Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Hochöfen.
1224730 Tonnen, 1890 auf 4272918 Tonnen gestiegen, wovon Eng-
land etwa 70 Prozent entnahm.

Die Einfuhr fremder Erze betrug beispielsweise 1874 in:

England     2728672 Tonnen
Belgien     1487748 "
Frankreich     1412710 "
Deutschland     980442 "
Vereinigte Staaten     487820 "

Seit Mitte der siebziger Jahre wurden auch die Kiesabbrände,
d. h. die Rückstände der kupferhaltigen Schwefelkiese von Rio Tinto,
welche für die Darstellung der Schwefelsäure gebrannt wurden, ihres
hohen Eisen- und geringen Phosphorgehaltes wegen unter dem Namen
Purple-ore besonders für die Darstellung von Bessemerroheisen ein-
geführt. Esskuchen mischt das pulverförmige Purple-ore mit Gicht-
staub und brennt daraus Erzsteine 1).

Infolge der Verwendung reicher ausländischer Erze sanken die
einheimischen, phosphorhaltigen Erze im Wert, und der Eisenstein-
bergbau ging an vielen Orten zurück. Dies änderte sich, als nach
der Erfindung des Thomasverfahrens im Jahre 1879 phosphor-
reiche Erze gesucht wurden und auch die gewöhnlichen phosphor-
haltigen Erze im Wert stiegen, denn man erstrebte bei dem meist
weissen Thomasroheisen einen Phosphorgehalt von 2 bis 3 Prozent.
Auf dem europäischen Kontinent waren es besonders die Minetteerze
in Luxemburg und Lothringen, die nicht nur in gesteigertem Masse
in diesen Ländern verhüttet, sondern auch in grossen Mengen nach
dem Saargebiet, Frankreich, Belgien und nach Rheinland und West-
falen ausgeführt wurden. In neuerer Zeit ist der überseeische Bezug
der phosphorhaltigen Magneteisensteine aus dem nördlichen Schwe-
den in Zunahme begriffen und hat 1897 das Gellivarafeld allein
623110 Tonnen geliefert, wovon der grösste Teil ausgeführt wurde.

Man sucht durch diese hochprozentigen Erze gleichzeitig den
Eisengehalt der Beschickung und dadurch die Produktion zu erhöhen,
ein Bestreben, welches besonders durch die grossen Leistungen nord-
amerikanischer Hochöfen angeregt worden ist. Wieweit dies vorteil-
haft ist, wird zunächst immer eine Frage der Frachtkosten für jedes
einzelne Werk sein.


1) Patent von Esskuchen und Haarmann vom 12. Septbr. 1891. Ähnliche
Patente nahmen Schüchtermann und Kremer 1894.
31*

Hochöfen.
1224730 Tonnen, 1890 auf 4272918 Tonnen gestiegen, wovon Eng-
land etwa 70 Prozent entnahm.

Die Einfuhr fremder Erze betrug beispielsweise 1874 in:

England     2728672 Tonnen
Belgien     1487748 „
Frankreich     1412710 „
Deutschland     980442 „
Vereinigte Staaten     487820 „

Seit Mitte der siebziger Jahre wurden auch die Kiesabbrände,
d. h. die Rückstände der kupferhaltigen Schwefelkiese von Rio Tinto,
welche für die Darstellung der Schwefelsäure gebrannt wurden, ihres
hohen Eisen- und geringen Phosphorgehaltes wegen unter dem Namen
Purple-ore besonders für die Darstellung von Bessemerroheisen ein-
geführt. Eſskuchen mischt das pulverförmige Purple-ore mit Gicht-
staub und brennt daraus Erzsteine 1).

