Englands Führerschaft in der Eisenindustrie der Welt war in diesem Zeitraum noch unbestritten und gewann noch durch seine grossartige Produktionssteigerung an Bedeutung.
Über die Eisenindustrie Grossbritanniens in den sechziger Jahren geben eine Anzahl guter Abhandlungen und Percys Werk über Eisen und Stahl Auskunft.
An der Spitze der ersteren steht die mehrerwähnte vortreffliche Arbeit von Gruner und Lan vom Jahre 1861 1). Nach dieser sollen
[Abbildung]
Fig. 124.
die Produktionskosten des Eisens seit etwa 30 Jahren ziemlich unverändert ge- blieben sein, indem das Steigen der Löhne durch technische Verbesserungen ausgeglichen wurde. Der Steinkohlenverbrauch bei den Hochöfen war seit 1830 von 4 Tonnen auf 21/2 Tonnen für 1 Tonne Eisen gesunken. Die Produktion hatte sich mehr als verdoppelt.
In Wales verhüttete man in ausgedehntem Massstabe Frischschlacken zur An- reicherung des Möllers, während dies in Cleveland und Schottland nur aus- nahmsweise geschah. Die Ableitung und Benutzung der Hochofengase war allgemeiner geworden, bei den weiten Gichten musste diese aber in der Mitte, nicht am Rande stattfinden. Hochöfen mit besonderen Gestellen wendete man für Qualitätseisen und streng- flüssige Erze, wie die von Cleveland, an, sonst zog man solche ohne Gestelle vor. Die Höhe der Öfen war vom Brennmaterial abhängig. Bei sehr festem Koks, wie zu Newcastle und Cleveland, baute man die Hochöfen sehr hoch -- bis 103 engl. Fuss (30,50 m). Anthrazit erforderte niedrige Öfen. Man rechnete auf die Tonne Roheisen
1) Etat present de la Metallurgie du Fer en Angleterre par M. Gruner et M. Lan, Paris 1862 und Annales des Mines 1861, XIX.
Groſsbritannien 1861 bis 1870.
Groſsbritannien 1861 bis 1870.
Englands Führerschaft in der Eisenindustrie der Welt war in diesem Zeitraum noch unbestritten und gewann noch durch seine groſsartige Produktionssteigerung an Bedeutung.
Über die Eisenindustrie Groſsbritanniens in den sechziger Jahren geben eine Anzahl guter Abhandlungen und Percys Werk über Eisen und Stahl Auskunft.
An der Spitze der ersteren steht die mehrerwähnte vortreffliche Arbeit von Gruner und Lan vom Jahre 1861 1). Nach dieser sollen
[Abbildung]
Fig. 124.
die Produktionskosten des Eisens seit etwa 30 Jahren ziemlich unverändert ge- blieben sein, indem das Steigen der Löhne durch technische Verbesserungen ausgeglichen wurde. Der Steinkohlenverbrauch bei den Hochöfen war seit 1830 von 4 Tonnen auf 2½ Tonnen für 1 Tonne Eisen gesunken. Die Produktion hatte sich mehr als verdoppelt.
In Wales verhüttete man in ausgedehntem Maſsstabe Frischschlacken zur An- reicherung des Möllers, während dies in Cleveland und Schottland nur aus- nahmsweise geschah. Die Ableitung und Benutzung der Hochofengase war allgemeiner geworden, bei den weiten Gichten muſste diese aber in der Mitte, nicht am Rande stattfinden. Hochöfen mit besonderen Gestellen wendete man für Qualitätseisen und streng- flüssige Erze, wie die von Cleveland, an, sonst zog man solche ohne Gestelle vor. Die Höhe der Öfen war vom Brennmaterial abhängig. Bei sehr festem Koks, wie zu Newcastle und Cleveland, baute man die Hochöfen sehr hoch — bis 103 engl. Fuſs (30,50 m). Anthrazit erforderte niedrige Öfen. Man rechnete auf die Tonne Roheisen
1) État présent de la Métallurgie du Fer en Angleterre par M. Gruner et M. Lan, Paris 1862 und Annales des Mines 1861, XIX.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0250"n="234"/><fwplace="top"type="header">Groſsbritannien 1861 bis 1870.</fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Groſsbritannien 1861 bis 1870.</hi></head><lb/><p>Englands Führerschaft in der Eisenindustrie der Welt war in<lb/>
diesem Zeitraum noch unbestritten und gewann noch durch seine<lb/>
