schüttelnde Bewegung versetzte, wodurch die Krystallisation verhindert werden sollte. Whetley wendete den Centrifugalguss zur Anfertigung von Stahlradreifen an 1).
Naylor, Vickers & Co. in Sheffield hatten 1867 die imposanteste englische Ausstellung in Gussstahlartikeln, worunter sich auch Glocken, Kanonen, Radkränze u. s. w. befanden. Die Cyklopwerke von Cammel & Co. in Sheffield führten Rundstahl mit einem Kern von Schmiede- eisen für Gewindbohrer vor, deren Anfertigung sie geheim hielten.
Die Verwendung des Gussstahls für die Feuerwaffen, insbesondere für Geschütze, ist in diesem Jahrzehnt von der grössten geschicht- lichen Bedeutung geworden. In keinem Zeitabschnitt hat sich die Überlegenheit des Materials bei der Bewaffnung so geltend gemacht, wie in diesem kriegerischen Jahrzehnt, und durchweg fiel der Sieg der besseren Bewaffnung infolge der fortgeschrittenen Technik und des besseren Materials zu. Auf die Bedeutung der Panzerschiffe im Seekriege und auf den sensationellen Kampf zwischen Monitor und Merrimac im amerikanischen Bürgerkriege haben wir schon hin- gewiesen.
Bei den Handfeuerwaffen kamen Stahlröhren in immer allge- meineren Gebrauch. Dieselben wurden meistens in der Weise her- gestellt, dass ein gegossener Ring von weichem Gussstahl allmählich durch immer enger werdende Zuglöcher durchgezogen wurde, wobei das sich erhitzende Metall öfter in kaltem Wasser 2) gelöscht wurde. Anfang der sechziger Jahre beschäftigte sich auch Krupp mit der Herstellung von Stahlläufen für Handfeuerwaffen und hatte solche auch 1862 in London ausgestellt, doch liess er diese Fabrikation bald wieder fallen. Dieselbe wurde von A. Berger in Witten aufgenommen. Er lieferte die rohen Stahlläufe für die preussische Armee, die aber erst auf den grossen staatlichen Waffenfabriken Spandau, Erfurt, Sömmerda u. s. w. bearbeitet und fertig gemacht wurden.
In grossartigem Massstabe nahmen die Werke von John Cockerill in Seraing seit 1867 die Fabrikation von Gewehrläufen aus Bessemer- stahl auf 3), welche dann in der Königlichen Waffenfabrik zu Lüttich, und in Privatfabriken zu Gewehren fertig gemacht wurden. Auf der Pariser Weltausstellung 1867 hatten Petin und Gaudet & Co. zu Rive de Gier ebenfalls bereits Muster solcher Läufe aus Bessemerstahl
1) Siehe London. Journ. 1866, March, p. 150; Kerpely a. a. O. 1861, S. 233.
2) Siehe Dinglers Journal 1863, Märzheft.
3) Vergl. A. Greiner in Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1869, S. 337.
Fortschritte in der Verwendung des Stahls
schüttelnde Bewegung versetzte, wodurch die Krystallisation verhindert werden sollte. Whetley wendete den Centrifugalguſs zur Anfertigung von Stahlradreifen an 1).
Naylor, Vickers & Co. in Sheffield hatten 1867 die imposanteste englische Ausstellung in Guſsstahlartikeln, worunter sich auch Glocken, Kanonen, Radkränze u. s. w. befanden. Die Cyklopwerke von Cammel & Co. in Sheffield führten Rundstahl mit einem Kern von Schmiede- eisen für Gewindbohrer vor, deren Anfertigung sie geheim hielten.
Die Verwendung des Guſsstahls für die Feuerwaffen, insbesondere für Geschütze, ist in diesem Jahrzehnt von der gröſsten geschicht- lichen Bedeutung geworden. In keinem Zeitabschnitt hat sich die Überlegenheit des Materials bei der Bewaffnung so geltend gemacht, wie in diesem kriegerischen Jahrzehnt, und durchweg fiel der Sieg der besseren Bewaffnung infolge der fortgeschrittenen Technik und des besseren Materials zu. Auf die Bedeutung der Panzerschiffe im Seekriege und auf den sensationellen Kampf zwischen Monitor und Merrimac im amerikanischen Bürgerkriege haben wir schon hin- gewiesen.
