Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
Dass Giessen unter Druck der Blasenbildung entgegenwirkt, war eine alte Erfahrung in der Giesserei. Galy-Cazalat erzeugte in etwas drastischer Weise dadurch einen hohen Druck in der ge- schlossenen Giessform, dass er Schiesspulver in dieselbe brachte.
Whitworth erreichte denselben Zweck, indem er nach dem Aus- giessen den Presskolben einer hydraulischen Presse in die gefüllte Form eintrieb (Patent vom 24. November 1865). Fig. 97 (a. v. S.) zeigt die Anordnung einer solchen Presse.
Schon früher, am 14. November 1864, hatten George Bell und Robert Lüthy ein Patent auf die Herstellung blasenfreier Güsse durch Herstellung eines luftleeren Raumes in der Form vor dem Eingiessen des Metalles in dieselbe genommen.
Ferromangan begann im Jahre 1866 in allgemeinere Aufnahme als Ersatz für Spiegeleisen zu kommen, nachdem dasselbe auf dem Werk von Edington & Söhne in Glasgow nach einem Patent des Professors Henderson im grossen dargestellt wurde. Es wurden dabei die Manganrückstände von der Chlorkalkbereitung und die eisenreichen Abbrände der Schwefelkiese bei der Schwefelsäure- fabrikation unter Zusatz von Kalk, Kochsalz und Kohlenklein erst geröstet und dann in einem Siemens-Gasgeneratorofen geschmolzen. Das Produkt enthielt 30 Prozent Mangan. -- Nach Bessemers Erfahrung sollte ein Zusatz von 25- bis 30 prozentigem Ferromangan die Fabrikation besseren Stahls eher ermöglichen als Spiegeleisen.
John Cameron (Pat. 15. Dezember 1866) schlug ein Gemenge von Alkalien, alkalischen Erden, Flussspat und Salz als wirksames Mittel zur Reinigung des Eisens, besonders auch von Schwefel und Phosphor beim Bessemerprozess vor. Dieser Zusatz sollte beim Ein- schmelzen des Roheisens oder des Spiegeleisens erfolgen.
Gegen Ende des Jahres 1866 nahm Professor Koppelwieser1) in Leoben auf dem ärarischen Bessemerwerk zu Neuberg die erste systematische chemische Untersuchung der Anfangs-, Zwischen- und Endprodukte einer Bessemercharge vor und trug durch diese ver- dienstvolle Arbeit viel zur richtigen Erkenntnis des Vorganges bei. Die Probe wurde am 2. Dezember 1866 von der Charge 599, deren Roheiseneinsatz 62 Centner 80 Pfund wog, genommen.
Die Analysen ergaben folgende Zusammensetzungen:
1) Siehe Österreich. Zeitschrift 1867, S. 179.
Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
Daſs Gieſsen unter Druck der Blasenbildung entgegenwirkt, war eine alte Erfahrung in der Gieſserei. Galy-Cazalat erzeugte in etwas drastischer Weise dadurch einen hohen Druck in der ge- schlossenen Gieſsform, daſs er Schieſspulver in dieselbe brachte.
Whitworth erreichte denselben Zweck, indem er nach dem Aus- gieſsen den Preſskolben einer hydraulischen Presse in die gefüllte Form eintrieb (Patent vom 24. November 1865). Fig. 97 (a. v. S.) zeigt die Anordnung einer solchen Presse.
Schon früher, am 14. November 1864, hatten George Bell und Robert Lüthy ein Patent auf die Herstellung blasenfreier Güsse durch Herstellung eines luftleeren Raumes in der Form vor dem Eingieſsen des Metalles in dieselbe genommen.
Ferromangan begann im Jahre 1866 in allgemeinere Aufnahme als Ersatz für Spiegeleisen zu kommen, nachdem dasselbe auf dem Werk von Edington & Söhne in Glasgow nach einem Patent des Professors Henderson im groſsen dargestellt wurde. Es wurden dabei die Manganrückstände von der Chlorkalkbereitung und die eisenreichen Abbrände der Schwefelkiese bei der Schwefelsäure- fabrikation unter Zusatz von Kalk, Kochsalz und Kohlenklein erst geröstet und dann in einem Siemens-Gasgeneratorofen geschmolzen. Das Produkt enthielt 30 Prozent Mangan. — Nach Bessemers Erfahrung sollte ein Zusatz von 25- bis 30 prozentigem Ferromangan die Fabrikation besseren Stahls eher ermöglichen als Spiegeleisen.
