Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
Schwefelverbindungen, keine günstigen Resultate ergeben hatten. Als Aufschliessungsmittel für die Thomasschlacke bewährte sich Salz- säure am besten. Thomas und Gilchrist empfahlen schon 1881 (D. R. P. Nr. 13554) Aufschliessen mit Salzsäure, Fällen als phosphor- sauren Kalk, und Verschmelzen dieses Niederschlages mit Gipspulver zur Verwendung als Düngestoff. Georg Rocour empfahl 1883 redu- cierendes Schmelzen der Schlacke mit Eisen in einem Schachtofen und Behandlung des angereicherten Lechs von Phosphoreisen.
Eine grössere praktische Bedeutung erlangte seit 1883 das Verfahren von Professor C. Scheibler (D. R. P. Nr. 25020 und Nr. 34416), welches in Hörde ausgeführt wurde. Er verarbeitete nur die phosphorreichste Schlacke, welche durch ein fraktioniertes Verfahren, d. h. durch Ab- giessen vor dem letzten Kalkzusatz und vor Beendigung der Ent- phosphorung, erhalten wurde. Diese Schlacke wird dann einer oxy- dierenden Röstung unterworfen und hierauf der Einwirkung von Wasserdampf ausgesetzt, wodurch sie unter Bildung von Kalkhydrat zerfällt. Letzteres wird mit Wasser abgeschlämmt und dann die Phosphorsäure mit verdünnter Salzsäure gelöst. Aus dieser Lösung wird die Phosphorsäure mit Kalkmilch ausgefällt. Das Kalkphosphat kann direkt als Dünger verwendet oder zuvor durch Schwefelsäure in Superphosphat übergeführt werden. Diese Phosphatfabrikation kam zu Schalke in Westfalen und zu Stolberg zur Ausführung.
Das Scheiblersche Verfahren ist aber nicht nur wegen der Gewinnung phosphorreicher Düngemittel aus Thomasschlacke von besonderem Interesse, sondern es ist auch unter gewissen Umständen als eine Verbesserung des Thomasprozesses anzusehen. Durch das Abgiessen der phosphorsäurereichen Schlacke vor Beendigung des Nachblasens wird der Kalkzuschlag auf etwa zwei Drittel verringert. Damit steht in Verbindung eine Verminderung des Abbrandes und die Möglichkeit grösserer Einsätze. Hierdurch und durch Verringerung der Blasezeit wird auch der Zeitverlust, der durch die Unterbrechung des Betriebes beim Abgiessen der ersten Schlacke entsteht, wenigstens zum Teil wieder eingebracht 1).
Dr. Frank, Charlottenburg, bewirkte die Aufschliessung der Thomasschlacke durch Chlormagnesium, um phosphorsaure Ammoniak- Magnesia als Schlussprodukt zu erhalten (D. R. P. Nr. 27106).
Blum zu Esch wollte die Phosphorsäure in wasserlösliches, ba- sisches Natronsalz verwandeln, durch Zusatz von calcinierter Soda
1) Vergl. Stahl und Eisen 1894, S. 1097.
Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
Schwefelverbindungen, keine günstigen Resultate ergeben hatten. Als Aufschlieſsungsmittel für die Thomasschlacke bewährte sich Salz- säure am besten. Thomas und Gilchrist empfahlen schon 1881 (D. R. P. Nr. 13554) Aufschlieſsen mit Salzsäure, Fällen als phosphor- sauren Kalk, und Verschmelzen dieses Niederschlages mit Gipspulver zur Verwendung als Düngestoff. Georg Rocour empfahl 1883 redu- cierendes Schmelzen der Schlacke mit Eisen in einem Schachtofen und Behandlung des angereicherten Lechs von Phosphoreisen.
Eine gröſsere praktische Bedeutung erlangte seit 1883 das Verfahren von Professor C. Scheibler (D. R. P. Nr. 25020 und Nr. 34416), welches in Hörde ausgeführt wurde. Er verarbeitete nur die phosphorreichste Schlacke, welche durch ein fraktioniertes Verfahren, d. h. durch Ab- gieſsen vor dem letzten Kalkzusatz und vor Beendigung der Ent- phosphorung, erhalten wurde. Diese Schlacke wird dann einer oxy- dierenden Röstung unterworfen und hierauf der Einwirkung von Wasserdampf ausgesetzt, wodurch sie unter Bildung von Kalkhydrat zerfällt. Letzteres wird mit Wasser abgeschlämmt und dann die Phosphorsäure mit verdünnter Salzsäure gelöst. Aus dieser Lösung wird die Phosphorsäure mit Kalkmilch ausgefällt. Das Kalkphosphat kann direkt als Dünger verwendet oder zuvor durch Schwefelsäure in Superphosphat übergeführt werden. Diese Phosphatfabrikation kam zu Schalke in Westfalen und zu Stolberg zur Ausführung.
