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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Feuerwaffen.
ziehungsweise Presshämmern, wurde das Material noch wesentlich
verbessert 1).

Seit 1898 kamen bei der Feldartillerie die Schnellfeuergeschütze
zur Einführung, deren Konstruktion mit den Magazingewehren Ahnlich-
keit hatte und ein vorzügliches Material verlangt.

Mit der Umwandlung der Feldgeschütze ging die der Geschosse 2)
Hand in Hand. Nicht nur die gusseisernen Vollkugeln, sondern auch
die gusseisernen Granaten sind verschwunden. An Stelle dieser traten
dünnwandige, röhrenförmige Granaten und Schrapnells (Fernstreu-
geschosse) aus Stahl, die durch Schmieden, durch Stanzen und Pressen
oder durch Schrägwalzen nahtlos hergestellt werden. Krupp verfertigte
bereits Ende der siebziger Jahre solche Granaten. Das Mannesmann-
verfahren hat sich für diesen Zweck gut bewährt, ebenso das von
H. Ehrhardt.

Die Gestalt der Geschosse änderte sich wesentlich. Um eine
grössere Wirkung zu erzeugen, mussten die Geschosse schwerer werden,
was unter Beibehaltung des Durchmessers nur durch Verlängerung
geschehen konnte. Man machte sie bis zu sechs Kaliber Länge, wo-
durch sie die Gestalt von länglichen Röhren, ähnlich wie Cigarren,
erhielten. Die Härtung der Spitze oder des Kopfes der Geschosse ist,
namentlich für die gegen Panzerplatten zur Verwendung kommenden,
eine wichtige Sache, wofür zahlreiche Patente genommen worden sind.

Lafetten 3) und Protzen werden jetzt ebenfalls nur noch aus
Flussstahl hergestellt. Das Holz ist verschwunden. Alle dickeren
Teile werden aus Hohlkörpern hergestellt, besonders Achsen, Speichen
und Radkranz. Auch hierfür hat sich Mannesmanns Schrägwalz-
verfahren bewährt. Gute Stahllafetten liefert das Grusonwerk
(Friedrich Krupp) nach seinem Patent (D. R. P. Nr. 54029).

Für die schweren Geschütze -- Belagerungs- und Schiffskanonen --
hatte sich das von Armstrong zuerst praktisch durchgeführte Mantel-
system am besten bewährt und war auch Krupp dazu übergegangen,
nachdem es sich gezeigt hatte, dass entsprechend starke Massivrohre
auch von tadellosem Stahlmaterial leichter dem Zerspringen ausgesetzt
sind. Hierbei werden vorgewärmte Ringe oder Cylinder über das
Seelenrohr gezogen, das sie nach dem Erkalten durch ihre Zusammen-
ziehung so dicht umschliessen, als ob Rohr und Ring ein Körper
sei. Es ist dies eine Anwendung des Verbundprinzips, wie es beim

1) Weiteres ist in den Abhandlungen von J. Castner nachzulesen in Stahl
und Eisen 1891.
2) Siehe Stahl und Eisen 1896, S. 500.
3) Daselbst 1898, S. 1069.

Feuerwaffen.
ziehungsweise Preſshämmern, wurde das Material noch wesentlich
verbessert 1).

Seit 1898 kamen bei der Feldartillerie die Schnellfeuergeschütze
zur Einführung, deren Konstruktion mit den Magazingewehren Ahnlich-
keit hatte und ein vorzügliches Material verlangt.

Mit der Umwandlung der Feldgeschütze ging die der Geschosse 2)
Hand in Hand. Nicht nur die guſseisernen Vollkugeln, sondern auch
die guſseisernen Granaten sind verschwunden. An Stelle dieser traten
dünnwandige, röhrenförmige Granaten und Schrapnells (Fernstreu-
geschosse) aus Stahl, die durch Schmieden, durch Stanzen und Pressen
oder durch Schrägwalzen nahtlos hergestellt werden. Krupp verfertigte
bereits Ende der siebziger Jahre solche Granaten. Das Mannesmann-
verfahren hat sich für diesen Zweck gut bewährt, ebenso das von
H. Ehrhardt.

Die Gestalt der Geschosse änderte sich wesentlich. Um eine
gröſsere Wirkung zu erzeugen, muſsten die Geschosse schwerer werden,
was unter Beibehaltung des Durchmessers nur durch Verlängerung
geschehen konnte. Man machte sie bis zu sechs Kaliber Länge, wo-
durch sie die Gestalt von länglichen Röhren, ähnlich wie Cigarren,
erhielten. Die Härtung der Spitze oder des Kopfes der Geschosse ist,
namentlich für die gegen Panzerplatten zur Verwendung kommenden,
eine wichtige Sache, wofür zahlreiche Patente genommen worden sind.

