Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
reinere Güsse dadurch, dass man die flüssige Metallmasse erst eine Zeit lang in der Birne stehen liess, ehe man ausgoss. Das Anwärmen der Konverter mit Gas war bei Krupp schon längere Zeit mit Erfolg eingeführt. Die lästige Thatsache, dass sich der Phosphor des Roh- eisens durch den pneumatischen Prozess nicht abscheiden liess, wurde so erklärt, dass bei der ersten Periode der Schlackenbildung zwar der Phosphor sich oxydiere und als Phosphorsäure in die Schlacke ginge, dass er aber, da die Schlacke im Ofen bleibe, durch die steigende Temperatur namentlich in der dritten Periode wieder reduziert und in das Eisen übergeführt würde. Deshalb hatte Wedding den theoretisch wohl gerechtfertigten Vorschlag gemacht, den Prozess nach der ersten Periode und vor Eintritt der Kochperiode zu unter- brechen und die Schlacke zu entfernen und durch eingeschmolzene phosphorfreie Schlacken zu ersetzen. Indessen erwiesen sich die Schwierigkeiten der Ausführung dieses Vorschlags als zu gross. Die Erfahrung lehrte, dass das Bessemermetall viel empfindlicher gegen einen Phosphorgehalt des Roheisens ist, als nach anderen Methoden gefrischtes Stabeisen. Man hielt im allgemeinen Roheisen mit 0,05 bis 0,06 Prozent Phosphor für unbrauchbar, doch war dies nicht absolut richtig, denn in Neuberg ergab Roheisen von 0,1 und etwas mehr Phosphor noch ein gutes Bessemermetall.
Das direkte Einleiten des flüssigen Roheisens aus dem Hochofen in die Birne hatte sich nicht bewährt. Das Spiegeleisen zog Tunner dem in England aufgekommenen Ferromangan vor. Siegener Spiegel- eisen hatte das amerikanische Frankliniteisen und schwedisches Roh- eisen als Kohlungsmittel verdrängt.
Die Vorteile des hydraulischen Kranenbetriebes mit Akkumula- toren, der zuerst in Crewe eingeführt worden zu sein scheint, hatten sich bei der neuen Anlage in Graz 1865 deutlich gezeigt. Dort ver- wendete man einen Akkumulator für 30 Pferdekräfte, wovon 12 bis 15 für die Bewegung der beiden Kräne benutzt wurden. Die Arbeit ging damit so rasch von statten, dass von Beginn des Ausgiessens in die Gusspfanne bis zum fertigen Guss der Ingots nur drei Minuten verstrichen. Der ganze Prozess dauerte bei einer Charge von 70 Centner nur 16 Minuten. Jeder Gussblock von 6 Centner lieferte eine Schiene. Zum Auswalzen dienten nur 5 Kaliber, aber 14 bis 16 Durchgänge, der Abbrand betrug 15 Prozent, der Abfall 81/4 Prozent, so dass sich 763/4 Prozent reine Blöcke ergaben.
Eine wichtige Verbesserung führte Schmidthammer 1865 in Neuberg ein, indem er, statt die Böden in der Birne zu erneuern und
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Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
reinere Güsse dadurch, daſs man die flüssige Metallmasse erst eine Zeit lang in der Birne stehen lieſs, ehe man ausgoſs. Das Anwärmen der Konverter mit Gas war bei Krupp schon längere Zeit mit Erfolg eingeführt. Die lästige Thatsache, daſs sich der Phosphor des Roh- eisens durch den pneumatischen Prozeſs nicht abscheiden lieſs, wurde so erklärt, daſs bei der ersten Periode der Schlackenbildung zwar der Phosphor sich oxydiere und als Phosphorsäure in die Schlacke ginge, daſs er aber, da die Schlacke im Ofen bleibe, durch die steigende Temperatur namentlich in der dritten Periode wieder reduziert und in das Eisen übergeführt würde. Deshalb hatte Wedding den theoretisch wohl gerechtfertigten Vorschlag gemacht, den Prozeſs nach der ersten Periode und vor Eintritt der Kochperiode zu unter- brechen und die Schlacke zu entfernen und durch eingeschmolzene phosphorfreie Schlacken zu ersetzen. Indessen erwiesen sich die Schwierigkeiten der Ausführung dieses Vorschlags als zu groſs. Die Erfahrung lehrte, daſs das Bessemermetall viel empfindlicher gegen einen Phosphorgehalt des Roheisens ist, als nach anderen Methoden gefrischtes Stabeisen. Man hielt im allgemeinen Roheisen mit 0,05 bis 0,06 Prozent Phosphor für unbrauchbar, doch war dies nicht absolut richtig, denn in Neuberg ergab Roheisen von 0,1 und etwas mehr Phosphor noch ein gutes Bessemermetall.
