Uebung, Erfahrung und Zeit ver- langten sie zu ihrer Erlernung. Daher fieng man an, Knaben in die Lehre zu nehmen, oder einzuschreiben, aufdingen zu lassen, die, um der Gilde ihr Ansehn zu erhalten, ihre Freyheit und Ehrlichkeit, durch den Ge- burtsbrief, beweisen musten. Nach den Lehr-
jah-
b 5
Einleitung. §. 3. 4.
1. Nur die Entſtehung und Einrichtung der Gil- den gehoͤrt hieher; aber die Frage von ihrem jetzigen Werthe, gehoͤrt in die Polizey der Handwerke, das iſt, in den Theil der Stadt- polizey, der die Mittel lehrt, die Stadtge- werbe, alſo vornehmlich die Handwerke, zum Beſten des Staats zu regieren. Sie ſcheinen freylich bey ihrer Entſtehung eben ſo viel ge- nutzt zu haben, als ſie jetzt ſchaden. Schon im dreyzehnten Jahrhunderte machte man den Verſuch ſie abzuſchaffen, aber man muſte ihn aufgeben, nachdem er in Wuͤrzburg, Goslar u. a. O. Blut genug gekoſtet hatte. Selbſt im monarchiſchen, deſpotiſchen Frankreich, haben die Oekonomiſten die Aufhebung der Gilden nicht durchſetzen koͤnnen.
2. Die Urkunden, Rechnungen, Briefe und Gel- der der Jnnung, werden in der Meiſterlade oder Lade verwahrt, die, wenn das Hand- werk, das iſt, die Gilde verſamlet iſt, geoͤf- net wird. Daher ruͤhrt der Ausdruck: bey offener Lade.
§. 4.
Je kuͤnſtlicher die Handwerke wurden, de- ſto mehr Uebung, Erfahrung und Zeit ver- langten ſie zu ihrer Erlernung. Daher fieng man an, Knaben in die Lehre zu nehmen, oder einzuſchreiben, aufdingen zu laſſen, die, um der Gilde ihr Anſehn zu erhalten, ihre Freyheit und Ehrlichkeit, durch den Ge- burtsbrief, beweiſen muſten. Nach den Lehr-
jah-
b 5
<TEI><text><front><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0029"n="V"/><lb/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Einleitung.</hi> §. 3. 4.</fw><lb/><list><item>1. Nur die Entſtehung und Einrichtung der Gil-<lb/>
den gehoͤrt hieher; aber die Frage von ihrem<lb/>
jetzigen Werthe, gehoͤrt in die <hirendition="#fr">Polizey der<lb/>
Handwerke,</hi> das iſt, in den Theil der <hirendition="#fr">Stadt-<lb/>
polizey,</hi> der die Mittel lehrt, die Stadtge-<lb/>
werbe, alſo vornehmlich die Handwerke, zum<lb/>
Beſten des Staats zu regieren. Sie ſcheinen<lb/>
freylich bey ihrer Entſtehung eben ſo viel ge-<lb/>
nutzt zu haben, als ſie jetzt ſchaden. Schon<lb/>
im dreyzehnten Jahrhunderte machte man den<lb/>
Verſuch ſie abzuſchaffen, aber man muſte ihn<lb/>
aufgeben, nachdem er in Wuͤrzburg, Goslar<lb/>
u. a. O. Blut genug gekoſtet hatte. Selbſt<lb/>
im monarchiſchen, deſpotiſchen Frankreich,<lb/>
haben die Oekonomiſten die Aufhebung der<lb/>
Gilden nicht durchſetzen koͤnnen.</item><lb/><item>2. Die Urkunden, Rechnungen, Briefe und Gel-<lb/>
der der Jnnung, werden in der <hirendition="#fr">Meiſterlade</hi><lb/>
oder <hirendition="#fr">Lade</hi> verwahrt, die, wenn das <hirendition="#fr">Hand-<lb/>
werk,</hi> das iſt, die Gilde verſamlet iſt, geoͤf-<lb/>
net wird. Daher ruͤhrt der Ausdruck: <hirendition="#fr">bey<lb/>
offener Lade.</hi></item></list></div><lb/><divn="2"><head>§. 4.</head><lb/><p>Je kuͤnſtlicher die Handwerke wurden, de-<lb/>ſto mehr Uebung, Erfahrung und Zeit ver-<lb/>
langten ſie zu ihrer Erlernung. Daher fieng<lb/>
man an, Knaben <hirendition="#fr">in die Lehre zu nehmen,</hi><lb/>
oder <hirendition="#fr">einzuſchreiben, aufdingen zu laſſen,</hi><lb/>
die, um der Gilde ihr Anſehn zu erhalten,<lb/>
ihre Freyheit und Ehrlichkeit, durch den Ge-<lb/>
burtsbrief, beweiſen muſten. Nach den <hirendition="#fr">Lehr-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">b 5</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">jah-</hi></fw><lb/></p></div></div></front></text></TEI>
[V/0029]
Einleitung. §. 3. 4.
1. Nur die Entſtehung und Einrichtung der Gil-
den gehoͤrt hieher; aber die Frage von ihrem
jetzigen Werthe, gehoͤrt in die Polizey der
Handwerke, das iſt, in den Theil der Stadt-
polizey, der die Mittel lehrt, die Stadtge-
werbe, alſo vornehmlich die Handwerke, zum
Beſten des Staats zu regieren. Sie ſcheinen
freylich bey ihrer Entſtehung eben ſo viel ge-
nutzt zu haben, als ſie jetzt ſchaden. Schon
im dreyzehnten Jahrhunderte machte man den
Verſuch ſie abzuſchaffen, aber man muſte ihn
aufgeben, nachdem er in Wuͤrzburg, Goslar
u. a. O. Blut genug gekoſtet hatte. Selbſt
im monarchiſchen, deſpotiſchen Frankreich,
haben die Oekonomiſten die Aufhebung der
Gilden nicht durchſetzen koͤnnen.
2. Die Urkunden, Rechnungen, Briefe und Gel-
der der Jnnung, werden in der Meiſterlade
oder Lade verwahrt, die, wenn das Hand-
werk, das iſt, die Gilde verſamlet iſt, geoͤf-
net wird. Daher ruͤhrt der Ausdruck: bey
offener Lade.
§. 4.
Je kuͤnſtlicher die Handwerke wurden, de-
ſto mehr Uebung, Erfahrung und Zeit ver-
langten ſie zu ihrer Erlernung. Daher fieng
man an, Knaben in die Lehre zu nehmen,
oder einzuſchreiben, aufdingen zu laſſen,
die, um der Gilde ihr Anſehn zu erhalten,
ihre Freyheit und Ehrlichkeit, durch den Ge-
burtsbrief, beweiſen muſten. Nach den Lehr-
jah-
b 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beckmann, Johann: Anleitung zur Technologie. Göttingen, 1777, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beckmann_technologie_1777/29>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.