Infolge der Verwendung reicher ausländischer Erze sanken die
einheimischen, phosphorhaltigen Erze im Wert, und der Eisenstein-
bergbau ging an vielen Orten zurück. Dies änderte sich, als nach
der Erfindung des Thomasverfahrens im Jahre 1879 phosphor-
reiche Erze gesucht wurden und auch die gewöhnlichen phosphor-
haltigen Erze im Wert stiegen, denn man erstrebte bei dem meist
weiſsen Thomasroheisen einen Phosphorgehalt von 2 bis 3 Prozent.
Auf dem europäischen Kontinent waren es besonders die Minetteerze
in Luxemburg und Lothringen, die nicht nur in gesteigertem Maſse
in diesen Ländern verhüttet, sondern auch in groſsen Mengen nach
dem Saargebiet, Frankreich, Belgien und nach Rheinland und West-
falen ausgeführt wurden. In neuerer Zeit ist der überseeische Bezug
der phosphorhaltigen Magneteisensteine aus dem nördlichen Schwe-
den in Zunahme begriffen und hat 1897 das Gellivarafeld allein
623110 Tonnen geliefert, wovon der gröſste Teil ausgeführt wurde.

Man sucht durch diese hochprozentigen Erze gleichzeitig den
Eisengehalt der Beschickung und dadurch die Produktion zu erhöhen,
ein Bestreben, welches besonders durch die groſsen Leistungen nord-
amerikanischer Hochöfen angeregt worden ist. Wieweit dies vorteil-
haft ist, wird zunächst immer eine Frage der Frachtkosten für jedes
einzelne Werk sein.


