Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Hochöfen.
bis auf [Formel 1] , während die Produktion sank. Nach zwei Jahren und
fünf Monaten musste der Ofen, der in dieser Zeit 113860 Tonnen
Roheisen mit [Formel 2] Koks erzeugt hatte, ausgeblasen werden. Bei
einem anderen Ofen desselben Werkes von ca. 600 cbm Inhalt, welcher
1884 angeblasen wurde, steigerte man die Windmenge auf 935 cbm
in der Minute; dabei erzielte man eine Monatsproduktion von
5080 Tonnen, aber mit einem Koksverbrauch von [Formel 3] .

In ähnlicher Weise ging man auf den übrigen amerikanischen
Hütten vor. Das "Festdrauflosblasen" oder Raschtreiben (American
rapid driving) wurde leitender Grundsatz, und den besten "Record"
in der Roheisenerzeugung zu erzielen ein förmlicher Sport, wobei man
weder an Brennmaterial sparte, noch die Öfen schonte. Man hielt es
zuletzt beinahe für unmöglich, die Tonne Roheisen in den Vereinigten
Staaten mit weniger als [Formel 4] Koks herzustellen.

Gegen diesen rücksichtslosen und verschwenderischen Betrieb
erliess 1885 E. C. Potter in Chicago zuerst seinen Warnungsruf,
indem er nachwies, dass bei vernünftigem Blasen sich sehr wohl hohe
Produktion mit geringerem Koksverbrauch vereinigen liesse 1). Seitdem
verringerte man die Windmenge und das rasche Treiben der Hoch-
öfen kam in Verruf. Dagegen verbesserte man die Ofenkonstruktion
und die Winderhitzer und kam dadurch zu glänzenden Leistungen.
Die Verbesserungen bei den Hochöfen bestanden in sehr weiten Ge-
stellen (3,35 m) mit besserer Windverteilung, steiler Rast und vor-
züglicher Wasserkühlung, besonders der Rast; die Windwärme steigerte
man von ca. 500° auf 700° C. Um diese Verbesserungen und den
massvolleren, ökonomischeren Betrieb haben sich E. C. Potter, der
Erbauer der South-Chicago-Werke, und James Gayley auf den
Edgar-Thomson-Werken grosse Verdienste erworben. Bei dem 1885
angeblasenen Lucy-Hochofen von 472 cbm Inhalt verminderte Gayley
die Windmenge von 880 auf 799 cbm in der Minute, indem er gleich-
zeitig die Windtemperatur auf 650° erhöhte. Dadurch stieg die
Monatsproduktion von 5204 Tonnen auf 6146 Tonnen, während der
Koksverbrauch von 1283 auf 1071 für die Tonne Roheisen sank. Bei
den in den folgenden Jahren von ihm angeblasenen Hochöfen erreichte

1) Siehe Stahl und Eisen 1893, S. 789.

Hochöfen.
bis auf [Formel 1] , während die Produktion sank. Nach zwei Jahren und
fünf Monaten muſste der Ofen, der in dieser Zeit 113860 Tonnen
Roheisen mit [Formel 2] Koks erzeugt hatte, ausgeblasen werden. Bei
einem anderen Ofen desselben Werkes von ca. 600 cbm Inhalt, welcher
1884 angeblasen wurde, steigerte man die Windmenge auf 935 cbm
in der Minute; dabei erzielte man eine Monatsproduktion von
5080 Tonnen, aber mit einem Koksverbrauch von [Formel 3] .

In ähnlicher Weise ging man auf den übrigen amerikanischen
Hütten vor. Das „Festdrauflosblasen“ oder Raschtreiben (American
rapid driving) wurde leitender Grundsatz, und den besten „Record“
in der Roheisenerzeugung zu erzielen ein förmlicher Sport, wobei man
weder an Brennmaterial sparte, noch die Öfen schonte. Man hielt es
zuletzt beinahe für unmöglich, die Tonne Roheisen in den Vereinigten
Staaten mit weniger als [Formel 4] Koks herzustellen.

