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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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China.
wieder schärfer hervortrat. 1894 erliess das Seezollamt ein Verbot
der Einfuhr fremder Maschinen, die das Leben gefährdeten und die
den Lebensunterhalt chinesischer Unterthanen schmälern könnten.
Trotzdem wurde das Werk bei Hankau noch erweitert und eine
Maschinen-, Wagen- und Waffenfabrik gebaut. Die finanziellen Er-
gebnisse waren aber sehr ungünstig, und der Vizekönig musste im
Jahre 1896 monatlich 150000 Mark zusetzen. Er verpachtete es
deshalb an ein vielgliedriges chinesisches Konsortium, an dessen Spitze
Sheng-Hüen, der Taotai von Tientsin und Direktor der Staats-
telegraphen und der grössten chinesischen Dampfschiffahrtsgesellschaft
(China Merchants Steam Navigation Company), stand. Dieser er-
strebte die Erbauung einer Bahnverbindung von Peking nach Hankau.

Im Jahre 1896 erzeugte der Hochofen Nr. I 10983 Tonnen
Bessemerroheisen. Das Stahlwerk lieferte 2300 Tonnen Flussstahl,
nämlich 1500 Tonnen Bessemerstahl für Eisenbahnschienen und
800 Tonnen Martinstahl für Handelseisen. Die Hanyangwerke kamen
aber sehr schnell herunter, nachdem sie 1887 in chinesische Hände
gefallen waren, und das ganze Unternehmen erschien jetzt als ein
verfehltes.

Ein 1896 von Chinesen erbauter Hochofen bei Kweicheo fror
beim ersten Anblasen ein. Dagegen hatte ein kleines Martinwerk in
Shanghai mit zwei Siemens-Martinöfen besseren Erfolg, es erzielte eine
Jahreserzeugung von 1000 bis 1200 Tonnen.

Inzwischen entwickelte sich der Eisenbahnbau, wenn auch lang-
sam, weiter. 1896 hatten die chinesischen Linien eine Länge von
rund 200 km, Ende 1897 von 418 km. Es bestanden drei Linien:
1. Tientsin--Tongku--Shanhaikuan, 270 km, 2. die Tayeh-Eisenbahn,
28 km, und 3. die Bahn Tientsin--Peking, 120 km, die durch kaiser-
liches Edikt vom 9. Dezember 1895 angeordnet und von dem eng-
lischen Ingenieur C. W. Kinder unter Aufsicht des Taotai Li aus-
geführt worden war. Geplant waren die Linien Peking--Hankau,
1400 km, und Wusung--Schanghai--Sutschan--Nanking, 500 km.

Besseren Erfolg als die Eisenhüttenwerke hatten die von der
kaiserlichen Regierung angelegten Waffenfabriken. Die bedeutendste
war zu Kiang-Nan am Flusse Wusung, etwa 20 km von Shanghai ent-
fernt. Sie war ganz in europäischer Weise eingerichtet, hatte zwei
Siemens-Martinöfen, eine Schmiedepresse von 2000 Tonnen Arbeits-
druck, einen Kran für 100 Tonnen Tragkraft, grosses Plattenwalzwerk
und Stahlgiesserei; hierzu kam das Arsenal mit der Waffenfabrik und
die Docks. Die Anlage beschäftigte 2500 Arbeiter. Das Arsenal

China.
wieder schärfer hervortrat. 1894 erlieſs das Seezollamt ein Verbot
der Einfuhr fremder Maschinen, die das Leben gefährdeten und die
den Lebensunterhalt chinesischer Unterthanen schmälern könnten.
Trotzdem wurde das Werk bei Hankau noch erweitert und eine
Maschinen-, Wagen- und Waffenfabrik gebaut. Die finanziellen Er-
gebnisse waren aber sehr ungünstig, und der Vizekönig muſste im
Jahre 1896 monatlich 150000 Mark zusetzen. Er verpachtete es
deshalb an ein vielgliedriges chinesisches Konsortium, an dessen Spitze
Sheng-Hüen, der Taotai von Tientsin und Direktor der Staats-
telegraphen und der gröſsten chinesischen Dampfschiffahrtsgesellschaft
(China Merchants Steam Navigation Company), stand. Dieser er-
strebte die Erbauung einer Bahnverbindung von Peking nach Hankau.

Im Jahre 1896 erzeugte der Hochofen Nr. I 10983 Tonnen
Bessemerroheisen. Das Stahlwerk lieferte 2300 Tonnen Fluſsstahl,
nämlich 1500 Tonnen Bessemerstahl für Eisenbahnschienen und
800 Tonnen Martinstahl für Handelseisen. Die Hanyangwerke kamen
aber sehr schnell herunter, nachdem sie 1887 in chinesische Hände
gefallen waren, und das ganze Unternehmen erschien jetzt als ein
verfehltes.

