Zu- und Abnahme der Fluss- und Schweisseisenproduktion. Die Linien nähern sich bis 1879, bewegen sich dann gemeinschaftlich aufwärts bis 1882, fallen dann gemeinschaftlich, aber ungleich und 1884 beginnt die Flusseisencurve wieder rasch zu steigen und durchschneidet bereits in diesem Jahre die Schweisseisenlinie, die jetzt tiefer und tiefer unter jener bleibt, indem die Schweisseisenerzeugung sich vermindert, die Flusseisenerzeugung nach kurzem Falle 1890 bis 1892 wieder rasch in die Höhe geht, so dass der Abstand beider Linien immer mehr zunimmt.
Der Konkurrenzkampf des Schweisseisens gab Anlass zu zahl- reichen Anstrengungen, den Bau und Betrieb der Puddelöfen zu verbessern. Man versuchte Siemens' Regenerativfeuerung auch auf die Puddelöfen zu übertragen, brachte Wasserkühlungen an den Seiten und unter dem Boden an, versuchte es mit den ver- schiedensten Stoffen zur Auskleidung des Herdbodens, erwärmte die Verbrennungsluft, blies Wind über der Feuerbrücke ein u. s. w. Die Zahl der für diese Verbesserungen genommenen Patente ist eine sehr bedeutende.
Die grössten Hoffnungen setzte man aber auf die rotierenden Öfen, besonders seit im Jahre 1870 sehr günstige Berichte über den von Danks in den Vereinigten Staaten erfundenen Rotator nach England gelangten. Das neugegründete Eisen- und Stahlinstitut schickte 1871 eine Kommission von Sachverständigen zum Studium der Danksöfen nach den Vereinigten Staaten (s. S. 591), die sich ebenfalls lobend aussprach, ganz besonders der Berichterstatter George J. Snelus. Man entschloss sich um so lieber zur Einführung dieses neuen Puddelverfahrens, als die Eisenarbeiter infolge des Auf- schwunges der Industrie Lohnerhöhungen verlangten und die Puddler und Schweisser wiederholt die Arbeit einstellten. Da der Betrieb des rotierenden Ofens nur wenige Hände zur Bedienung erforderte, so glaubte man sich dadurch den Forderungen der Puddler entziehen zu können. So wurden die Danksöfen eingeführt und zwar zuerst im Clevelandbezirk. Hopkins, Gilkes & Co. begannen damit auf ihrem Eisenwerk bei Middlesborough, dann folgte John A. Jones, eins der Kommissionsmitglieder, das bei Middlesborough ein Puddel- und Walzwerk mit 12 Danksöfen, die von drei Kupolöfen gespeist wurden, anlegte; ferner die Carlton-Werke, Tees-Side, hierauf Bolckow, Vaughan & Co. auf ihrem Eisenwerk Erimus. Aber auch in Süd-Wales sowie in anderen Provinzen wurden Danksöfen errichtet; 1872 waren 74 im Bau.
Groſsbritannien.
Zu- und Abnahme der Fluſs- und Schweiſseisenproduktion. Die Linien nähern sich bis 1879, bewegen sich dann gemeinschaftlich aufwärts bis 1882, fallen dann gemeinschaftlich, aber ungleich und 1884 beginnt die Fluſseisencurve wieder rasch zu steigen und durchschneidet bereits in diesem Jahre die Schweiſseisenlinie, die jetzt tiefer und tiefer unter jener bleibt, indem die Schweiſseisenerzeugung sich vermindert, die Fluſseisenerzeugung nach kurzem Falle 1890 bis 1892 wieder rasch in die Höhe geht, so daſs der Abstand beider Linien immer mehr zunimmt.
Der Konkurrenzkampf des Schweiſseisens gab Anlaſs zu zahl- reichen Anstrengungen, den Bau und Betrieb der Puddelöfen zu verbessern. Man versuchte Siemens’ Regenerativfeuerung auch auf die Puddelöfen zu übertragen, brachte Wasserkühlungen an den Seiten und unter dem Boden an, versuchte es mit den ver- schiedensten Stoffen zur Auskleidung des Herdbodens, erwärmte die Verbrennungsluft, blies Wind über der Feuerbrücke ein u. s. w. Die Zahl der für diese Verbesserungen genommenen Patente ist eine sehr bedeutende.