Gegen diesen rücksichtslosen und verschwenderischen Betrieb
erlieſs 1885 E. C. Potter in Chicago zuerst seinen Warnungsruf,
indem er nachwies, daſs bei vernünftigem Blasen sich sehr wohl hohe
Produktion mit geringerem Koksverbrauch vereinigen lieſse 1). Seitdem
verringerte man die Windmenge und das rasche Treiben der Hoch-
öfen kam in Verruf. Dagegen verbesserte man die Ofenkonstruktion
und die Winderhitzer und kam dadurch zu glänzenden Leistungen.
Die Verbesserungen bei den Hochöfen bestanden in sehr weiten Ge-
stellen (3,35 m) mit besserer Windverteilung, steiler Rast und vor-
züglicher Wasserkühlung, besonders der Rast; die Windwärme steigerte
man von ca. 500° auf 700° C. Um diese Verbesserungen und den
maſsvolleren, ökonomischeren Betrieb haben sich E. C. Potter, der
Erbauer der South-Chicago-Werke, und James Gayley auf den
Edgar-Thomson-Werken groſse Verdienste erworben. Bei dem 1885
angeblasenen Lucy-Hochofen von 472 cbm Inhalt verminderte Gayley
die Windmenge von 880 auf 799 cbm in der Minute, indem er gleich-
zeitig die Windtemperatur auf 650° erhöhte. Dadurch stieg die
Monatsproduktion von 5204 Tonnen auf 6146 Tonnen, während der
Koksverbrauch von 1283 auf 1071 für die Tonne Roheisen sank. Bei
den in den folgenden Jahren von ihm angeblasenen Hochöfen erreichte