Lafetten 3) und Protzen werden jetzt ebenfalls nur noch aus
Fluſsstahl hergestellt. Das Holz ist verschwunden. Alle dickeren
Teile werden aus Hohlkörpern hergestellt, besonders Achsen, Speichen
und Radkranz. Auch hierfür hat sich Mannesmanns Schrägwalz-
verfahren bewährt. Gute Stahllafetten liefert das Grusonwerk
(Friedrich Krupp) nach seinem Patent (D. R. P. Nr. 54029).

Für die schweren Geschütze — Belagerungs- und Schiffskanonen —
hatte sich das von Armstrong zuerst praktisch durchgeführte Mantel-
system am besten bewährt und war auch Krupp dazu übergegangen,
nachdem es sich gezeigt hatte, daſs entsprechend starke Massivrohre
auch von tadellosem Stahlmaterial leichter dem Zerspringen ausgesetzt
sind. Hierbei werden vorgewärmte Ringe oder Cylinder über das
Seelenrohr gezogen, das sie nach dem Erkalten durch ihre Zusammen-
ziehung so dicht umschlieſsen, als ob Rohr und Ring ein Körper
sei. Es ist dies eine Anwendung des Verbundprinzips, wie es beim

1) Weiteres ist in den Abhandlungen von J. Castner nachzulesen in Stahl
und Eisen 1891.
2) Siehe Stahl und Eisen 1896, S. 500.
3) Daselbst 1898, S. 1069.
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[886/0902] Feuerwaffen. ziehungsweise Preſshämmern, wurde das Material noch wesentlich verbessert 1). Seit 1898 kamen bei der Feldartillerie die Schnellfeuergeschütze zur Einführung, deren Konstruktion mit den Magazingewehren Ahnlich- keit hatte und ein vorzügliches Material verlangt. Mit der Umwandlung der Feldgeschütze ging die der Geschosse 2) Hand in Hand. Nicht nur die guſseisernen Vollkugeln, sondern auch die guſseisernen Granaten sind verschwunden. An Stelle dieser traten dünnwandige, röhrenförmige Granaten und Schrapnells (Fernstreu- geschosse) aus Stahl, die durch Schmieden, durch Stanzen und Pressen oder durch Schrägwalzen nahtlos hergestellt werden. Krupp verfertigte bereits Ende der siebziger Jahre solche Granaten. Das Mannesmann- verfahren hat sich für diesen Zweck gut bewährt, ebenso das von H. Ehrhardt. Die Gestalt der Geschosse änderte sich wesentlich. Um eine gröſsere Wirkung zu erzeugen, muſsten die Geschosse schwerer werden, was unter Beibehaltung des Durchmessers nur durch Verlängerung geschehen konnte. Man machte sie bis zu sechs Kaliber Länge, wo- durch sie die Gestalt von länglichen Röhren, ähnlich wie Cigarren, erhielten. Die Härtung der Spitze oder des Kopfes der Geschosse ist, namentlich für die gegen Panzerplatten zur Verwendung kommenden, eine wichtige Sache, wofür zahlreiche Patente genommen worden sind. Lafetten 3) und Protzen werden jetzt ebenfalls nur noch aus Fluſsstahl hergestellt. Das Holz ist verschwunden. Alle dickeren Teile werden aus Hohlkörpern hergestellt, besonders Achsen, Speichen und Radkranz. Auch hierfür hat sich Mannesmanns Schrägwalz- verfahren bewährt. Gute Stahllafetten liefert das Grusonwerk (Friedrich Krupp) nach seinem Patent (D. R. P. Nr. 54029). Für die schweren Geschütze — Belagerungs- und Schiffskanonen — hatte sich das von Armstrong zuerst praktisch durchgeführte Mantel- system am besten bewährt und war auch Krupp dazu übergegangen, nachdem es sich gezeigt hatte, daſs entsprechend starke Massivrohre auch von tadellosem Stahlmaterial leichter dem Zerspringen ausgesetzt sind. Hierbei werden vorgewärmte Ringe oder Cylinder über das Seelenrohr gezogen, das sie nach dem Erkalten durch ihre Zusammen- ziehung so dicht umschlieſsen, als ob Rohr und Ring ein Körper sei. Es ist dies eine Anwendung des Verbundprinzips, wie es beim 1) Weiteres ist in den Abhandlungen von J. Castner nachzulesen in Stahl und Eisen 1891. 2) Siehe Stahl und Eisen 1896, S. 500. 3) Daselbst 1898, S. 1069.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 886. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/902>, abgerufen am 23.11.2024.