Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Puddelprozess oder das Flammofenfrischen.
geschmolzenen Eisen wurde alsdann Schlacke zugesetzt und mit dem
Rühren begonnen. Dieses dauerte 20 bis 25 Minuten, das Umsetzen
und Luppenmachen 15 Minuten, das Ausziehen der Luppen 10 Minuten,
die ganze Charge also 50 Minuten 1). In den österreichischen Alpen-
ländern hatte man getrennte, liegende Wärmespeicher seitlich von
dem Ofen unter dem Boden mit dazwischen liegendem Luftkanal.
Springer, der später Generaldirektor der Königin-Marienhütte bei
Zwickau wurde, führte seine Öfen mit Erfolg auch hier ein.

In Frankreich fand der Doppelpuddelofen mit besonderem Ver-
brenner und zwei gegenüberliegenden Arbeitsthüren von Dujardin
und Fredurau 2) 1884 Beifall.

Doppelpuddelöfen mit vier Arbeitsthüren nach Kerpelys System
waren 1884 auf verschiedenen ungarischen Werken eingeführt. Schon
1878 hatte sich J. von Ehrenwerth einen Puddelofen mit direkter
Gasfeuerung und mit von Regeneratoren erhitztem Wind patentieren
lassen.

Einen guten Doppelpuddelofen mit Rostfeuerung konstruierte
1886 Carl Küpper. Er war 6,5 m lang, 2,3 m breit, hatte 2 Herde
und jeder derselben hatte 2 Thüren, auf jeder Seite eine. Der Arbeits-
raum war 4 m lang. Der warme Unterwind wurde durch ein Körting-
gebläse unter den Rost geführt. Solche Öfen wurden erbaut in dem
Hochfelder Walzwerk bei Duisburg, in dem Phönixwerk bei Ruhrort,
zu Witkowitz und Trzynietz in Österreich. Hier erzielte man 9 bis
10 Prozent Kohlenersparnis, hatte aber höheren Eisenabbrand.

Einen Regenerativ-Flammofen mit trommelförmigem Drehherd
liess sich G. Olberg in Dessau 1888 patentieren (D. R. P. Nr. 47101).
Ein von Jüllich angegebener Doppelpuddelofen hatte Regenerativ-
feuerung und war dem Springerofen sehr ähnlich. Michaelis'
Puddelofen hatte dreifach geteilten Herd.

Der 1889 von Sweeney 3) in Amerika für natürliches Gas auf den
Werken der Philadelphia-Company erbaute Puddelofen war mit Wärme-
speicher versehen.

In England hatten die Retortenöfen von Price den grössten
Erfolg, die nur 33 bis 37 Prozent Steinkohlen bei einem Eisenabbrand
von 3,35 Prozent verbrauchten.

Ein neues System der Doppelpuddelöfen führte Gottfried

1) Näheres in Stahl und Eisen 1889, S. 554, 776.
2) Comptes rendus de la Soc. min. 1884, p. 145.
3) Engineering and Mining Journ. 1889, Vol. 47, Nr. 16; Kerpely, Fort-
schritte 1889, S. 178.

Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen.
geschmolzenen Eisen wurde alsdann Schlacke zugesetzt und mit dem
Rühren begonnen. Dieses dauerte 20 bis 25 Minuten, das Umsetzen
und Luppenmachen 15 Minuten, das Ausziehen der Luppen 10 Minuten,
die ganze Charge also 50 Minuten 1). In den österreichischen Alpen-
ländern hatte man getrennte, liegende Wärmespeicher seitlich von
dem Ofen unter dem Boden mit dazwischen liegendem Luftkanal.
Springer, der später Generaldirektor der Königin-Marienhütte bei
Zwickau wurde, führte seine Öfen mit Erfolg auch hier ein.

In Frankreich fand der Doppelpuddelofen mit besonderem Ver-
brenner und zwei gegenüberliegenden Arbeitsthüren von Dujardin
und Frédurau 2) 1884 Beifall.

Doppelpuddelöfen mit vier Arbeitsthüren nach Kerpelys System
waren 1884 auf verschiedenen ungarischen Werken eingeführt. Schon
1878 hatte sich J. von Ehrenwerth einen Puddelofen mit direkter
Gasfeuerung und mit von Regeneratoren erhitztem Wind patentieren
lassen.

