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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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hoffnungshütte in Olerhausen ausgeführt. Das ganze Werk wurde
nach den neuesten Erfahrungen konstruiert. Die Hochofenanlage
enthielt 2 Hochöfen von 23 m Höhe und 7 m Kohlensackweite,
4 Gebläsemaschinen und 8 Cowperapparate von je 30 m Höhe. Das
Stahlwerk wurde von der Gutehoffnungshütte entworfen und die
Eisenteile dazu geliefert. Zwischen Hochöfen und Stahlwerk wurden
zwei Mischer von 160 Tonnen Inhalt eingeschaltet. Zwei Kupolöfen
von 200 Tonnen Tagesleistung bedienten die zwei amerikanischen
Konverter, die 5763 mm hoch und 3 m weit waren und 400 Tonnen
in 24 Stunden erzeugten. Wie die Mischer wurden auch sie hydrau-
lisch gekippt. Ferner enthielt die Anlage vier Martinöfen zu
25 Tonnen Einsatz, elektrische Kräne von 20 bis 50 Tonnen Trag-
kraft. In dem Blockwalzwerk befanden sich sieben grosse Regene-
rativ-Wärmöfen, die mit Generatorgasen geheizt wurden. Die Auf-
gabethüren wurden durch Hydraulik geöffnet, ausserdem wurden die
Öfen von einem elektrischen Kran von 3 Tonnen Tragkraft bedient.
Die Blockstrasse war ein Duo-Reversierwalzwerk, dessen Walzen
2880 mm Ballenlänge und 9100 mm Durchmesser hatten. Es wurde
von einer liegenden Zwillingsmaschine von 4000 P. S. angetrieben.
Das Schienenwalzwerk, ebenfalls ein Duo-Reversierwalzwerk, wurde von
einer Dreicylindermaschine von 5800 P. S. bedient. Das Walzwerk
umfasste Grobstrasse, Mittelstrasse und Feinstrasse, Grob- und Fein-
blechwalzwerk u. s. w. Das Werk hat eine grosse elektrische Centrale.
Von der Herstellung von Kriegsmaterial und Panzerplatten hatte man
vorläufig Abstand genommen. Die Erzeugung war geschätzt auf 45000
Tonnen Bessemer- und 45000 Tonnen Martinstahl. Die Leitung legte
man in die Hände eines Direktoriums, worin der Deutsche Gustav Toppe
als consulting director das einzige ausländische Mitglied war. Wada
Tsunastiro wurde Generaldirektor und Vorsitzender des Aufsichtsrates.

Im Jahre 1900 war der Bau des grossen Werkes Edanitsu (Yawa-
tamura) so weit vorgeschritten, dass man noch im Laufe des Jahres seine
Inbetriebsetzung erwartete. Bis dahin waren bereits 14 Mill. Yen (56 Mill.
Mark) für das Unternehmen verausgabt worden. Mit grosser Spannung
sah man dem Erfolge und den Veränderungen, welche seine Massen-
erzeugung auf den auswärtigen Handel ausüben würde, entgegen.

Vorläufig gehören noch Eisen- und Stahlwaren zu den Haupteinfuhr-
artikeln. An dieser Einfuhr hatte Grossbritannien den Hauptanteil, dann
folgten Belgien, Deutschland und Nordamerika. In neuerer Zeit haben
aber die Vereinigten Staaten Deutschland und Belgien überflügelt und
machen in wichtigen Artikeln selbst Grossbritannien erfolgreiche Kon-

Japan.
hoffnungshütte in Olerhausen ausgeführt. Das ganze Werk wurde
nach den neuesten Erfahrungen konstruiert. Die Hochofenanlage
enthielt 2 Hochöfen von 23 m Höhe und 7 m Kohlensackweite,
4 Gebläsemaschinen und 8 Cowperapparate von je 30 m Höhe. Das
Stahlwerk wurde von der Gutehoffnungshütte entworfen und die
Eisenteile dazu geliefert. Zwischen Hochöfen und Stahlwerk wurden
zwei Mischer von 160 Tonnen Inhalt eingeschaltet. Zwei Kupolöfen
von 200 Tonnen Tagesleistung bedienten die zwei amerikanischen
Konverter, die 5763 mm hoch und 3 m weit waren und 400 Tonnen
in 24 Stunden erzeugten. Wie die Mischer wurden auch sie hydrau-
lisch gekippt. Ferner enthielt die Anlage vier Martinöfen zu
25 Tonnen Einsatz, elektrische Kräne von 20 bis 50 Tonnen Trag-
kraft. In dem Blockwalzwerk befanden sich sieben groſse Regene-
rativ-Wärmöfen, die mit Generatorgasen geheizt wurden. Die Auf-
gabethüren wurden durch Hydraulik geöffnet, auſserdem wurden die
Öfen von einem elektrischen Kran von 3 Tonnen Tragkraft bedient.
Die Blockstraſse war ein Duo-Reversierwalzwerk, dessen Walzen
2880 mm Ballenlänge und 9100 mm Durchmesser hatten. Es wurde
von einer liegenden Zwillingsmaschine von 4000 P. S. angetrieben.
Das Schienenwalzwerk, ebenfalls ein Duo-Reversierwalzwerk, wurde von
einer Dreicylindermaschine von 5800 P. S. bedient. Das Walzwerk
umfaſste Grobstraſse, Mittelstraſse und Feinstraſse, Grob- und Fein-
blechwalzwerk u. s. w. Das Werk hat eine groſse elektrische Centrale.
Von der Herstellung von Kriegsmaterial und Panzerplatten hatte man
vorläufig Abstand genommen. Die Erzeugung war geschätzt auf 45000
Tonnen Bessemer- und 45000 Tonnen Martinstahl. Die Leitung legte
man in die Hände eines Direktoriums, worin der Deutsche Gustav Toppe
als consulting director das einzige ausländische Mitglied war. Wada
Tsunastiro wurde Generaldirektor und Vorsitzender des Aufsichtsrates.