groſsartige Produktionssteigerung an Bedeutung.</p><lb/><p>Über die Eisenindustrie <hirendition="#g">Groſsbritanniens</hi> in den sechziger<lb/>
Jahren geben eine Anzahl guter Abhandlungen und <hirendition="#g">Percys</hi> Werk<lb/>
über Eisen und Stahl Auskunft.</p><lb/><p>An der Spitze der ersteren steht die mehrerwähnte vortreffliche<lb/>
Arbeit von <hirendition="#g">Gruner</hi> und <hirendition="#g">Lan</hi> vom Jahre 1861 <noteplace="foot"n="1)">État présent de la Métallurgie du Fer en Angleterre par M. <hirendition="#g">Gruner</hi> et<lb/>
M. <hirendition="#g">Lan</hi>, Paris 1862 und Annales des Mines 1861, XIX.</note>. Nach dieser sollen<lb/><figure><head>Fig. 124.</head></figure><lb/>
die Produktionskosten des<lb/>
Eisens seit etwa 30 Jahren<lb/>
ziemlich unverändert ge-<lb/>
blieben sein, indem das<lb/>
Steigen der Löhne durch<lb/>
technische Verbesserungen<lb/>
ausgeglichen wurde. Der<lb/>
Steinkohlenverbrauch bei<lb/>
den Hochöfen war seit 1830<lb/>
von 4 Tonnen auf 2½ Tonnen<lb/>
für 1 Tonne Eisen gesunken.<lb/>
Die Produktion hatte sich<lb/>
mehr als verdoppelt.</p><lb/><p>In Wales verhüttete man<lb/>
in ausgedehntem Maſsstabe<lb/>
Frischschlacken zur An-<lb/>
reicherung des Möllers,<lb/>
während dies in Cleveland<lb/>
und Schottland nur aus-<lb/>
nahmsweise geschah. Die<lb/>
Ableitung und Benutzung<lb/>
der Hochofengase war allgemeiner geworden, bei den weiten Gichten<lb/>
muſste diese aber in der Mitte, nicht am Rande stattfinden. Hochöfen<lb/>
mit besonderen Gestellen wendete man für Qualitätseisen und streng-<lb/>
flüssige Erze, wie die von Cleveland, an, sonst zog man solche ohne<lb/>
Gestelle vor. Die Höhe der Öfen war vom Brennmaterial abhängig.<lb/>
Bei sehr festem Koks, wie zu Newcastle und Cleveland, baute man<lb/>
die Hochöfen sehr hoch — bis 103 engl. Fuſs (30,50 m). Anthrazit<lb/>
erforderte niedrige Öfen. Man rechnete auf die Tonne Roheisen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[234/0250]
Groſsbritannien 1861 bis 1870.
Groſsbritannien 1861 bis 1870.
Englands Führerschaft in der Eisenindustrie der Welt war in
diesem Zeitraum noch unbestritten und gewann noch durch seine
groſsartige Produktionssteigerung an Bedeutung.
Über die Eisenindustrie Groſsbritanniens in den sechziger
Jahren geben eine Anzahl guter Abhandlungen und Percys Werk
über Eisen und Stahl Auskunft.
An der Spitze der ersteren steht die mehrerwähnte vortreffliche
Arbeit von Gruner und Lan vom Jahre 1861 1). Nach dieser sollen
[Abbildung Fig. 124.]
die Produktionskosten des
Eisens seit etwa 30 Jahren
ziemlich unverändert ge-
blieben sein, indem das
Steigen der Löhne durch
technische Verbesserungen
ausgeglichen wurde. Der
Steinkohlenverbrauch bei
den Hochöfen war seit 1830
von 4 Tonnen auf 2½ Tonnen
für 1 Tonne Eisen gesunken.
Die Produktion hatte sich
mehr als verdoppelt.
In Wales verhüttete man
in ausgedehntem Maſsstabe
Frischschlacken zur An-
reicherung des Möllers,
während dies in Cleveland
und Schottland nur aus-
nahmsweise geschah. Die
Ableitung und Benutzung
der Hochofengase war allgemeiner geworden, bei den weiten Gichten
muſste diese aber in der Mitte, nicht am Rande stattfinden. Hochöfen
mit besonderen Gestellen wendete man für Qualitätseisen und streng-
flüssige Erze, wie die von Cleveland, an, sonst zog man solche ohne
Gestelle vor. Die Höhe der Öfen war vom Brennmaterial abhängig.
Bei sehr festem Koks, wie zu Newcastle und Cleveland, baute man
die Hochöfen sehr hoch — bis 103 engl. Fuſs (30,50 m). Anthrazit
erforderte niedrige Öfen. Man rechnete auf die Tonne Roheisen
1) État présent de la Métallurgie du Fer en Angleterre par M. Gruner et
M. Lan, Paris 1862 und Annales des Mines 1861, XIX.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/250>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.