Einen guten Doppelpuddelofen mit Rostfeuerung konstruierte
1886 Carl Küpper. Er war 6,5 m lang, 2,3 m breit, hatte 2 Herde
und jeder derselben hatte 2 Thüren, auf jeder Seite eine. Der Arbeits-
raum war 4 m lang. Der warme Unterwind wurde durch ein Körting-
gebläse unter den Rost geführt. Solche Öfen wurden erbaut in dem
Hochfelder Walzwerk bei Duisburg, in dem Phönixwerk bei Ruhrort,
zu Witkowitz und Trzynietz in Österreich. Hier erzielte man 9 bis
10 Prozent Kohlenersparnis, hatte aber höheren Eisenabbrand.

Einen Regenerativ-Flammofen mit trommelförmigem Drehherd
lieſs sich G. Olberg in Dessau 1888 patentieren (D. R. P. Nr. 47101).
Ein von Jüllich angegebener Doppelpuddelofen hatte Regenerativ-
feuerung und war dem Springerofen sehr ähnlich. Michaelis’
Puddelofen hatte dreifach geteilten Herd.

Der 1889 von Sweeney 3) in Amerika für natürliches Gas auf den
Werken der Philadelphia-Company erbaute Puddelofen war mit Wärme-
speicher versehen.

In England hatten die Retortenöfen von Price den gröſsten
Erfolg, die nur 33 bis 37 Prozent Steinkohlen bei einem Eisenabbrand
von 3,35 Prozent verbrauchten.

