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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Kleinbessemerei.

Franz Horn in Duisburg machte 1886 den Vorschlag, die Birne
direkt in einem Gerüst aufzuhängen, das als Wage diente, um sogleich
die Chargen abzuwiegen.

In den Vereinigten Staaten wurden die Clapp-Griffithöfen seit
1883 mit Erfolg weiter betrieben, 1886 waren sie auf neun Werken
eingeführt, am 15. Februar standen sechs, am 1. Juli 10 Öfen im
Betriebe. Eine der vollkommensten Anlagen war die der Glasgow-Eisen-
gesellschaft zu Pottstown, Pa., welche 100 bis 150 Tonnen täglich
erzeugte. Das Produkt war gut walz- und schweissbar, weich und
gleichmässig. Der Clapp-Griffithkonverter der Anlage der Nail Com-
pany zu Belleville bei St. Louis hatte 1143 mm Durchmesser. Der
Wind trat durch sechs 230 mm über dem Boden befindlichen Düsen
von zusammen 38 mm Durchmesser mit einem Überdruck von
0,6 Atmosphären ein. Jede Charge lieferte 1800 kg, bei Zusatz von
1,25 Prozent Ferromangan und ca. 86 Prozent Ausbringen. Der Ab-
brand schwankte von 12 bis 15 Prozent. Man machte 34 Hitzen in
der Stunde und erhielt 80 bis 100 Tonnen den Tag.

In Avesta in Schweden war man 1887 zu der Überzeugung ge-
langt, dass die kleinen Chargen unvorteilhaft seien, und erhöhte
dieselben auf 1020 kg.

In Frankreich gab sich Direktor Robert zu Stenay grosse Mühe
mit dem Kleinbetrieb in den Öfen von Walrand-Delattre. Dort
waren 1887 vier Öfen im Betriebe. Robert änderte den kreisförmigen
Querschnitt der Birne in einen halbkreisförmigen, Fig. 273, um, die
Düsen brachte er, wie beim Clapp-Griffithkonverter, seitlich an und
zwar alle in der flachen Vorderwand. Durch Schrägstellung der
Birne kann man den Wind mehr oder weniger tief unter der Ober-
fläche des Metalles einführen. Dabei hatten die Düsen eine schiefe
Stellung zur Mittelachse, wodurch die Metallmasse beim Blasen in
Drehbewegung versetzt werden sollte. Den regelmässigen basischen
Betrieb führte man erst 1886 in Stenay ein. Das Futter bestand
wie bei den Thomasbirnen aus Dolomit und Teer. Der Einsatz be-
trug 800 bis 1100 kg., die Pressung 1/3 bis 1/2 Atmosphäre Überdruck,
die Blasezeit acht bis zehn Minuten. Vor dem Ausgiessen wurde
1 Prozent Ferromangan zugesetzt. Ein Dolomitfutter hielt 80 bis 90
Güsse aus. Mit zwei Konvertern konnte man bequem zwei Güsse in
einer Stunde machen. Der Stahl war heiss und geeignet für Stahl-
gusswaren. Der Abbrand soll nur 10 Prozent betragen haben. Die
ganze Anlage mit zwei Birnen kostete 59730 Mark. -- Bookwalter
in Springfield, Ohio, erwarb Roberts Patent für Amerika und

Die Kleinbessemerei.

Franz Horn in Duisburg machte 1886 den Vorschlag, die Birne
direkt in einem Gerüst aufzuhängen, das als Wage diente, um sogleich
die Chargen abzuwiegen.

In den Vereinigten Staaten wurden die Clapp-Griffithöfen seit
1883 mit Erfolg weiter betrieben, 1886 waren sie auf neun Werken
eingeführt, am 15. Februar standen sechs, am 1. Juli 10 Öfen im
Betriebe. Eine der vollkommensten Anlagen war die der Glasgow-Eisen-
gesellschaft zu Pottstown, Pa., welche 100 bis 150 Tonnen täglich
erzeugte. Das Produkt war gut walz- und schweiſsbar, weich und
gleichmäſsig. Der Clapp-Griffithkonverter der Anlage der Nail Com-
pany zu Belleville bei St. Louis hatte 1143 mm Durchmesser. Der
Wind trat durch sechs 230 mm über dem Boden befindlichen Düsen
von zusammen 38 mm Durchmesser mit einem Überdruck von
0,6 Atmosphären ein. Jede Charge lieferte 1800 kg, bei Zusatz von
1,25 Prozent Ferromangan und ca. 86 Prozent Ausbringen. Der Ab-
brand schwankte von 12 bis 15 Prozent. Man machte 34 Hitzen in
der Stunde und erhielt 80 bis 100 Tonnen den Tag.

In Avesta in Schweden war man 1887 zu der Überzeugung ge-
langt, daſs die kleinen Chargen unvorteilhaft seien, und erhöhte
dieselben auf 1020 kg.