1) Siehe Stahl und Eisen 1893, S. 789.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0527" n="511"/><fw place="top" type="header">Hochöfen.</fw><lb/>
bis auf <formula/>, während die Produktion sank. Nach zwei Jahren und<lb/>
fünf Monaten mu&#x017F;ste der Ofen, der in dieser Zeit 113860 Tonnen<lb/>
Roheisen mit <formula/> Koks erzeugt hatte, ausgeblasen werden. Bei<lb/>
einem anderen Ofen desselben Werkes von ca. 600 cbm Inhalt, welcher<lb/>
1884 angeblasen wurde, steigerte man die Windmenge auf 935 cbm<lb/>
in der Minute; dabei erzielte man eine Monatsproduktion von<lb/>
5080 Tonnen, aber mit einem Koksverbrauch von <formula/>.</p><lb/>
          <p>In ähnlicher Weise ging man auf den übrigen amerikanischen<lb/>
Hütten vor. Das &#x201E;Festdrauflosblasen&#x201C; oder Raschtreiben (American<lb/>
rapid driving) wurde leitender Grundsatz, und den besten &#x201E;Record&#x201C;<lb/>
in der Roheisenerzeugung zu erzielen ein förmlicher Sport, wobei man<lb/>
weder an Brennmaterial sparte, noch die Öfen schonte. Man hielt es<lb/>
zuletzt beinahe für unmöglich, die Tonne Roheisen in den Vereinigten<lb/>
Staaten mit weniger als <formula/> Koks herzustellen.</p><lb/>
          <p>Gegen diesen rücksichtslosen und verschwenderischen Betrieb<lb/>
erlie&#x017F;s 1885 E. C. <hi rendition="#g">Potter</hi> in Chicago zuerst seinen Warnungsruf,<lb/>
indem er nachwies, da&#x017F;s bei vernünftigem Blasen sich sehr wohl hohe<lb/>
Produktion mit geringerem Koksverbrauch vereinigen lie&#x017F;se <note place="foot" n="1)">Siehe Stahl und Eisen 1893, S. 789.</note>. Seitdem<lb/>
verringerte man die Windmenge und das rasche Treiben der Hoch-<lb/>
öfen kam in Verruf. Dagegen verbesserte man die Ofenkonstruktion<lb/>
und die Winderhitzer und kam dadurch zu glänzenden Leistungen.<lb/>
Die Verbesserungen bei den Hochöfen bestanden in sehr weiten Ge-<lb/>
stellen (3,35 m) mit besserer Windverteilung, steiler Rast und vor-<lb/>
züglicher Wasserkühlung, besonders der Rast; die Windwärme steigerte<lb/>
man von ca. 500° auf 700° C. Um diese Verbesserungen und den<lb/>
ma&#x017F;svolleren, ökonomischeren Betrieb haben sich E. C. <hi rendition="#g">Potter</hi>, der<lb/>
Erbauer der South-Chicago-Werke, und <hi rendition="#g">James Gayley</hi> auf den<lb/>
Edgar-Thomson-Werken gro&#x017F;se Verdienste erworben. Bei dem 1885<lb/>
angeblasenen Lucy-Hochofen von 472 cbm Inhalt verminderte <hi rendition="#g">Gayley</hi><lb/>
die Windmenge von 880 auf 799 cbm in der Minute, indem er gleich-<lb/>
zeitig die Windtemperatur auf 650° erhöhte. Dadurch stieg die<lb/>
Monatsproduktion von 5204 Tonnen auf 6146 Tonnen, während der<lb/>
Koksverbrauch von 1283 auf 1071 für die Tonne Roheisen sank. Bei<lb/>
den in den folgenden Jahren von ihm angeblasenen Hochöfen erreichte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[511/0527] Hochöfen. bis auf [FORMEL], während die Produktion sank. Nach zwei Jahren und fünf Monaten muſste der Ofen, der in dieser Zeit 113860 Tonnen Roheisen mit [FORMEL] Koks erzeugt hatte, ausgeblasen werden. Bei einem anderen Ofen desselben Werkes von ca. 600 cbm Inhalt, welcher 1884 angeblasen wurde, steigerte man die Windmenge auf 935 cbm in der Minute; dabei erzielte man eine Monatsproduktion von 5080 Tonnen, aber mit einem Koksverbrauch von [FORMEL]. In ähnlicher Weise ging man auf den übrigen amerikanischen Hütten vor. Das „Festdrauflosblasen“ oder Raschtreiben (American rapid driving) wurde leitender Grundsatz, und den besten „Record“ in der Roheisenerzeugung zu erzielen ein förmlicher Sport, wobei man weder an Brennmaterial sparte, noch die Öfen schonte. Man hielt es zuletzt beinahe für unmöglich, die Tonne Roheisen in den Vereinigten Staaten mit weniger als [FORMEL] Koks herzustellen. Gegen diesen rücksichtslosen und verschwenderischen Betrieb erlieſs 1885 E. C. Potter in Chicago zuerst seinen Warnungsruf, indem er nachwies, daſs bei vernünftigem Blasen sich sehr wohl hohe Produktion mit geringerem Koksverbrauch vereinigen lieſse 1). Seitdem verringerte man die Windmenge und das rasche Treiben der Hoch- öfen kam in Verruf. Dagegen verbesserte man die Ofenkonstruktion und die Winderhitzer und kam dadurch zu glänzenden Leistungen. Die Verbesserungen bei den Hochöfen bestanden in sehr weiten Ge- stellen (3,35 m) mit besserer Windverteilung, steiler Rast und vor- züglicher Wasserkühlung, besonders der Rast; die Windwärme steigerte man von ca. 500° auf 700° C. Um diese Verbesserungen und den maſsvolleren, ökonomischeren Betrieb haben sich E. C. Potter, der Erbauer der South-Chicago-Werke, und James Gayley auf den Edgar-Thomson-Werken groſse Verdienste erworben. Bei dem 1885 angeblasenen Lucy-Hochofen von 472 cbm Inhalt verminderte Gayley die Windmenge von 880 auf 799 cbm in der Minute, indem er gleich- zeitig die Windtemperatur auf 650° erhöhte. Dadurch stieg die Monatsproduktion von 5204 Tonnen auf 6146 Tonnen, während der Koksverbrauch von 1283 auf 1071 für die Tonne Roheisen sank. Bei den in den folgenden Jahren von ihm angeblasenen Hochöfen erreichte 1) Siehe Stahl und Eisen 1893, S. 789.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/527
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/527>, abgerufen am 18.05.2024.