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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Physik des Eisens seit 1871.
trotzdem sind die erzielten Resultate sehr beachtenswert und lässt
sich hoffen, dass dasselbe mit der Zeit auch für die Praxis ein wert-
volles Hülfsmittel werden wird.

Um die mikroskopische Untersuchung des Kleingefüges des Eisens
haben sich ausser Sorby in hervorragender Weise A. Martens,
H. Wedding, F. Osmond, F. L. Garrison
und H. M. Howe ver-
dient gemacht. Unter der grossen Zahl, die sonst noch auf diesem
Gebiete gearbeitet haben, nennen wir Kerpely, Roberts-Austen,
Dolliak, Arnold, S. Stein, Kuppelwieser, Ledebur, v. Jüptner,
Kreuzpointner, A. Sauveur
u. s. w.

Der Holländer van Ruth arbeitete schon 1871 bis 1873 ein
Verfahren, um genaue Abdrücke des Kleingefüges des Eisens dadurch
herzustellen, dass er eine geglättete Schnittfläche mit Salzsäure
ätzte und diese dann abdruckte, aus. Dieses Verfahren verfolgte
A. von Kerpely weiter. 1878 machte er 1) ein von ihm erfundenes
Verfahren von Selbstdrucken geätzter Bruchflächen bekannt. Derselbe
hatte schon vorher (1876 und 1877) Mikrophotographieen 2) von un-
geätzten Bruchflächen mittels eines Hartnackschen Mikroskops mit
1500 facher Vergrösserung und eigens eingerichteter Camera obscura
hergestellt. Kerpely empfahl ferner die Herstellung von Warm-
bruchproben, wofür er sich, um die gleichen Temperaturen und Anlauf-
farben zu erhalten, eines Bleibades bediente 3). Er gab an, aus
diesen Proben die Güte eines Stahles beurteilen zu können. Trotz-
dem hat dies Verfahren keinen Anklang gefunden.

In Deutschland nahm A. Martens 4), angeregt durch den Hinweis
des Hüttenmeisters Schott, in seiner "Kunstgiesserei" 1873 die
mikroskopische Untersuchung des Kleingefüges des Eisens auf. Er
veröffentlichte 1878 die Ergebnisse seiner auf Grund der Sorbyschen
Vorschläge (1865) angestellten mikroskopischen Untersuchungen ge-
ätzter ebener Schliffe von Eisen 5).

A. Martens benutzte ebenfalls bei seinen Untersuchungen die
bei niedriger Temperatur hervorgerufenen Anlauffarben als ein Mittel

1) A. Ritter von Kerpely, Über Eisenbahnschienen, mit 18 Naturselbst-
drucktafeln. Leipzig 1878.
2) Zusammengestellt in der Preisschrift über die ungarischen Eisenhütten-
erzeugnisse. Wien 1878.
3) Siehe Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1878, S. 405.
4) Vorsteher der Kgl. mechanisch-technischen Versuchsanstalt in der techni-
schen Hochschule zu Charlottenburg.
5) Siehe Zeitschr. d. Vereins deutscher Ingenieure 1878, S. 13, 205 und 481;
1879, S. 22 und 482; 1880, S. 398.

Physik des Eisens seit 1871.
trotzdem sind die erzielten Resultate sehr beachtenswert und läſst
sich hoffen, daſs dasselbe mit der Zeit auch für die Praxis ein wert-
volles Hülfsmittel werden wird.

Um die mikroskopische Untersuchung des Kleingefüges des Eisens
haben sich auſser Sorby in hervorragender Weise A. Martens,
H. Wedding, F. Osmond, F. L. Garrison
und H. M. Howe ver-
dient gemacht. Unter der groſsen Zahl, die sonst noch auf diesem
Gebiete gearbeitet haben, nennen wir Kerpely, Roberts-Austen,
Dolliak, Arnold, S. Stein, Kuppelwieser, Ledebur, v. Jüptner,
Kreuzpointner, A. Sauveur
u. s. w.

Der Holländer van Ruth arbeitete schon 1871 bis 1873 ein
Verfahren, um genaue Abdrücke des Kleingefüges des Eisens dadurch
herzustellen, daſs er eine geglättete Schnittfläche mit Salzsäure
ätzte und diese dann abdruckte, aus. Dieses Verfahren verfolgte
A. von Kerpely weiter. 1878 machte er 1) ein von ihm erfundenes
Verfahren von Selbstdrucken geätzter Bruchflächen bekannt. Derselbe
hatte schon vorher (1876 und 1877) Mikrophotographieen 2) von un-
geätzten Bruchflächen mittels eines Hartnackschen Mikroskops mit
1500 facher Vergröſserung und eigens eingerichteter Camera obscura
hergestellt. Kerpely empfahl ferner die Herstellung von Warm-
bruchproben, wofür er sich, um die gleichen Temperaturen und Anlauf-
farben zu erhalten, eines Bleibades bediente 3). Er gab an, aus
diesen Proben die Güte eines Stahles beurteilen zu können. Trotz-
dem hat dies Verfahren keinen Anklang gefunden.