Bei den Handfeuerwaffen kamen Stahlröhren in immer allge- meineren Gebrauch. Dieselben wurden meistens in der Weise her- gestellt, daſs ein gegossener Ring von weichem Guſsstahl allmählich durch immer enger werdende Zuglöcher durchgezogen wurde, wobei das sich erhitzende Metall öfter in kaltem Wasser 2) gelöscht wurde. Anfang der sechziger Jahre beschäftigte sich auch Krupp mit der Herstellung von Stahlläufen für Handfeuerwaffen und hatte solche auch 1862 in London ausgestellt, doch lieſs er diese Fabrikation bald wieder fallen. Dieselbe wurde von A. Berger in Witten aufgenommen. Er lieferte die rohen Stahlläufe für die preuſsische Armee, die aber erst auf den groſsen staatlichen Waffenfabriken Spandau, Erfurt, Sömmerda u. s. w. bearbeitet und fertig gemacht wurden.
In groſsartigem Maſsstabe nahmen die Werke von John Cockerill in Seraing seit 1867 die Fabrikation von Gewehrläufen aus Bessemer- stahl auf 3), welche dann in der Königlichen Waffenfabrik zu Lüttich, und in Privatfabriken zu Gewehren fertig gemacht wurden. Auf der Pariser Weltausstellung 1867 hatten Petin und Gaudet & Co. zu Rive de Gier ebenfalls bereits Muster solcher Läufe aus Bessemerstahl
1) Siehe London. Journ. 1866, March, p. 150; Kerpely a. a. O. 1861, S. 233.
2) Siehe Dinglers Journal 1863, Märzheft.
3) Vergl. A. Greiner in Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1869, S. 337.
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werden sollte. Whetley wendete den Centrifugalguſs zur Anfertigung
von Stahlradreifen an 1).
Naylor, Vickers & Co. in Sheffield hatten 1867 die imposanteste
englische Ausstellung in Guſsstahlartikeln, worunter sich auch Glocken,
Kanonen, Radkränze u. s. w. befanden. Die Cyklopwerke von Cammel
& Co. in Sheffield führten Rundstahl mit einem Kern von Schmiede-
eisen für Gewindbohrer vor, deren Anfertigung sie geheim hielten.
Die Verwendung des Guſsstahls für die Feuerwaffen, insbesondere
für Geschütze, ist in diesem Jahrzehnt von der gröſsten geschicht-
lichen Bedeutung geworden. In keinem Zeitabschnitt hat sich die
Überlegenheit des Materials bei der Bewaffnung so geltend gemacht,
wie in diesem kriegerischen Jahrzehnt, und durchweg fiel der Sieg
der besseren Bewaffnung infolge der fortgeschrittenen Technik und
des besseren Materials zu. Auf die Bedeutung der Panzerschiffe
im Seekriege und auf den sensationellen Kampf zwischen Monitor und
Merrimac im amerikanischen Bürgerkriege haben wir schon hin-
gewiesen.
Bei den Handfeuerwaffen kamen Stahlröhren in immer allge-
meineren Gebrauch. Dieselben wurden meistens in der Weise her-
gestellt, daſs ein gegossener Ring von weichem Guſsstahl allmählich
durch immer enger werdende Zuglöcher durchgezogen wurde, wobei
das sich erhitzende Metall öfter in kaltem Wasser 2) gelöscht wurde.
Anfang der sechziger Jahre beschäftigte sich auch Krupp mit der
Herstellung von Stahlläufen für Handfeuerwaffen und hatte solche
auch 1862 in London ausgestellt, doch lieſs er diese Fabrikation bald
wieder fallen. Dieselbe wurde von A. Berger in Witten aufgenommen.
Er lieferte die rohen Stahlläufe für die preuſsische Armee, die aber
erst auf den groſsen staatlichen Waffenfabriken Spandau, Erfurt,
Sömmerda u. s. w. bearbeitet und fertig gemacht wurden.
In groſsartigem Maſsstabe nahmen die Werke von John Cockerill
in Seraing seit 1867 die Fabrikation von Gewehrläufen aus Bessemer-
stahl auf 3), welche dann in der Königlichen Waffenfabrik zu Lüttich,
und in Privatfabriken zu Gewehren fertig gemacht wurden. Auf der
Pariser Weltausstellung 1867 hatten Petin und Gaudet & Co. zu Rive
de Gier ebenfalls bereits Muster solcher Läufe aus Bessemerstahl
1) Siehe London. Journ. 1866, March, p. 150; Kerpely a. a. O. 1861, S. 233.
2) Siehe Dinglers Journal 1863, Märzheft.
3) Vergl. A. Greiner in Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1869, S. 337.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/236>, abgerufen am 22.11.2024.
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