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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern.


Allgemeines.

Kein Zeitabschnitt von gleicher Dauer weist so grossartige Fort-
schritte in der Eisenindustrie auf, als die letztverflossenen 30 Jahre
seit 1870. An diesen Fortschritten nahmen alle Kulturländer, ja man
kann sagen, alle Länder der Erde teil, wenn auch nach Eigenart und
Verhältnissen in verschiedenem Masse. Die Allgemeinheit, die Inter-
nationalität dieser Fortschritte, kann als das wichtigste Merkzeichen
dieser Periode bezeichnet werden. Sie war ermöglicht und veranlasst
durch die ausserordentliche Entwickelung des Verkehrs, welche selbst
wieder eine Folgeerscheinung der fortschreitenden Entwickelung der
Eisenindustrie war. An den Erfindungen und Verbesserungen, welche
zu dem grossen Aufschwung der Eisenindustrie beitrugen, haben alle
Kulturvölker mitgewirkt. Es war nicht mehr möglich, eine wichtige
Erfindung auf diesem Gebiete geheim zu halten und für ein Land zu
monopolisieren, wie dies früher z. B. mit der Erfindung des Gussstahls
von Benjamin Huntsman in England geschehen war. Die ganze
Welt, alle Metallurgen der Erde standen in Gedankenaustausch und
arbeiteten zusammen, und da diese Arbeiten sich häufig auf denselben
Gegenstand bezogen, wurden nicht selten dieselben oder ähnliche Ver-
besserungen in ganz verschiedenen Ländern gleichzeitig erfunden und
eingeführt. War aber eine wichtige Erfindung gemacht, so wurde sie
nicht verheimlicht, sondern veröffentlicht und verbreitete sich alsbald
in alle Länder, die daran Interesse nahmen. Dies war um so mehr
der Fall, als die Erfindungen durch Patente geschützt wurden, und
diese Patente selbst zum Bekanntwerden der Erfindung und zu ihrer
Verbreitung beitrugen. Die wichtigsten wissenschaftlichen und tech-
nischen Verbesserungen auf dem Gebiete der Eisenindustrie sind im
vorhergehenden allgemeinen Abschnitt aufgeführt und beschrieben.
Unsere Aufgabe in diesem Teil ist es, den Anteil der einzelnen Länder an


Die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern.


Allgemeines.

Kein Zeitabschnitt von gleicher Dauer weist so groſsartige Fort-
schritte in der Eisenindustrie auf, als die letztverflossenen 30 Jahre
seit 1870. An diesen Fortschritten nahmen alle Kulturländer, ja man
kann sagen, alle Länder der Erde teil, wenn auch nach Eigenart und
Verhältnissen in verschiedenem Maſse. Die Allgemeinheit, die Inter-
nationalität dieser Fortschritte, kann als das wichtigste Merkzeichen
dieser Periode bezeichnet werden. Sie war ermöglicht und veranlaſst
durch die auſserordentliche Entwickelung des Verkehrs, welche selbst
wieder eine Folgeerscheinung der fortschreitenden Entwickelung der
Eisenindustrie war. An den Erfindungen und Verbesserungen, welche
zu dem groſsen Aufschwung der Eisenindustrie beitrugen, haben alle
Kulturvölker mitgewirkt. Es war nicht mehr möglich, eine wichtige
Erfindung auf diesem Gebiete geheim zu halten und für ein Land zu
monopolisieren, wie dies früher z. B. mit der Erfindung des Guſsstahls
von Benjamin Huntsman in England geschehen war. Die ganze
Welt, alle Metallurgen der Erde standen in Gedankenaustausch und
arbeiteten zusammen, und da diese Arbeiten sich häufig auf denselben
Gegenstand bezogen, wurden nicht selten dieselben oder ähnliche Ver-
besserungen in ganz verschiedenen Ländern gleichzeitig erfunden und
eingeführt. War aber eine wichtige Erfindung gemacht, so wurde sie
nicht verheimlicht, sondern veröffentlicht und verbreitete sich alsbald
in alle Länder, die daran Interesse nahmen. Dies war um so mehr
der Fall, als die Erfindungen durch Patente geschützt wurden, und
diese Patente selbst zum Bekanntwerden der Erfindung und zu ihrer
Verbreitung beitrugen. Die wichtigsten wissenschaftlichen und tech-
nischen Verbesserungen auf dem Gebiete der Eisenindustrie sind im
vorhergehenden allgemeinen Abschnitt aufgeführt und beschrieben.
Unsere Aufgabe in diesem Teil ist es, den Anteil der einzelnen Länder an


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[[895]/0911] Die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern. Allgemeines. Kein Zeitabschnitt von gleicher Dauer weist so groſsartige Fort- schritte in der Eisenindustrie auf, als die letztverflossenen 30 Jahre seit 1870. An diesen Fortschritten nahmen alle Kulturländer, ja man kann sagen, alle Länder der Erde teil, wenn auch nach Eigenart und Verhältnissen in verschiedenem Maſse. Die Allgemeinheit, die Inter- nationalität dieser Fortschritte, kann als das wichtigste Merkzeichen dieser Periode bezeichnet werden. Sie war ermöglicht und veranlaſst durch die auſserordentliche Entwickelung des Verkehrs, welche selbst wieder eine Folgeerscheinung der fortschreitenden Entwickelung der Eisenindustrie war. An den Erfindungen und Verbesserungen, welche zu dem groſsen Aufschwung der Eisenindustrie beitrugen, haben alle Kulturvölker mitgewirkt. Es war nicht mehr möglich, eine wichtige Erfindung auf diesem Gebiete geheim zu halten und für ein Land zu monopolisieren, wie dies früher z. B. mit der Erfindung des Guſsstahls von Benjamin Huntsman in England geschehen war. Die ganze Welt, alle Metallurgen der Erde standen in Gedankenaustausch und arbeiteten zusammen, und da diese Arbeiten sich häufig auf denselben Gegenstand bezogen, wurden nicht selten dieselben oder ähnliche Ver- besserungen in ganz verschiedenen Ländern gleichzeitig erfunden und eingeführt. War aber eine wichtige Erfindung gemacht, so wurde sie nicht verheimlicht, sondern veröffentlicht und verbreitete sich alsbald in alle Länder, die daran Interesse nahmen. Dies war um so mehr der Fall, als die Erfindungen durch Patente geschützt wurden, und diese Patente selbst zum Bekanntwerden der Erfindung und zu ihrer Verbreitung beitrugen. Die wichtigsten wissenschaftlichen und tech- nischen Verbesserungen auf dem Gebiete der Eisenindustrie sind im vorhergehenden allgemeinen Abschnitt aufgeführt und beschrieben. Unsere Aufgabe in diesem Teil ist es, den Anteil der einzelnen Länder an

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. [895]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/911>, abgerufen am 23.11.2024.