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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Hochöfen.
Vorwärtsbewegung der Beschickung für Braunkohlenbetrieb in Vor-
schlag 1).

Wie das Rösten der Erze, so scheint auch das Brennen des
Kalkes
als Zuschlag bei den hohen Öfen als überflüssig und nur aus-
nahmsweise von Nutzen zu sein. Doch hat diese Frage zu lebhaftem
Meinungsaustausch Veranlassung gegeben. Gruner empfahl 1871 die
Anwendung von gebranntem Kalk, welche eine Ersparnis von 10 Pro-
zent Koks im Hochofen bewirken sollte. Der Kalk wurde in Hofmann-
schen Ringöfen totgebrannt. Cochrane trat (1889) in England lebhaft
für die Verwendung des gebrannten Kalkes ein 2).

Von anderen Zuschlägen sind seit Anfang der siebziger Jahre
die Manganerze (Braunsteine) wichtig geworden, indem man mangan-
reiches Spiegeleisen
nicht mehr ausschliesslich aus Spaterzen,
sondern auch aus anderen reinen Eisenerzen unter Zuschlag von
Manganerzen darstellte. In dieser Weise schmolz man seit 1871 zu
Jauerburg in Kärnthen ein spiegeliges Eisen mit 12 bis 22 Prozent
Mangangehalt. In Russland erblies man seit 1870 Spiegeleisen aus
eisenreichen Manganoxyden, in Schweden unter Zuschlag von Knebelit
(manganreichem Eisensilikat). Der deutsch-französische Krieg 1870
hatte zur Spiegeleisenerzeugung in ausserdeutschen Ländern bei-
getragen, weil dadurch der Bezug aus dem Siegerland abgeschnitten
war. Auch zu Ebbw-Vale in England wurde seit 1872 Spiegeleisen
aus manganhaltigen spanischen Eisenerzen (Carthagenaerzen) gemacht;
ebenso 1873 auf Siemens' Eisenhütte zu Landore und in Cleveland.
Eine englische Beschickung für Spiegeleisen aus manganhaltigen
spanischen Erzen bestand aus 76 Centner Erz, 16 Centner Kalk und
45 Centner Koks. Das erblasene Spiegeleisen enthielt 84,37 Tle. Eisen,
9,85 Tle. Mangan, 4,20 Tle. Kohlenstoff, 0,32 Tl. Graphit, 0,99 Tl.
Silicium, 0,04 Tl. Schwefel und 0,09 Tl. Phosphor. Die dabei gefallene
Schlacke bestand aus 29,70 Kieselsäure, 14,90 Thonerde, 48,20 Kalk,
4 Magnesia, 3 Manganoxydul. Man gewann aber nicht nur mangan-
reiches Spiegeleisen, Ward in Amerika und Pourcel in Terre noire
in Frankreich erbliesen 1883 bei sehr heissem Ofengang auch graues
Roheisen mit 15 Prozent Mangangehalt.

Eisenverbindungen mit noch höherem Mangangehalt, Ferro-
mangan
, wurden seit Ende der siebziger Jahre ebenfalls im Hochofen

1) Siehe Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1875, S. 197.
2) Siehe Journ. of the Soc. f. Chem. Indust. 1889, S. 89; Stahl u. Eisen 1894,
S. 1011 und 1053.

Hochöfen.
Vorwärtsbewegung der Beschickung für Braunkohlenbetrieb in Vor-
schlag 1).

Wie das Rösten der Erze, so scheint auch das Brennen des
Kalkes
als Zuschlag bei den hohen Öfen als überflüssig und nur aus-
nahmsweise von Nutzen zu sein. Doch hat diese Frage zu lebhaftem
Meinungsaustausch Veranlassung gegeben. Gruner empfahl 1871 die
Anwendung von gebranntem Kalk, welche eine Ersparnis von 10 Pro-
zent Koks im Hochofen bewirken sollte. Der Kalk wurde in Hofmann-
schen Ringöfen totgebrannt. Cochrane trat (1889) in England lebhaft
für die Verwendung des gebrannten Kalkes ein 2).