Die gröſsten Hoffnungen setzte man aber auf die rotierenden Öfen, besonders seit im Jahre 1870 sehr günstige Berichte über den von Danks in den Vereinigten Staaten erfundenen Rotator nach England gelangten. Das neugegründete Eisen- und Stahlinstitut schickte 1871 eine Kommission von Sachverständigen zum Studium der Danksöfen nach den Vereinigten Staaten (s. S. 591), die sich ebenfalls lobend aussprach, ganz besonders der Berichterstatter George J. Snelus. Man entschloſs sich um so lieber zur Einführung dieses neuen Puddelverfahrens, als die Eisenarbeiter infolge des Auf- schwunges der Industrie Lohnerhöhungen verlangten und die Puddler und Schweiſser wiederholt die Arbeit einstellten. Da der Betrieb des rotierenden Ofens nur wenige Hände zur Bedienung erforderte, so glaubte man sich dadurch den Forderungen der Puddler entziehen zu können. So wurden die Danksöfen eingeführt und zwar zuerst im Clevelandbezirk. Hopkins, Gilkes & Co. begannen damit auf ihrem Eisenwerk bei Middlesborough, dann folgte John A. Jones, eins der Kommissionsmitglieder, das bei Middlesborough ein Puddel- und Walzwerk mit 12 Danksöfen, die von drei Kupolöfen gespeist wurden, anlegte; ferner die Carlton-Werke, Tees-Side, hierauf Bolckow, Vaughan & Co. auf ihrem Eisenwerk Erimus. Aber auch in Süd-Wales sowie in anderen Provinzen wurden Danksöfen errichtet; 1872 waren 74 im Bau.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0930"n="914"/><fwplace="top"type="header">Groſsbritannien.</fw><lb/>
Zu- und Abnahme der Fluſs- und Schweiſseisenproduktion. Die Linien<lb/>
nähern sich bis 1879, bewegen sich dann gemeinschaftlich aufwärts<lb/>
bis 1882, fallen dann gemeinschaftlich, aber ungleich und 1884 beginnt<lb/>
die Fluſseisencurve wieder rasch zu steigen und durchschneidet bereits<lb/>
in diesem Jahre die Schweiſseisenlinie, die jetzt tiefer und tiefer unter<lb/>
jener bleibt, indem die Schweiſseisenerzeugung sich vermindert, die<lb/>
Fluſseisenerzeugung nach kurzem Falle 1890 bis 1892 wieder rasch<lb/>
in die Höhe geht, so daſs der Abstand beider Linien immer mehr<lb/>
zunimmt.</p><lb/><p>Der Konkurrenzkampf des Schweiſseisens gab Anlaſs zu zahl-<lb/>
reichen Anstrengungen, den Bau und Betrieb der Puddelöfen zu<lb/>
verbessern. Man versuchte <hirendition="#g">Siemens’</hi> Regenerativfeuerung auch<lb/>
auf die Puddelöfen zu übertragen, brachte Wasserkühlungen an<lb/>
den Seiten und unter dem Boden an, versuchte es mit den ver-<lb/>
schiedensten Stoffen zur Auskleidung des Herdbodens, erwärmte<lb/>
die Verbrennungsluft, blies Wind über der Feuerbrücke ein u. s. w.<lb/>
Die Zahl der für diese Verbesserungen genommenen Patente ist eine<lb/>
sehr bedeutende.</p><lb/><p>Die gröſsten Hoffnungen setzte man aber auf die rotierenden<lb/>
Öfen, besonders seit im Jahre 1870 sehr günstige Berichte über den<lb/>
von <hirendition="#g">Danks</hi> in den Vereinigten Staaten erfundenen Rotator nach<lb/>
England gelangten. Das neugegründete Eisen- und Stahlinstitut<lb/>
schickte 1871 eine Kommission von Sachverständigen zum Studium<lb/>
der Danksöfen nach den Vereinigten Staaten (s. S. 591), die sich<lb/>
ebenfalls lobend aussprach, ganz besonders der Berichterstatter<lb/><hirendition="#g">George J. Snelus</hi>. Man entschloſs sich um so lieber zur Einführung<lb/>
dieses neuen Puddelverfahrens, als die Eisenarbeiter infolge des Auf-<lb/>
schwunges der Industrie Lohnerhöhungen verlangten und die Puddler<lb/>
und Schweiſser wiederholt die Arbeit einstellten. Da der Betrieb des<lb/>
rotierenden Ofens nur wenige Hände zur Bedienung erforderte, so<lb/>
glaubte man sich dadurch den Forderungen der Puddler entziehen zu<lb/>
können. So wurden die Danksöfen eingeführt und zwar zuerst im<lb/>
Clevelandbezirk. <hirendition="#g">Hopkins, Gilkes & Co.</hi> begannen damit auf ihrem<lb/>
Eisenwerk bei Middlesborough, dann folgte <hirendition="#g">John A. Jones</hi>, eins<lb/>
der Kommissionsmitglieder, das bei Middlesborough ein Puddel-<lb/>
und Walzwerk mit 12 Danksöfen, die von drei Kupolöfen gespeist<lb/>
wurden, anlegte; ferner die Carlton-Werke, Tees-Side, hierauf<lb/><hirendition="#g">Bolckow, Vaughan & Co.</hi> auf ihrem Eisenwerk Erimus. Aber auch<lb/>
in Süd-Wales sowie in anderen Provinzen wurden Danksöfen errichtet;<lb/>
1872 waren 74 im Bau.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[914/0930]
Groſsbritannien.
