Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Grossbritannien.
bis 0,17 Prozent Phosphor. Ebenso gaben 1876 Danksöfen gute
Resultate in dem Eisenwerk von Heath. Einen verbesserten Ro-
tator mit Gasfeuerung führten Howson und Godfrey 1878 ein
(Patent vom 20. Dezember 1875). In Staffordshire waren 1876
auch Casson-Darmoy-Öfen mit mechanischen Rührern in Anwendung.
Bessere Ergebnisse erzielte man in Prices Retorten-Puddelöfen durch
Zusatz von reinem Hämatit. Der mechanische Betrieb, namentlich im
Rotator, gab in Cleveland zwar ein phosphorfreieres Eisen, konnte aber
mit dem basischen Konverter- und Flammofenbetrieb nicht konkurrieren.
-- Zum Drücken der Luppen wurde vielfach Winslows Luppenmühle
und Wil. Siemens hydraulische Luppenpresse (1879) angewendet.

In Süd-Staffordshire war 1876 B. Lloyds Patentachsen-Walz-
werksgesellschaft das grösste Eisen- und Stahlwerk geworden. Das
Patent bezog sich auf die Herstellung kreisförmiger Pakete aus keil-
förmig gewalzten Stäben.

Die Versuche, durch Verbesserungen den Puddelprozess und sein
Produkt, das Schweisseisen, gegenüber dem Flusseisen zu behaupten,
hatten nur vorübergehenden Erfolg.

Der Siegeslauf der Flussstahlfabrikation war seit dem
Jahre 1870 ein unaufhaltsamer. Ihr wendete sich das Interesse der
Metallurgen in Theorie und Praxis vorzugsweise zu, weil man ahnte,
dass ihr die Zukunft gehöre. Galt dies besonders von dem Konverter-
prozess, so nahm doch auch der Flammofen- oder Siemens-Martin-
Prozess in dem ersten Jahrzehnt schon einen ganz bedeutenden Auf-
schwung, wie die nachstehende Zusammenstellung zeigt.

Britische Erzeugung von Siemens-Martinstahl (Herdstahl)
von
1870 bis 1880 in Tonnen.

[Tabelle]

Es ist das hervorragende Verdienst des genialen William
C. Siemens
, dieses Verfahren eingeführt und nach verschiedenen
Richtungen ausgebildet zu haben. Er entwickelte den Flammofenprozess
in England in dreierlei Weise: 1. als Siemens-Martin-Verfahren, welches
in einem Zusammenschmelzen von Roheisen und Schmiedeeisen- oder

Groſsbritannien.
bis 0,17 Prozent Phosphor. Ebenso gaben 1876 Danksöfen gute
Resultate in dem Eisenwerk von Heath. Einen verbesserten Ro-
tator mit Gasfeuerung führten Howson und Godfrey 1878 ein
(Patent vom 20. Dezember 1875). In Staffordshire waren 1876
auch Casson-Darmoy-Öfen mit mechanischen Rührern in Anwendung.
Bessere Ergebnisse erzielte man in Prices Retorten-Puddelöfen durch
Zusatz von reinem Hämatit. Der mechanische Betrieb, namentlich im
Rotator, gab in Cleveland zwar ein phosphorfreieres Eisen, konnte aber
mit dem basischen Konverter- und Flammofenbetrieb nicht konkurrieren.
— Zum Drücken der Luppen wurde vielfach Winslows Luppenmühle
und Wil. Siemens hydraulische Luppenpresse (1879) angewendet.

In Süd-Staffordshire war 1876 B. Lloyds Patentachsen-Walz-
werksgesellschaft das gröſste Eisen- und Stahlwerk geworden. Das
Patent bezog sich auf die Herstellung kreisförmiger Pakete aus keil-
förmig gewalzten Stäben.

Die Versuche, durch Verbesserungen den Puddelprozeſs und sein
Produkt, das Schweiſseisen, gegenüber dem Fluſseisen zu behaupten,
hatten nur vorübergehenden Erfolg.

Der Siegeslauf der Fluſsstahlfabrikation war seit dem
Jahre 1870 ein unaufhaltsamer. Ihr wendete sich das Interesse der
Metallurgen in Theorie und Praxis vorzugsweise zu, weil man ahnte,
daſs ihr die Zukunft gehöre. Galt dies besonders von dem Konverter-
prozeſs, so nahm doch auch der Flammofen- oder Siemens-Martin-
Prozeſs in dem ersten Jahrzehnt schon einen ganz bedeutenden Auf-
schwung, wie die nachstehende Zusammenstellung zeigt.

Britische Erzeugung von Siemens-Martinstahl (Herdstahl)
von
1870 bis 1880 in Tonnen.

[Tabelle]

