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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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und Flusseisens 1861 bis 1870.
Absatz, besonders als Telegraphendraht und für Drahtseile. George
Bedson
in Manchester führte 1862 den kontinuierlichen Walzbetrieb
ein, wobei der Draht durch eine Anzahl hintereinander stehender
Walzenpaare (Fig. 122), deren Geschwindigkeit entsprechend der
Streckung des Drahtes zunahm, ging (E. P. vom 2. Juli 1862, Nr. 1935).
1869 führte Washburn dieses System auch in den Vereinigten Staaten
ein. Derselbe benutzte zugleich die von H. B. Comer bereits 1859
erfundene automatische Umführung des Walzdrahtes.

Johnson und Nephew in Manchester hatten auf der Pariser
Weltausstellung ein Stück Walzdraht von 1633 Fuss Länge und
2,1 Linien Dicke ausgestellt, während Bonard, Fleury und
Demandre einen gezogenen dreieckigen Draht von 27000 Fuss Länge
und nur 9,4 Pfund Gewicht vorführten. In Deutschland zeichneten
sich Hobrecker und Cosack & Co. bei Hamm durch Güte ihres
Walzdrahtes und grosse Produktion aus.

Eigentümliche Glühtöpfe zum Glühen des Drahtes liessen sich
Hibell, Colbon & Co. in Birmingham 1866 patentieren. Dieselben
hatten im Grundriss Ringform, entsprechend den Drahtringen, so dass
die Flamme von innen und von aussen gleichmässig auf den Draht
einwirken konnte.

In Deutschland und England war man bestrebt, einheitliche
Drahtlehren durchzuführen.

Das Verzinken des Telegraphendrahtes hatte grosse Wichtigkeit
erlangt. Es geschah in grossen eisernen Kästen, in denen sich flüssiges
Zink befand, durch das die gebeizten Drähte, zwölf zu gleicher Zeit,
gezogen wurden.

Eine bemerkenswerte Neuerung bei der Blechfabrikation
waren die gebuckelten Bleche von Robert Mallet, welche durch die
Pariser Ausstellung 1867 bekannt wurden.

Ein ganz wichtiger Industriezweig war um diese Zeit die Her-
stellung des Krinolinstahls, der schon auf der Londoner Ausstellung
1862 vertreten war, geworden. Es wurden dafür erst flache Bleche,
Krinolinfederbleche, gewalzt, die dann durch Schneidewerke in Streifen
geschnitten wurden. Durch Kaltwalzen erhielten sie die nötige
Federkraft.

Die Weissblechfabrikation beherrschte England. Die erste genauere
Statistik giebt Robert Hunt für 1870. In diesem Jahre erzeugte
England 3459782 Kisten Weissblech im Gewicht von 141764 Tonnen,
hiervon gingen über 100000 Tonnen in das Ausland 1).


1) Siehe Berg- u. Hüttenm. Ztg. 1872, S. 194.

und Fluſseisens 1861 bis 1870.
Absatz, besonders als Telegraphendraht und für Drahtseile. George
Bedson
in Manchester führte 1862 den kontinuierlichen Walzbetrieb
ein, wobei der Draht durch eine Anzahl hintereinander stehender
Walzenpaare (Fig. 122), deren Geschwindigkeit entsprechend der
Streckung des Drahtes zunahm, ging (E. P. vom 2. Juli 1862, Nr. 1935).
1869 führte Washburn dieses System auch in den Vereinigten Staaten
ein. Derselbe benutzte zugleich die von H. B. Comer bereits 1859
erfundene automatische Umführung des Walzdrahtes.

Johnson und Nephew in Manchester hatten auf der Pariser
Weltausstellung ein Stück Walzdraht von 1633 Fuſs Länge und
2,1 Linien Dicke ausgestellt, während Bonard, Fleury und
Demandre einen gezogenen dreieckigen Draht von 27000 Fuſs Länge
und nur 9,4 Pfund Gewicht vorführten. In Deutschland zeichneten
sich Hobrecker und Cosack & Co. bei Hamm durch Güte ihres
Walzdrahtes und groſse Produktion aus.

Eigentümliche Glühtöpfe zum Glühen des Drahtes lieſsen sich
Hibell, Colbon & Co. in Birmingham 1866 patentieren. Dieselben
hatten im Grundriſs Ringform, entsprechend den Drahtringen, so daſs
die Flamme von innen und von auſsen gleichmäſsig auf den Draht
einwirken konnte.