Ein neues System der Doppelpuddelöfen führte Gottfried

1) Näheres in Stahl und Eisen 1889, S. 554, 776.
2) Comptes rendus de la Soc. min. 1884, p. 145.
3) Engineering and Mining Journ. 1889, Vol. 47, Nr. 16; Kerpely, Fort-
schritte 1889, S. 178.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0621" n="605"/><fw place="top" type="header">Der Puddelproze&#x017F;s oder das Flammofenfrischen.</fw><lb/>
geschmolzenen Eisen wurde alsdann Schlacke zugesetzt und mit dem<lb/>
Rühren begonnen. Dieses dauerte 20 bis 25 Minuten, das Umsetzen<lb/>
und Luppenmachen 15 Minuten, das Ausziehen der Luppen 10 Minuten,<lb/>
die ganze Charge also 50 Minuten <note place="foot" n="1)">Näheres in Stahl und Eisen 1889, S. 554, 776.</note>. In den österreichischen Alpen-<lb/>
ländern hatte man getrennte, liegende Wärmespeicher seitlich von<lb/>
dem Ofen unter dem Boden mit dazwischen liegendem Luftkanal.<lb/><hi rendition="#g">Springer</hi>, der später Generaldirektor der Königin-Marienhütte bei<lb/>
Zwickau wurde, führte seine Öfen mit Erfolg auch hier ein.</p><lb/>
            <p>In Frankreich fand der Doppelpuddelofen mit besonderem Ver-<lb/>
brenner und zwei gegenüberliegenden Arbeitsthüren von <hi rendition="#g">Dujardin</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Frédurau</hi> <note place="foot" n="2)">Comptes rendus de la Soc. min. 1884, p. 145.</note> 1884 Beifall.</p><lb/>
            <p>Doppelpuddelöfen mit vier Arbeitsthüren nach <hi rendition="#g">Kerpelys</hi> System<lb/>
waren 1884 auf verschiedenen ungarischen Werken eingeführt. Schon<lb/>
1878 hatte sich J. <hi rendition="#g">von Ehrenwerth</hi> einen Puddelofen mit direkter<lb/>
Gasfeuerung und mit von Regeneratoren erhitztem Wind patentieren<lb/>
lassen.</p><lb/>
            <p>Einen guten Doppelpuddelofen mit Rostfeuerung konstruierte<lb/>
1886 <hi rendition="#g">Carl Küpper</hi>. Er war 6,5 m lang, 2,3 m breit, hatte 2 Herde<lb/>
und jeder derselben hatte 2 Thüren, auf jeder Seite eine. Der Arbeits-<lb/>
raum war 4 m lang. Der warme Unterwind wurde durch ein Körting-<lb/>
gebläse unter den Rost geführt. Solche Öfen wurden erbaut in dem<lb/>
Hochfelder Walzwerk bei Duisburg, in dem Phönixwerk bei Ruhrort,<lb/>
zu Witkowitz und Trzynietz in Österreich. Hier erzielte man 9 bis<lb/>
10 Prozent Kohlenersparnis, hatte aber höheren Eisenabbrand.</p><lb/>
            <p>Einen Regenerativ-Flammofen mit trommelförmigem Drehherd<lb/>
lie&#x017F;s sich G. <hi rendition="#g">Olberg</hi> in Dessau 1888 patentieren (D. R. P. Nr. 47101).<lb/>
Ein von <hi rendition="#g">Jüllich</hi> angegebener Doppelpuddelofen hatte Regenerativ-<lb/>
feuerung und war dem Springerofen sehr ähnlich. <hi rendition="#g">Michaelis&#x2019;</hi><lb/>
Puddelofen hatte dreifach geteilten Herd.</p><lb/>
            <p>Der 1889 von <hi rendition="#g">Sweeney</hi> <note place="foot" n="3)">Engineering and Mining Journ. 1889, Vol. 47, Nr. 16; <hi rendition="#g">Kerpely</hi>, Fort-<lb/>
schritte 1889, S. 178.</note> in Amerika für natürliches Gas auf den<lb/>
Werken der Philadelphia-Company erbaute Puddelofen war mit Wärme-<lb/>
speicher versehen.</p><lb/>
            <p>In England hatten die Retortenöfen von <hi rendition="#g">Price</hi> den grö&#x017F;sten<lb/>
Erfolg, die nur 33 bis 37 Prozent Steinkohlen bei einem Eisenabbrand<lb/>
von 3,35 Prozent verbrauchten.</p><lb/>
            <p>Ein neues System der Doppelpuddelöfen führte <hi rendition="#g">Gottfried</hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[605/0621] Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen. geschmolzenen Eisen wurde alsdann Schlacke zugesetzt und mit dem Rühren begonnen. Dieses dauerte 20 bis 25 Minuten, das Umsetzen und Luppenmachen 15 Minuten, das Ausziehen der Luppen 10 Minuten, die ganze Charge also 50 Minuten 1). In den österreichischen Alpen- ländern hatte man getrennte, liegende Wärmespeicher seitlich von dem Ofen unter dem Boden mit dazwischen liegendem Luftkanal. Springer, der später Generaldirektor der Königin-Marienhütte bei Zwickau wurde, führte seine Öfen mit Erfolg auch hier ein. In Frankreich fand der Doppelpuddelofen mit besonderem Ver- brenner und zwei gegenüberliegenden Arbeitsthüren von Dujardin und Frédurau 2) 1884 Beifall. Doppelpuddelöfen mit vier Arbeitsthüren nach Kerpelys System waren 1884 auf verschiedenen ungarischen Werken eingeführt. Schon 1878 hatte sich J. von Ehrenwerth einen Puddelofen mit direkter Gasfeuerung und mit von Regeneratoren erhitztem Wind patentieren lassen. Einen guten Doppelpuddelofen mit Rostfeuerung konstruierte 1886 Carl Küpper. Er war 6,5 m lang, 2,3 m breit, hatte 2 Herde und jeder derselben hatte 2 Thüren, auf jeder Seite eine. Der Arbeits- raum war 4 m lang. Der warme Unterwind wurde durch ein Körting- gebläse unter den Rost geführt. Solche Öfen wurden erbaut in dem Hochfelder Walzwerk bei Duisburg, in dem Phönixwerk bei Ruhrort, zu Witkowitz und Trzynietz in Österreich. Hier erzielte man 9 bis 10 Prozent Kohlenersparnis, hatte aber höheren Eisenabbrand. Einen Regenerativ-Flammofen mit trommelförmigem Drehherd lieſs sich G. Olberg in Dessau 1888 patentieren (D. R. P. Nr. 47101). Ein von Jüllich angegebener Doppelpuddelofen hatte Regenerativ- feuerung und war dem Springerofen sehr ähnlich. Michaelis’ Puddelofen hatte dreifach geteilten Herd. Der 1889 von Sweeney 3) in Amerika für natürliches Gas auf den Werken der Philadelphia-Company erbaute Puddelofen war mit Wärme- speicher versehen. In England hatten die Retortenöfen von Price den gröſsten Erfolg, die nur 33 bis 37 Prozent Steinkohlen bei einem Eisenabbrand von 3,35 Prozent verbrauchten. Ein neues System der Doppelpuddelöfen führte Gottfried 1) Näheres in Stahl und Eisen 1889, S. 554, 776. 2) Comptes rendus de la Soc. min. 1884, p. 145. 3) Engineering and Mining Journ. 1889, Vol. 47, Nr. 16; Kerpely, Fort- schritte 1889, S. 178.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/621
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/621>, abgerufen am 18.05.2024.