Es ist das hervorragende Verdienst des genialen William
C. Siemens
, dieses Verfahren eingeführt und nach verschiedenen
Richtungen ausgebildet zu haben. Er entwickelte den Flammofenprozeſs
in England in dreierlei Weise: 1. als Siemens-Martin-Verfahren, welches
in einem Zusammenschmelzen von Roheisen und Schmiedeeisen- oder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0935" n="919"/><fw place="top" type="header">Gro&#x017F;sbritannien.</fw><lb/>
bis 0,17 Prozent Phosphor. Ebenso gaben 1876 Danksöfen gute<lb/>
Resultate in dem Eisenwerk von <hi rendition="#g">Heath</hi>. Einen verbesserten Ro-<lb/>
tator mit Gasfeuerung führten <hi rendition="#g">Howson</hi> und <hi rendition="#g">Godfrey</hi> 1878 ein<lb/>
(Patent vom 20. Dezember 1875). In Staffordshire waren 1876<lb/>
auch Casson-Darmoy-Öfen mit mechanischen Rührern in Anwendung.<lb/>
Bessere Ergebnisse erzielte man in <hi rendition="#g">Prices</hi> Retorten-Puddelöfen durch<lb/>
Zusatz von reinem Hämatit. Der mechanische Betrieb, namentlich im<lb/>
Rotator, gab in Cleveland zwar ein phosphorfreieres Eisen, konnte aber<lb/>
mit dem basischen Konverter- und Flammofenbetrieb nicht konkurrieren.<lb/>
&#x2014; Zum Drücken der Luppen wurde vielfach <hi rendition="#g">Winslows</hi> Luppenmühle<lb/>
und <hi rendition="#g">Wil. Siemens</hi> hydraulische Luppenpresse (1879) angewendet.</p><lb/>
          <p>In Süd-Staffordshire war 1876 B. <hi rendition="#g">Lloyds</hi> Patentachsen-Walz-<lb/>
werksgesellschaft das grö&#x017F;ste Eisen- und Stahlwerk geworden. Das<lb/>
Patent bezog sich auf die Herstellung kreisförmiger Pakete aus keil-<lb/>
förmig gewalzten Stäben.</p><lb/>
          <p>Die Versuche, durch Verbesserungen den Puddelproze&#x017F;s und sein<lb/>
Produkt, das Schwei&#x017F;seisen, gegenüber dem Flu&#x017F;seisen zu behaupten,<lb/>
hatten nur vorübergehenden Erfolg.</p><lb/>
          <p>Der Siegeslauf der <hi rendition="#g">Flu&#x017F;sstahlfabrikation</hi> war seit dem<lb/>
Jahre 1870 ein unaufhaltsamer. Ihr wendete sich das Interesse der<lb/>
Metallurgen in Theorie und Praxis vorzugsweise zu, weil man ahnte,<lb/>
da&#x017F;s ihr die Zukunft gehöre. Galt dies besonders von dem Konverter-<lb/>
proze&#x017F;s, so nahm doch auch der Flammofen- oder Siemens-Martin-<lb/>
Proze&#x017F;s in dem ersten Jahrzehnt schon einen ganz bedeutenden Auf-<lb/>
schwung, wie die nachstehende Zusammenstellung zeigt.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Britische Erzeugung von Siemens-Martinstahl (Herdstahl)<lb/>
von</hi> 1870 <hi rendition="#g">bis</hi> 1880 <hi rendition="#g">in Tonnen</hi>.</hi> </p><lb/>
          <table>
            <row>
              <cell/>
            </row>
          </table>
          <p>Es ist das hervorragende Verdienst des genialen <hi rendition="#g">William<lb/>
C. Siemens</hi>, dieses Verfahren eingeführt und nach verschiedenen<lb/>
Richtungen ausgebildet zu haben. Er entwickelte den Flammofenproze&#x017F;s<lb/>
in England in dreierlei Weise: 1. als Siemens-Martin-Verfahren, welches<lb/>
in einem Zusammenschmelzen von Roheisen und Schmiedeeisen- oder<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[919/0935] Groſsbritannien. bis 0,17 Prozent Phosphor. Ebenso gaben 1876 Danksöfen gute Resultate in dem Eisenwerk von Heath. Einen verbesserten Ro- tator mit Gasfeuerung führten Howson und Godfrey 1878 ein (Patent vom 20. Dezember 1875). In Staffordshire waren 1876 auch Casson-Darmoy-Öfen mit mechanischen Rührern in Anwendung. Bessere Ergebnisse erzielte man in Prices Retorten-Puddelöfen durch Zusatz von reinem Hämatit. Der mechanische Betrieb, namentlich im Rotator, gab in Cleveland zwar ein phosphorfreieres Eisen, konnte aber mit dem basischen Konverter- und Flammofenbetrieb nicht konkurrieren. — Zum Drücken der Luppen wurde vielfach Winslows Luppenmühle und Wil. Siemens hydraulische Luppenpresse (1879) angewendet. In Süd-Staffordshire war 1876 B. Lloyds Patentachsen-Walz- werksgesellschaft das gröſste Eisen- und Stahlwerk geworden. Das Patent bezog sich auf die Herstellung kreisförmiger Pakete aus keil- förmig gewalzten Stäben. Die Versuche, durch Verbesserungen den Puddelprozeſs und sein Produkt, das Schweiſseisen, gegenüber dem Fluſseisen zu behaupten, hatten nur vorübergehenden Erfolg. Der Siegeslauf der Fluſsstahlfabrikation war seit dem Jahre 1870 ein unaufhaltsamer. Ihr wendete sich das Interesse der Metallurgen in Theorie und Praxis vorzugsweise zu, weil man ahnte, daſs ihr die Zukunft gehöre. Galt dies besonders von dem Konverter- prozeſs, so nahm doch auch der Flammofen- oder Siemens-Martin- Prozeſs in dem ersten Jahrzehnt schon einen ganz bedeutenden Auf- schwung, wie die nachstehende Zusammenstellung zeigt. Britische Erzeugung von Siemens-Martinstahl (Herdstahl) von 1870 bis 1880 in Tonnen. Es ist das hervorragende Verdienst des genialen William C. Siemens, dieses Verfahren eingeführt und nach verschiedenen Richtungen ausgebildet zu haben. Er entwickelte den Flammofenprozeſs in England in dreierlei Weise: 1. als Siemens-Martin-Verfahren, welches in einem Zusammenschmelzen von Roheisen und Schmiedeeisen- oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/935
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 919. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/935>, abgerufen am 01.06.2024.