Ein 1896 von Chinesen erbauter Hochofen bei Kweicheo fror
beim ersten Anblasen ein. Dagegen hatte ein kleines Martinwerk in
Shanghai mit zwei Siemens-Martinöfen besseren Erfolg, es erzielte eine
Jahreserzeugung von 1000 bis 1200 Tonnen.

Inzwischen entwickelte sich der Eisenbahnbau, wenn auch lang-
sam, weiter. 1896 hatten die chinesischen Linien eine Länge von
rund 200 km, Ende 1897 von 418 km. Es bestanden drei Linien:
1. Tientsin—Tongku—Shanhaikuan, 270 km, 2. die Tayeh-Eisenbahn,
28 km, und 3. die Bahn Tientsin—Peking, 120 km, die durch kaiser-
liches Edikt vom 9. Dezember 1895 angeordnet und von dem eng-
lischen Ingenieur C. W. Kinder unter Aufsicht des Taotai Li aus-
geführt worden war. Geplant waren die Linien Peking—Hankau,
1400 km, und Wusung—Schanghai—Sutschan—Nanking, 500 km.

Besseren Erfolg als die Eisenhüttenwerke hatten die von der
kaiserlichen Regierung angelegten Waffenfabriken. Die bedeutendste
war zu Kiang-Nan am Flusse Wusung, etwa 20 km von Shanghai ent-
fernt. Sie war ganz in europäischer Weise eingerichtet, hatte zwei
Siemens-Martinöfen, eine Schmiedepresse von 2000 Tonnen Arbeits-
druck, einen Kran für 100 Tonnen Tragkraft, groſses Plattenwalzwerk
und Stahlgieſserei; hierzu kam das Arsenal mit der Waffenfabrik und
die Docks. Die Anlage beschäftigte 2500 Arbeiter. Das Arsenal

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[1354/1370] China. wieder schärfer hervortrat. 1894 erlieſs das Seezollamt ein Verbot der Einfuhr fremder Maschinen, die das Leben gefährdeten und die den Lebensunterhalt chinesischer Unterthanen schmälern könnten. Trotzdem wurde das Werk bei Hankau noch erweitert und eine Maschinen-, Wagen- und Waffenfabrik gebaut. Die finanziellen Er- gebnisse waren aber sehr ungünstig, und der Vizekönig muſste im Jahre 1896 monatlich 150000 Mark zusetzen. Er verpachtete es deshalb an ein vielgliedriges chinesisches Konsortium, an dessen Spitze Sheng-Hüen, der Taotai von Tientsin und Direktor der Staats- telegraphen und der gröſsten chinesischen Dampfschiffahrtsgesellschaft (China Merchants Steam Navigation Company), stand. Dieser er- strebte die Erbauung einer Bahnverbindung von Peking nach Hankau. Im Jahre 1896 erzeugte der Hochofen Nr. I 10983 Tonnen Bessemerroheisen. Das Stahlwerk lieferte 2300 Tonnen Fluſsstahl, nämlich 1500 Tonnen Bessemerstahl für Eisenbahnschienen und 800 Tonnen Martinstahl für Handelseisen. Die Hanyangwerke kamen aber sehr schnell herunter, nachdem sie 1887 in chinesische Hände gefallen waren, und das ganze Unternehmen erschien jetzt als ein verfehltes. Ein 1896 von Chinesen erbauter Hochofen bei Kweicheo fror beim ersten Anblasen ein. Dagegen hatte ein kleines Martinwerk in Shanghai mit zwei Siemens-Martinöfen besseren Erfolg, es erzielte eine Jahreserzeugung von 1000 bis 1200 Tonnen. Inzwischen entwickelte sich der Eisenbahnbau, wenn auch lang- sam, weiter. 1896 hatten die chinesischen Linien eine Länge von rund 200 km, Ende 1897 von 418 km. Es bestanden drei Linien: 1. Tientsin—Tongku—Shanhaikuan, 270 km, 2. die Tayeh-Eisenbahn, 28 km, und 3. die Bahn Tientsin—Peking, 120 km, die durch kaiser- liches Edikt vom 9. Dezember 1895 angeordnet und von dem eng- lischen Ingenieur C. W. Kinder unter Aufsicht des Taotai Li aus- geführt worden war. Geplant waren die Linien Peking—Hankau, 1400 km, und Wusung—Schanghai—Sutschan—Nanking, 500 km. Besseren Erfolg als die Eisenhüttenwerke hatten die von der kaiserlichen Regierung angelegten Waffenfabriken. Die bedeutendste war zu Kiang-Nan am Flusse Wusung, etwa 20 km von Shanghai ent- fernt. Sie war ganz in europäischer Weise eingerichtet, hatte zwei Siemens-Martinöfen, eine Schmiedepresse von 2000 Tonnen Arbeits- druck, einen Kran für 100 Tonnen Tragkraft, groſses Plattenwalzwerk und Stahlgieſserei; hierzu kam das Arsenal mit der Waffenfabrik und die Docks. Die Anlage beschäftigte 2500 Arbeiter. Das Arsenal

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1370>, abgerufen am 07.05.2024.