John Cameron (Pat. 15. Dezember 1866) schlug ein Gemenge von Alkalien, alkalischen Erden, Fluſsspat und Salz als wirksames Mittel zur Reinigung des Eisens, besonders auch von Schwefel und Phosphor beim Bessemerprozeſs vor. Dieser Zusatz sollte beim Ein- schmelzen des Roheisens oder des Spiegeleisens erfolgen.
Gegen Ende des Jahres 1866 nahm Professor Koppelwieser1) in Leoben auf dem ärarischen Bessemerwerk zu Neuberg die erste systematische chemische Untersuchung der Anfangs-, Zwischen- und Endprodukte einer Bessemercharge vor und trug durch diese ver- dienstvolle Arbeit viel zur richtigen Erkenntnis des Vorganges bei. Die Probe wurde am 2. Dezember 1866 von der Charge 599, deren Roheiseneinsatz 62 Centner 80 Pfund wog, genommen.
Die Analysen ergaben folgende Zusammensetzungen:
1) Siehe Österreich. Zeitschrift 1867, S. 179.
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Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
Daſs Gieſsen unter Druck der Blasenbildung entgegenwirkt, war
eine alte Erfahrung in der Gieſserei. Galy-Cazalat erzeugte in
etwas drastischer Weise dadurch einen hohen Druck in der ge-
schlossenen Gieſsform, daſs er Schieſspulver in dieselbe brachte.
Whitworth erreichte denselben Zweck, indem er nach dem Aus-
gieſsen den Preſskolben einer hydraulischen Presse in die gefüllte
Form eintrieb (Patent vom 24. November 1865). Fig. 97 (a. v. S.)
zeigt die Anordnung einer solchen Presse.
Schon früher, am 14. November 1864, hatten George Bell und
Robert Lüthy ein Patent auf die Herstellung blasenfreier Güsse durch
Herstellung eines luftleeren Raumes in der Form vor dem Eingieſsen
des Metalles in dieselbe genommen.
Ferromangan begann im Jahre 1866 in allgemeinere Aufnahme
als Ersatz für Spiegeleisen zu kommen, nachdem dasselbe auf dem
Werk von Edington & Söhne in Glasgow nach einem Patent des
Professors Henderson im groſsen dargestellt wurde. Es wurden
dabei die Manganrückstände von der Chlorkalkbereitung und die
eisenreichen Abbrände der Schwefelkiese bei der Schwefelsäure-
fabrikation unter Zusatz von Kalk, Kochsalz und Kohlenklein erst
geröstet und dann in einem Siemens-Gasgeneratorofen geschmolzen.
Das Produkt enthielt 30 Prozent Mangan. — Nach Bessemers
Erfahrung sollte ein Zusatz von 25- bis 30 prozentigem Ferromangan
die Fabrikation besseren Stahls eher ermöglichen als Spiegeleisen.
John Cameron (Pat. 15. Dezember 1866) schlug ein Gemenge
von Alkalien, alkalischen Erden, Fluſsspat und Salz als wirksames
Mittel zur Reinigung des Eisens, besonders auch von Schwefel und
Phosphor beim Bessemerprozeſs vor. Dieser Zusatz sollte beim Ein-
schmelzen des Roheisens oder des Spiegeleisens erfolgen.
Gegen Ende des Jahres 1866 nahm Professor Koppelwieser 1)
in Leoben auf dem ärarischen Bessemerwerk zu Neuberg die erste
systematische chemische Untersuchung der Anfangs-, Zwischen- und
Endprodukte einer Bessemercharge vor und trug durch diese ver-
dienstvolle Arbeit viel zur richtigen Erkenntnis des Vorganges bei.
Die Probe wurde am 2. Dezember 1866 von der Charge 599, deren
Roheiseneinsatz 62 Centner 80 Pfund wog, genommen.
Die Analysen ergaben folgende Zusammensetzungen:
1) Siehe Österreich. Zeitschrift 1867, S. 179.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/172>, abgerufen am 24.11.2024.
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