Das direkte Einleiten des flüssigen Roheisens aus dem Hochofen in die Birne hatte sich nicht bewährt. Das Spiegeleisen zog Tunner dem in England aufgekommenen Ferromangan vor. Siegener Spiegel- eisen hatte das amerikanische Frankliniteisen und schwedisches Roh- eisen als Kohlungsmittel verdrängt.
Die Vorteile des hydraulischen Kranenbetriebes mit Akkumula- toren, der zuerst in Crewe eingeführt worden zu sein scheint, hatten sich bei der neuen Anlage in Graz 1865 deutlich gezeigt. Dort ver- wendete man einen Akkumulator für 30 Pferdekräfte, wovon 12 bis 15 für die Bewegung der beiden Kräne benutzt wurden. Die Arbeit ging damit so rasch von statten, daſs von Beginn des Ausgieſsens in die Guſspfanne bis zum fertigen Guſs der Ingots nur drei Minuten verstrichen. Der ganze Prozeſs dauerte bei einer Charge von 70 Centner nur 16 Minuten. Jeder Guſsblock von 6 Centner lieferte eine Schiene. Zum Auswalzen dienten nur 5 Kaliber, aber 14 bis 16 Durchgänge, der Abbrand betrug 15 Prozent, der Abfall 8¼ Prozent, so daſs sich 76¾ Prozent reine Blöcke ergaben.
Eine wichtige Verbesserung führte Schmidthammer 1865 in Neuberg ein, indem er, statt die Böden in der Birne zu erneuern und
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Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
reinere Güsse dadurch, daſs man die flüssige Metallmasse erst eine
Zeit lang in der Birne stehen lieſs, ehe man ausgoſs. Das Anwärmen
der Konverter mit Gas war bei Krupp schon längere Zeit mit Erfolg
eingeführt. Die lästige Thatsache, daſs sich der Phosphor des Roh-
eisens durch den pneumatischen Prozeſs nicht abscheiden lieſs, wurde
so erklärt, daſs bei der ersten Periode der Schlackenbildung zwar der
Phosphor sich oxydiere und als Phosphorsäure in die Schlacke ginge,
daſs er aber, da die Schlacke im Ofen bleibe, durch die steigende
Temperatur namentlich in der dritten Periode wieder reduziert und
in das Eisen übergeführt würde. Deshalb hatte Wedding den
theoretisch wohl gerechtfertigten Vorschlag gemacht, den Prozeſs
nach der ersten Periode und vor Eintritt der Kochperiode zu unter-
brechen und die Schlacke zu entfernen und durch eingeschmolzene
phosphorfreie Schlacken zu ersetzen. Indessen erwiesen sich die
Schwierigkeiten der Ausführung dieses Vorschlags als zu groſs. Die
Erfahrung lehrte, daſs das Bessemermetall viel empfindlicher gegen
einen Phosphorgehalt des Roheisens ist, als nach anderen Methoden
gefrischtes Stabeisen. Man hielt im allgemeinen Roheisen mit 0,05 bis
0,06 Prozent Phosphor für unbrauchbar, doch war dies nicht absolut
richtig, denn in Neuberg ergab Roheisen von 0,1 und etwas mehr
Phosphor noch ein gutes Bessemermetall.
Das direkte Einleiten des flüssigen Roheisens aus dem Hochofen
in die Birne hatte sich nicht bewährt. Das Spiegeleisen zog Tunner
dem in England aufgekommenen Ferromangan vor. Siegener Spiegel-
eisen hatte das amerikanische Frankliniteisen und schwedisches Roh-
eisen als Kohlungsmittel verdrängt.
Die Vorteile des hydraulischen Kranenbetriebes mit Akkumula-
toren, der zuerst in Crewe eingeführt worden zu sein scheint, hatten
sich bei der neuen Anlage in Graz 1865 deutlich gezeigt. Dort ver-
wendete man einen Akkumulator für 30 Pferdekräfte, wovon 12 bis
15 für die Bewegung der beiden Kräne benutzt wurden. Die Arbeit
ging damit so rasch von statten, daſs von Beginn des Ausgieſsens in
die Guſspfanne bis zum fertigen Guſs der Ingots nur drei Minuten
verstrichen. Der ganze Prozeſs dauerte bei einer Charge von 70 Centner
nur 16 Minuten. Jeder Guſsblock von 6 Centner lieferte eine Schiene.
Zum Auswalzen dienten nur 5 Kaliber, aber 14 bis 16 Durchgänge,
der Abbrand betrug 15 Prozent, der Abfall 8¼ Prozent, so daſs sich
76¾ Prozent reine Blöcke ergaben.
Eine wichtige Verbesserung führte Schmidthammer 1865 in
Neuberg ein, indem er, statt die Böden in der Birne zu erneuern und
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/163>, abgerufen am 24.11.2024.
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