In Deutschland nahm A. Martens 4), angeregt durch den Hinweis
des Hüttenmeisters Schott, in seiner „Kunstgieſserei“ 1873 die
mikroskopische Untersuchung des Kleingefüges des Eisens auf. Er
veröffentlichte 1878 die Ergebnisse seiner auf Grund der Sorbyschen
Vorschläge (1865) angestellten mikroskopischen Untersuchungen ge-
ätzter ebener Schliffe von Eisen 5).

A. Martens benutzte ebenfalls bei seinen Untersuchungen die
bei niedriger Temperatur hervorgerufenen Anlauffarben als ein Mittel

1) A. Ritter von Kerpely, Über Eisenbahnschienen, mit 18 Naturselbst-
drucktafeln. Leipzig 1878.
2) Zusammengestellt in der Preisschrift über die ungarischen Eisenhütten-
erzeugnisse. Wien 1878.
3) Siehe Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1878, S. 405.
4) Vorsteher der Kgl. mechanisch-technischen Versuchsanstalt in der techni-
schen Hochschule zu Charlottenburg.
5) Siehe Zeitschr. d. Vereins deutscher Ingenieure 1878, S. 13, 205 und 481;
1879, S. 22 und 482; 1880, S. 398.
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[377/0393] Physik des Eisens seit 1871. trotzdem sind die erzielten Resultate sehr beachtenswert und läſst sich hoffen, daſs dasselbe mit der Zeit auch für die Praxis ein wert- volles Hülfsmittel werden wird. Um die mikroskopische Untersuchung des Kleingefüges des Eisens haben sich auſser Sorby in hervorragender Weise A. Martens, H. Wedding, F. Osmond, F. L. Garrison und H. M. Howe ver- dient gemacht. Unter der groſsen Zahl, die sonst noch auf diesem Gebiete gearbeitet haben, nennen wir Kerpely, Roberts-Austen, Dolliak, Arnold, S. Stein, Kuppelwieser, Ledebur, v. Jüptner, Kreuzpointner, A. Sauveur u. s. w. Der Holländer van Ruth arbeitete schon 1871 bis 1873 ein Verfahren, um genaue Abdrücke des Kleingefüges des Eisens dadurch herzustellen, daſs er eine geglättete Schnittfläche mit Salzsäure ätzte und diese dann abdruckte, aus. Dieses Verfahren verfolgte A. von Kerpely weiter. 1878 machte er 1) ein von ihm erfundenes Verfahren von Selbstdrucken geätzter Bruchflächen bekannt. Derselbe hatte schon vorher (1876 und 1877) Mikrophotographieen 2) von un- geätzten Bruchflächen mittels eines Hartnackschen Mikroskops mit 1500 facher Vergröſserung und eigens eingerichteter Camera obscura hergestellt. Kerpely empfahl ferner die Herstellung von Warm- bruchproben, wofür er sich, um die gleichen Temperaturen und Anlauf- farben zu erhalten, eines Bleibades bediente 3). Er gab an, aus diesen Proben die Güte eines Stahles beurteilen zu können. Trotz- dem hat dies Verfahren keinen Anklang gefunden. In Deutschland nahm A. Martens 4), angeregt durch den Hinweis des Hüttenmeisters Schott, in seiner „Kunstgieſserei“ 1873 die mikroskopische Untersuchung des Kleingefüges des Eisens auf. Er veröffentlichte 1878 die Ergebnisse seiner auf Grund der Sorbyschen Vorschläge (1865) angestellten mikroskopischen Untersuchungen ge- ätzter ebener Schliffe von Eisen 5). A. Martens benutzte ebenfalls bei seinen Untersuchungen die bei niedriger Temperatur hervorgerufenen Anlauffarben als ein Mittel 1) A. Ritter von Kerpely, Über Eisenbahnschienen, mit 18 Naturselbst- drucktafeln. Leipzig 1878. 2) Zusammengestellt in der Preisschrift über die ungarischen Eisenhütten- erzeugnisse. Wien 1878. 3) Siehe Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1878, S. 405. 4) Vorsteher der Kgl. mechanisch-technischen Versuchsanstalt in der techni- schen Hochschule zu Charlottenburg. 5) Siehe Zeitschr. d. Vereins deutscher Ingenieure 1878, S. 13, 205 und 481; 1879, S. 22 und 482; 1880, S. 398.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/393>, abgerufen am 06.05.2024.