In Frankreich gab sich Direktor Robert zu Stenay groſse Mühe
mit dem Kleinbetrieb in den Öfen von Walrand-Delattre. Dort
waren 1887 vier Öfen im Betriebe. Robert änderte den kreisförmigen
Querschnitt der Birne in einen halbkreisförmigen, Fig. 273, um, die
Düsen brachte er, wie beim Clapp-Griffithkonverter, seitlich an und
zwar alle in der flachen Vorderwand. Durch Schrägstellung der
Birne kann man den Wind mehr oder weniger tief unter der Ober-
fläche des Metalles einführen. Dabei hatten die Düsen eine schiefe
Stellung zur Mittelachse, wodurch die Metallmasse beim Blasen in
Drehbewegung versetzt werden sollte. Den regelmäſsigen basischen
Betrieb führte man erst 1886 in Stenay ein. Das Futter bestand
wie bei den Thomasbirnen aus Dolomit und Teer. Der Einsatz be-
trug 800 bis 1100 kg., die Pressung ⅓ bis ½ Atmosphäre Überdruck,
die Blasezeit acht bis zehn Minuten. Vor dem Ausgieſsen wurde
1 Prozent Ferromangan zugesetzt. Ein Dolomitfutter hielt 80 bis 90
Güsse aus. Mit zwei Konvertern konnte man bequem zwei Güsse in
einer Stunde machen. Der Stahl war heiſs und geeignet für Stahl-
guſswaren. Der Abbrand soll nur 10 Prozent betragen haben. Die
ganze Anlage mit zwei Birnen kostete 59730 Mark. — Bookwalter
in Springfield, Ohio, erwarb Roberts Patent für Amerika und

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[670/0686] Die Kleinbessemerei. Franz Horn in Duisburg machte 1886 den Vorschlag, die Birne direkt in einem Gerüst aufzuhängen, das als Wage diente, um sogleich die Chargen abzuwiegen. In den Vereinigten Staaten wurden die Clapp-Griffithöfen seit 1883 mit Erfolg weiter betrieben, 1886 waren sie auf neun Werken eingeführt, am 15. Februar standen sechs, am 1. Juli 10 Öfen im Betriebe. Eine der vollkommensten Anlagen war die der Glasgow-Eisen- gesellschaft zu Pottstown, Pa., welche 100 bis 150 Tonnen täglich erzeugte. Das Produkt war gut walz- und schweiſsbar, weich und gleichmäſsig. Der Clapp-Griffithkonverter der Anlage der Nail Com- pany zu Belleville bei St. Louis hatte 1143 mm Durchmesser. Der Wind trat durch sechs 230 mm über dem Boden befindlichen Düsen von zusammen 38 mm Durchmesser mit einem Überdruck von 0,6 Atmosphären ein. Jede Charge lieferte 1800 kg, bei Zusatz von 1,25 Prozent Ferromangan und ca. 86 Prozent Ausbringen. Der Ab- brand schwankte von 12 bis 15 Prozent. Man machte 34 Hitzen in der Stunde und erhielt 80 bis 100 Tonnen den Tag. In Avesta in Schweden war man 1887 zu der Überzeugung ge- langt, daſs die kleinen Chargen unvorteilhaft seien, und erhöhte dieselben auf 1020 kg. In Frankreich gab sich Direktor Robert zu Stenay groſse Mühe mit dem Kleinbetrieb in den Öfen von Walrand-Delattre. Dort waren 1887 vier Öfen im Betriebe. Robert änderte den kreisförmigen Querschnitt der Birne in einen halbkreisförmigen, Fig. 273, um, die Düsen brachte er, wie beim Clapp-Griffithkonverter, seitlich an und zwar alle in der flachen Vorderwand. Durch Schrägstellung der Birne kann man den Wind mehr oder weniger tief unter der Ober- fläche des Metalles einführen. Dabei hatten die Düsen eine schiefe Stellung zur Mittelachse, wodurch die Metallmasse beim Blasen in Drehbewegung versetzt werden sollte. Den regelmäſsigen basischen Betrieb führte man erst 1886 in Stenay ein. Das Futter bestand wie bei den Thomasbirnen aus Dolomit und Teer. Der Einsatz be- trug 800 bis 1100 kg., die Pressung ⅓ bis ½ Atmosphäre Überdruck, die Blasezeit acht bis zehn Minuten. Vor dem Ausgieſsen wurde 1 Prozent Ferromangan zugesetzt. Ein Dolomitfutter hielt 80 bis 90 Güsse aus. Mit zwei Konvertern konnte man bequem zwei Güsse in einer Stunde machen. Der Stahl war heiſs und geeignet für Stahl- guſswaren. Der Abbrand soll nur 10 Prozent betragen haben. Die ganze Anlage mit zwei Birnen kostete 59730 Mark. — Bookwalter in Springfield, Ohio, erwarb Roberts Patent für Amerika und

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 670. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/686>, abgerufen am 22.11.2024.