Das Scheiblersche Verfahren ist aber nicht nur wegen der Gewinnung phosphorreicher Düngemittel aus Thomasschlacke von besonderem Interesse, sondern es ist auch unter gewissen Umständen als eine Verbesserung des Thomasprozesses anzusehen. Durch das Abgieſsen der phosphorsäurereichen Schlacke vor Beendigung des Nachblasens wird der Kalkzuschlag auf etwa zwei Drittel verringert. Damit steht in Verbindung eine Verminderung des Abbrandes und die Möglichkeit gröſserer Einsätze. Hierdurch und durch Verringerung der Blasezeit wird auch der Zeitverlust, der durch die Unterbrechung des Betriebes beim Abgieſsen der ersten Schlacke entsteht, wenigstens zum Teil wieder eingebracht 1).
Dr. Frank, Charlottenburg, bewirkte die Aufschlieſsung der Thomasschlacke durch Chlormagnesium, um phosphorsaure Ammoniak- Magnesia als Schluſsprodukt zu erhalten (D. R. P. Nr. 27106).
Blum zu Esch wollte die Phosphorsäure in wasserlösliches, ba- sisches Natronsalz verwandeln, durch Zusatz von calcinierter Soda
1) Vergl. Stahl und Eisen 1894, S. 1097.
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Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
Schwefelverbindungen, keine günstigen Resultate ergeben hatten.
Als Aufschlieſsungsmittel für die Thomasschlacke bewährte sich Salz-
säure am besten. Thomas und Gilchrist empfahlen schon 1881
(D. R. P. Nr. 13554) Aufschlieſsen mit Salzsäure, Fällen als phosphor-
sauren Kalk, und Verschmelzen dieses Niederschlages mit Gipspulver
zur Verwendung als Düngestoff. Georg Rocour empfahl 1883 redu-
cierendes Schmelzen der Schlacke mit Eisen in einem Schachtofen
und Behandlung des angereicherten Lechs von Phosphoreisen.
Eine gröſsere praktische Bedeutung erlangte seit 1883 das Verfahren
von Professor C. Scheibler (D. R. P. Nr. 25020 und Nr. 34416), welches
in Hörde ausgeführt wurde. Er verarbeitete nur die phosphorreichste
Schlacke, welche durch ein fraktioniertes Verfahren, d. h. durch Ab-
gieſsen vor dem letzten Kalkzusatz und vor Beendigung der Ent-
phosphorung, erhalten wurde. Diese Schlacke wird dann einer oxy-
dierenden Röstung unterworfen und hierauf der Einwirkung von
Wasserdampf ausgesetzt, wodurch sie unter Bildung von Kalkhydrat
zerfällt. Letzteres wird mit Wasser abgeschlämmt und dann die
Phosphorsäure mit verdünnter Salzsäure gelöst. Aus dieser Lösung
wird die Phosphorsäure mit Kalkmilch ausgefällt. Das Kalkphosphat
kann direkt als Dünger verwendet oder zuvor durch Schwefelsäure in
Superphosphat übergeführt werden. Diese Phosphatfabrikation kam
zu Schalke in Westfalen und zu Stolberg zur Ausführung.
Das Scheiblersche Verfahren ist aber nicht nur wegen der
Gewinnung phosphorreicher Düngemittel aus Thomasschlacke von
besonderem Interesse, sondern es ist auch unter gewissen Umständen
als eine Verbesserung des Thomasprozesses anzusehen. Durch das
Abgieſsen der phosphorsäurereichen Schlacke vor Beendigung des
Nachblasens wird der Kalkzuschlag auf etwa zwei Drittel verringert.
Damit steht in Verbindung eine Verminderung des Abbrandes und die
Möglichkeit gröſserer Einsätze. Hierdurch und durch Verringerung
der Blasezeit wird auch der Zeitverlust, der durch die Unterbrechung
des Betriebes beim Abgieſsen der ersten Schlacke entsteht, wenigstens
zum Teil wieder eingebracht 1).
Dr. Frank, Charlottenburg, bewirkte die Aufschlieſsung der
Thomasschlacke durch Chlormagnesium, um phosphorsaure Ammoniak-
Magnesia als Schluſsprodukt zu erhalten (D. R. P. Nr. 27106).
Blum zu Esch wollte die Phosphorsäure in wasserlösliches, ba-
sisches Natronsalz verwandeln, durch Zusatz von calcinierter Soda
1) Vergl. Stahl und Eisen 1894, S. 1097.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/708>, abgerufen am 27.11.2024.
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