Im Jahre 1900 war der Bau des groſsen Werkes Edanitsu (Yawa-
tamura) so weit vorgeschritten, daſs man noch im Laufe des Jahres seine
Inbetriebsetzung erwartete. Bis dahin waren bereits 14 Mill. Yen (56 Mill.
Mark) für das Unternehmen verausgabt worden. Mit groſser Spannung
sah man dem Erfolge und den Veränderungen, welche seine Massen-
erzeugung auf den auswärtigen Handel ausüben würde, entgegen.

Vorläufig gehören noch Eisen- und Stahlwaren zu den Haupteinfuhr-
artikeln. An dieser Einfuhr hatte Groſsbritannien den Hauptanteil, dann
folgten Belgien, Deutschland und Nordamerika. In neuerer Zeit haben
aber die Vereinigten Staaten Deutschland und Belgien überflügelt und
machen in wichtigen Artikeln selbst Groſsbritannien erfolgreiche Kon-

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[1360/1376] Japan. hoffnungshütte in Olerhausen ausgeführt. Das ganze Werk wurde nach den neuesten Erfahrungen konstruiert. Die Hochofenanlage enthielt 2 Hochöfen von 23 m Höhe und 7 m Kohlensackweite, 4 Gebläsemaschinen und 8 Cowperapparate von je 30 m Höhe. Das Stahlwerk wurde von der Gutehoffnungshütte entworfen und die Eisenteile dazu geliefert. Zwischen Hochöfen und Stahlwerk wurden zwei Mischer von 160 Tonnen Inhalt eingeschaltet. Zwei Kupolöfen von 200 Tonnen Tagesleistung bedienten die zwei amerikanischen Konverter, die 5763 mm hoch und 3 m weit waren und 400 Tonnen in 24 Stunden erzeugten. Wie die Mischer wurden auch sie hydrau- lisch gekippt. Ferner enthielt die Anlage vier Martinöfen zu 25 Tonnen Einsatz, elektrische Kräne von 20 bis 50 Tonnen Trag- kraft. In dem Blockwalzwerk befanden sich sieben groſse Regene- rativ-Wärmöfen, die mit Generatorgasen geheizt wurden. Die Auf- gabethüren wurden durch Hydraulik geöffnet, auſserdem wurden die Öfen von einem elektrischen Kran von 3 Tonnen Tragkraft bedient. Die Blockstraſse war ein Duo-Reversierwalzwerk, dessen Walzen 2880 mm Ballenlänge und 9100 mm Durchmesser hatten. Es wurde von einer liegenden Zwillingsmaschine von 4000 P. S. angetrieben. Das Schienenwalzwerk, ebenfalls ein Duo-Reversierwalzwerk, wurde von einer Dreicylindermaschine von 5800 P. S. bedient. Das Walzwerk umfaſste Grobstraſse, Mittelstraſse und Feinstraſse, Grob- und Fein- blechwalzwerk u. s. w. Das Werk hat eine groſse elektrische Centrale. Von der Herstellung von Kriegsmaterial und Panzerplatten hatte man vorläufig Abstand genommen. Die Erzeugung war geschätzt auf 45000 Tonnen Bessemer- und 45000 Tonnen Martinstahl. Die Leitung legte man in die Hände eines Direktoriums, worin der Deutsche Gustav Toppe als consulting director das einzige ausländische Mitglied war. Wada Tsunastiro wurde Generaldirektor und Vorsitzender des Aufsichtsrates. Im Jahre 1900 war der Bau des groſsen Werkes Edanitsu (Yawa- tamura) so weit vorgeschritten, daſs man noch im Laufe des Jahres seine Inbetriebsetzung erwartete. Bis dahin waren bereits 14 Mill. Yen (56 Mill. Mark) für das Unternehmen verausgabt worden. Mit groſser Spannung sah man dem Erfolge und den Veränderungen, welche seine Massen- erzeugung auf den auswärtigen Handel ausüben würde, entgegen. Vorläufig gehören noch Eisen- und Stahlwaren zu den Haupteinfuhr- artikeln. An dieser Einfuhr hatte Groſsbritannien den Hauptanteil, dann folgten Belgien, Deutschland und Nordamerika. In neuerer Zeit haben aber die Vereinigten Staaten Deutschland und Belgien überflügelt und machen in wichtigen Artikeln selbst Groſsbritannien erfolgreiche Kon-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1376>, abgerufen am 07.05.2024.