1) Patent von Eſskuchen und Haarmann vom 12. Septbr. 1891. Ähnliche
Patente nahmen Schüchtermann und Kremer 1894.
31*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0499" n="483"/><fw place="top" type="header">Hochöfen.</fw><lb/>
1224730 Tonnen, 1890 auf 4272918 Tonnen gestiegen, wovon Eng-<lb/>
land etwa 70 Prozent entnahm.</p><lb/>
          <p>Die Einfuhr fremder Erze betrug beispielsweise 1874 in:</p><lb/>
          <list>
            <item>England <space dim="horizontal"/> 2728672 Tonnen</item><lb/>
            <item>Belgien <space dim="horizontal"/> 1487748 &#x201E;</item><lb/>
            <item>Frankreich <space dim="horizontal"/> 1412710 &#x201E;</item><lb/>
            <item>Deutschland <space dim="horizontal"/> 980442 &#x201E;</item><lb/>
            <item>Vereinigte Staaten <space dim="horizontal"/> 487820 &#x201E;</item>
          </list><lb/>
          <p>Seit Mitte der siebziger Jahre wurden auch die Kiesabbrände,<lb/>
d. h. die Rückstände der kupferhaltigen Schwefelkiese von Rio Tinto,<lb/>
welche für die Darstellung der Schwefelsäure gebrannt wurden, ihres<lb/>
hohen Eisen- und geringen Phosphorgehaltes wegen unter dem Namen<lb/>
Purple-ore besonders für die Darstellung von Bessemerroheisen ein-<lb/>
geführt. <hi rendition="#g">E&#x017F;skuchen</hi> mischt das pulverförmige Purple-ore mit Gicht-<lb/>
staub und brennt daraus Erzsteine <note place="foot" n="1)">Patent von <hi rendition="#g">E&#x017F;skuchen</hi> und <hi rendition="#g">Haarmann</hi> vom 12. Septbr. 1891. Ähnliche<lb/>
Patente nahmen <hi rendition="#g">Schüchtermann</hi> und <hi rendition="#g">Kremer</hi> 1894.</note>.</p><lb/>
          <p>Infolge der Verwendung reicher ausländischer Erze sanken die<lb/>
einheimischen, phosphorhaltigen Erze im Wert, und der Eisenstein-<lb/>
bergbau ging an vielen Orten zurück. Dies änderte sich, als nach<lb/>
der Erfindung des <hi rendition="#g">Thomasverfahrens</hi> im Jahre 1879 phosphor-<lb/>
reiche Erze gesucht wurden und auch die gewöhnlichen phosphor-<lb/>
haltigen Erze im Wert stiegen, denn man erstrebte bei dem meist<lb/>
wei&#x017F;sen Thomasroheisen einen Phosphorgehalt von 2 bis 3 Prozent.<lb/>
Auf dem europäischen Kontinent waren es besonders die Minetteerze<lb/>
in Luxemburg und Lothringen, die nicht nur in gesteigertem Ma&#x017F;se<lb/>
in diesen Ländern verhüttet, sondern auch in gro&#x017F;sen Mengen nach<lb/>
dem Saargebiet, Frankreich, Belgien und nach Rheinland und West-<lb/>
falen ausgeführt wurden. In neuerer Zeit ist der überseeische Bezug<lb/>
der phosphorhaltigen Magneteisensteine aus dem nördlichen Schwe-<lb/>
den in Zunahme begriffen und hat 1897 das Gellivarafeld allein<lb/>
623110 Tonnen geliefert, wovon der grö&#x017F;ste Teil ausgeführt wurde.</p><lb/>
          <p>Man sucht durch diese hochprozentigen Erze gleichzeitig den<lb/>
Eisengehalt der Beschickung und dadurch die Produktion zu erhöhen,<lb/>
ein Bestreben, welches besonders durch die gro&#x017F;sen Leistungen nord-<lb/>
amerikanischer Hochöfen angeregt worden ist. Wieweit dies vorteil-<lb/>
haft ist, wird zunächst immer eine Frage der Frachtkosten für jedes<lb/>
einzelne Werk sein.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">31*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0499] Hochöfen. 1224730 Tonnen, 1890 auf 4272918 Tonnen gestiegen, wovon Eng- land etwa 70 Prozent entnahm. Die Einfuhr fremder Erze betrug beispielsweise 1874 in: England 2728672 Tonnen Belgien 1487748 „ Frankreich 1412710 „ Deutschland 980442 „ Vereinigte Staaten 487820 „ Seit Mitte der siebziger Jahre wurden auch die Kiesabbrände, d. h. die Rückstände der kupferhaltigen Schwefelkiese von Rio Tinto, welche für die Darstellung der Schwefelsäure gebrannt wurden, ihres hohen Eisen- und geringen Phosphorgehaltes wegen unter dem Namen Purple-ore besonders für die Darstellung von Bessemerroheisen ein- geführt. Eſskuchen mischt das pulverförmige Purple-ore mit Gicht- staub und brennt daraus Erzsteine 1). Infolge der Verwendung reicher ausländischer Erze sanken die einheimischen, phosphorhaltigen Erze im Wert, und der Eisenstein- bergbau ging an vielen Orten zurück. Dies änderte sich, als nach der Erfindung des Thomasverfahrens im Jahre 1879 phosphor- reiche Erze gesucht wurden und auch die gewöhnlichen phosphor- haltigen Erze im Wert stiegen, denn man erstrebte bei dem meist weiſsen Thomasroheisen einen Phosphorgehalt von 2 bis 3 Prozent. Auf dem europäischen Kontinent waren es besonders die Minetteerze in Luxemburg und Lothringen, die nicht nur in gesteigertem Maſse in diesen Ländern verhüttet, sondern auch in groſsen Mengen nach dem Saargebiet, Frankreich, Belgien und nach Rheinland und West- falen ausgeführt wurden. In neuerer Zeit ist der überseeische Bezug der phosphorhaltigen Magneteisensteine aus dem nördlichen Schwe- den in Zunahme begriffen und hat 1897 das Gellivarafeld allein 623110 Tonnen geliefert, wovon der gröſste Teil ausgeführt wurde. Man sucht durch diese hochprozentigen Erze gleichzeitig den Eisengehalt der Beschickung und dadurch die Produktion zu erhöhen, ein Bestreben, welches besonders durch die groſsen Leistungen nord- amerikanischer Hochöfen angeregt worden ist. Wieweit dies vorteil- haft ist, wird zunächst immer eine Frage der Frachtkosten für jedes einzelne Werk sein. 1) Patent von Eſskuchen und Haarmann vom 12. Septbr. 1891. Ähnliche Patente nahmen Schüchtermann und Kremer 1894. 31*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/499
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/499>, abgerufen am 21.05.2024.