Zu- und Abnahme der Fluſs- und Schweiſseisenproduktion. Die Linien
nähern sich bis 1879, bewegen sich dann gemeinschaftlich aufwärts
bis 1882, fallen dann gemeinschaftlich, aber ungleich und 1884 beginnt
die Fluſseisencurve wieder rasch zu steigen und durchschneidet bereits
in diesem Jahre die Schweiſseisenlinie, die jetzt tiefer und tiefer unter
jener bleibt, indem die Schweiſseisenerzeugung sich vermindert, die
Fluſseisenerzeugung nach kurzem Falle 1890 bis 1892 wieder rasch
in die Höhe geht, so daſs der Abstand beider Linien immer mehr
zunimmt.
Der Konkurrenzkampf des Schweiſseisens gab Anlaſs zu zahl-
reichen Anstrengungen, den Bau und Betrieb der Puddelöfen zu
verbessern. Man versuchte Siemens’ Regenerativfeuerung auch
auf die Puddelöfen zu übertragen, brachte Wasserkühlungen an
den Seiten und unter dem Boden an, versuchte es mit den ver-
schiedensten Stoffen zur Auskleidung des Herdbodens, erwärmte
die Verbrennungsluft, blies Wind über der Feuerbrücke ein u. s. w.
Die Zahl der für diese Verbesserungen genommenen Patente ist eine
sehr bedeutende.
Die gröſsten Hoffnungen setzte man aber auf die rotierenden
Öfen, besonders seit im Jahre 1870 sehr günstige Berichte über den
von Danks in den Vereinigten Staaten erfundenen Rotator nach
England gelangten. Das neugegründete Eisen- und Stahlinstitut
schickte 1871 eine Kommission von Sachverständigen zum Studium
der Danksöfen nach den Vereinigten Staaten (s. S. 591), die sich
ebenfalls lobend aussprach, ganz besonders der Berichterstatter
George J. Snelus. Man entschloſs sich um so lieber zur Einführung
dieses neuen Puddelverfahrens, als die Eisenarbeiter infolge des Auf-
schwunges der Industrie Lohnerhöhungen verlangten und die Puddler
und Schweiſser wiederholt die Arbeit einstellten. Da der Betrieb des
rotierenden Ofens nur wenige Hände zur Bedienung erforderte, so
glaubte man sich dadurch den Forderungen der Puddler entziehen zu
können. So wurden die Danksöfen eingeführt und zwar zuerst im
Clevelandbezirk. Hopkins, Gilkes & Co. begannen damit auf ihrem
Eisenwerk bei Middlesborough, dann folgte John A. Jones, eins
der Kommissionsmitglieder, das bei Middlesborough ein Puddel-
und Walzwerk mit 12 Danksöfen, die von drei Kupolöfen gespeist
wurden, anlegte; ferner die Carlton-Werke, Tees-Side, hierauf
Bolckow, Vaughan & Co. auf ihrem Eisenwerk Erimus. Aber auch
in Süd-Wales sowie in anderen Provinzen wurden Danksöfen errichtet;
1872 waren 74 im Bau.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 914. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/930>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.