Von anderen Zuschlägen sind seit Anfang der siebziger Jahre
die Manganerze (Braunsteine) wichtig geworden, indem man mangan-
reiches Spiegeleisen
nicht mehr ausschlieſslich aus Spaterzen,
sondern auch aus anderen reinen Eisenerzen unter Zuschlag von
Manganerzen darstellte. In dieser Weise schmolz man seit 1871 zu
Jauerburg in Kärnthen ein spiegeliges Eisen mit 12 bis 22 Prozent
Mangangehalt. In Ruſsland erblies man seit 1870 Spiegeleisen aus
eisenreichen Manganoxyden, in Schweden unter Zuschlag von Knebelit
(manganreichem Eisensilikat). Der deutsch-französische Krieg 1870
hatte zur Spiegeleisenerzeugung in auſserdeutschen Ländern bei-
getragen, weil dadurch der Bezug aus dem Siegerland abgeschnitten
war. Auch zu Ebbw-Vale in England wurde seit 1872 Spiegeleisen
aus manganhaltigen spanischen Eisenerzen (Carthagenaerzen) gemacht;
ebenso 1873 auf Siemens’ Eisenhütte zu Landore und in Cleveland.
Eine englische Beschickung für Spiegeleisen aus manganhaltigen
spanischen Erzen bestand aus 76 Centner Erz, 16 Centner Kalk und
45 Centner Koks. Das erblasene Spiegeleisen enthielt 84,37 Tle. Eisen,
9,85 Tle. Mangan, 4,20 Tle. Kohlenstoff, 0,32 Tl. Graphit, 0,99 Tl.
Silicium, 0,04 Tl. Schwefel und 0,09 Tl. Phosphor. Die dabei gefallene
Schlacke bestand aus 29,70 Kieselsäure, 14,90 Thonerde, 48,20 Kalk,
4 Magnesia, 3 Manganoxydul. Man gewann aber nicht nur mangan-
reiches Spiegeleisen, Ward in Amerika und Pourcel in Terre noire
in Frankreich erbliesen 1883 bei sehr heiſsem Ofengang auch graues
Roheisen mit 15 Prozent Mangangehalt.

Eisenverbindungen mit noch höherem Mangangehalt, Ferro-
mangan
, wurden seit Ende der siebziger Jahre ebenfalls im Hochofen

1) Siehe Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1875, S. 197.
2) Siehe Journ. of the Soc. f. Chem. Indust. 1889, S. 89; Stahl u. Eisen 1894,
S. 1011 und 1053.
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[485/0501] Hochöfen. Vorwärtsbewegung der Beschickung für Braunkohlenbetrieb in Vor- schlag 1). Wie das Rösten der Erze, so scheint auch das Brennen des Kalkes als Zuschlag bei den hohen Öfen als überflüssig und nur aus- nahmsweise von Nutzen zu sein. Doch hat diese Frage zu lebhaftem Meinungsaustausch Veranlassung gegeben. Gruner empfahl 1871 die Anwendung von gebranntem Kalk, welche eine Ersparnis von 10 Pro- zent Koks im Hochofen bewirken sollte. Der Kalk wurde in Hofmann- schen Ringöfen totgebrannt. Cochrane trat (1889) in England lebhaft für die Verwendung des gebrannten Kalkes ein 2). Von anderen Zuschlägen sind seit Anfang der siebziger Jahre die Manganerze (Braunsteine) wichtig geworden, indem man mangan- reiches Spiegeleisen nicht mehr ausschlieſslich aus Spaterzen, sondern auch aus anderen reinen Eisenerzen unter Zuschlag von Manganerzen darstellte. In dieser Weise schmolz man seit 1871 zu Jauerburg in Kärnthen ein spiegeliges Eisen mit 12 bis 22 Prozent Mangangehalt. In Ruſsland erblies man seit 1870 Spiegeleisen aus eisenreichen Manganoxyden, in Schweden unter Zuschlag von Knebelit (manganreichem Eisensilikat). Der deutsch-französische Krieg 1870 hatte zur Spiegeleisenerzeugung in auſserdeutschen Ländern bei- getragen, weil dadurch der Bezug aus dem Siegerland abgeschnitten war. Auch zu Ebbw-Vale in England wurde seit 1872 Spiegeleisen aus manganhaltigen spanischen Eisenerzen (Carthagenaerzen) gemacht; ebenso 1873 auf Siemens’ Eisenhütte zu Landore und in Cleveland. Eine englische Beschickung für Spiegeleisen aus manganhaltigen spanischen Erzen bestand aus 76 Centner Erz, 16 Centner Kalk und 45 Centner Koks. Das erblasene Spiegeleisen enthielt 84,37 Tle. Eisen, 9,85 Tle. Mangan, 4,20 Tle. Kohlenstoff, 0,32 Tl. Graphit, 0,99 Tl. Silicium, 0,04 Tl. Schwefel und 0,09 Tl. Phosphor. Die dabei gefallene Schlacke bestand aus 29,70 Kieselsäure, 14,90 Thonerde, 48,20 Kalk, 4 Magnesia, 3 Manganoxydul. Man gewann aber nicht nur mangan- reiches Spiegeleisen, Ward in Amerika und Pourcel in Terre noire in Frankreich erbliesen 1883 bei sehr heiſsem Ofengang auch graues Roheisen mit 15 Prozent Mangangehalt. Eisenverbindungen mit noch höherem Mangangehalt, Ferro- mangan, wurden seit Ende der siebziger Jahre ebenfalls im Hochofen 1) Siehe Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1875, S. 197. 2) Siehe Journ. of the Soc. f. Chem. Indust. 1889, S. 89; Stahl u. Eisen 1894, S. 1011 und 1053.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/501>, abgerufen am 22.11.2024.