In Deutschland und England war man bestrebt, einheitliche
Drahtlehren durchzuführen.

Das Verzinken des Telegraphendrahtes hatte groſse Wichtigkeit
erlangt. Es geschah in groſsen eisernen Kästen, in denen sich flüssiges
Zink befand, durch das die gebeizten Drähte, zwölf zu gleicher Zeit,
gezogen wurden.

Eine bemerkenswerte Neuerung bei der Blechfabrikation
waren die gebuckelten Bleche von Robert Mallet, welche durch die
Pariser Ausstellung 1867 bekannt wurden.

Ein ganz wichtiger Industriezweig war um diese Zeit die Her-
stellung des Krinolinstahls, der schon auf der Londoner Ausstellung
1862 vertreten war, geworden. Es wurden dafür erst flache Bleche,
Krinolinfederbleche, gewalzt, die dann durch Schneidewerke in Streifen
geschnitten wurden. Durch Kaltwalzen erhielten sie die nötige
Federkraft.

Die Weiſsblechfabrikation beherrschte England. Die erste genauere
Statistik giebt Robert Hunt für 1870. In diesem Jahre erzeugte
England 3459782 Kisten Weiſsblech im Gewicht von 141764 Tonnen,
hiervon gingen über 100000 Tonnen in das Ausland 1).


1) Siehe Berg- u. Hüttenm. Ztg. 1872, S. 194.
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[229/0245] und Fluſseisens 1861 bis 1870. Absatz, besonders als Telegraphendraht und für Drahtseile. George Bedson in Manchester führte 1862 den kontinuierlichen Walzbetrieb ein, wobei der Draht durch eine Anzahl hintereinander stehender Walzenpaare (Fig. 122), deren Geschwindigkeit entsprechend der Streckung des Drahtes zunahm, ging (E. P. vom 2. Juli 1862, Nr. 1935). 1869 führte Washburn dieses System auch in den Vereinigten Staaten ein. Derselbe benutzte zugleich die von H. B. Comer bereits 1859 erfundene automatische Umführung des Walzdrahtes. Johnson und Nephew in Manchester hatten auf der Pariser Weltausstellung ein Stück Walzdraht von 1633 Fuſs Länge und 2,1 Linien Dicke ausgestellt, während Bonard, Fleury und Demandre einen gezogenen dreieckigen Draht von 27000 Fuſs Länge und nur 9,4 Pfund Gewicht vorführten. In Deutschland zeichneten sich Hobrecker und Cosack & Co. bei Hamm durch Güte ihres Walzdrahtes und groſse Produktion aus. Eigentümliche Glühtöpfe zum Glühen des Drahtes lieſsen sich Hibell, Colbon & Co. in Birmingham 1866 patentieren. Dieselben hatten im Grundriſs Ringform, entsprechend den Drahtringen, so daſs die Flamme von innen und von auſsen gleichmäſsig auf den Draht einwirken konnte. In Deutschland und England war man bestrebt, einheitliche Drahtlehren durchzuführen. Das Verzinken des Telegraphendrahtes hatte groſse Wichtigkeit erlangt. Es geschah in groſsen eisernen Kästen, in denen sich flüssiges Zink befand, durch das die gebeizten Drähte, zwölf zu gleicher Zeit, gezogen wurden. Eine bemerkenswerte Neuerung bei der Blechfabrikation waren die gebuckelten Bleche von Robert Mallet, welche durch die Pariser Ausstellung 1867 bekannt wurden. Ein ganz wichtiger Industriezweig war um diese Zeit die Her- stellung des Krinolinstahls, der schon auf der Londoner Ausstellung 1862 vertreten war, geworden. Es wurden dafür erst flache Bleche, Krinolinfederbleche, gewalzt, die dann durch Schneidewerke in Streifen geschnitten wurden. Durch Kaltwalzen erhielten sie die nötige Federkraft. Die Weiſsblechfabrikation beherrschte England. Die erste genauere Statistik giebt Robert Hunt für 1870. In diesem Jahre erzeugte England 3459782 Kisten Weiſsblech im Gewicht von 141764 Tonnen, hiervon gingen über 100000 Tonnen in das Ausland 1). 1) Siehe Berg- u. Hüttenm. Ztg. 1872, S. 194.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/245>, abgerufen am 28.03.2024.