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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Vereinigte Staaten von Nordamerika.
"Himmelskratzer" (sky scrapers), errichtet. Ein bedeutendes Bauwerk
war der von John Mac Arthur konstruierte eiserne Turm des
Stadthauses in Philadelphia.

1895 begann wieder eine bessere Zeit für die amerikanische
Eisenindustrie. Die Roheisenerzeugung stieg auf 9597449 Tonnen;
die Bessemerstahlproduktion betrug 1894 3628404 Tonnen, 1895
4987674 Tonnen; eine grosse Steigerung erfuhr auch die Herdfluss-
stahlerzeugung von 797495 Tonnen auf 1155377 Tonnen. Für letztere
war die Inbetriebsetzung der neuen Martinofenanlage und des Blech-
walzwerks der Illinois Steel Company 1) von Bedeutung. Die Anlage
war nach den Plänen von S. F. Wellman erbaut und umfasste vier
Flammöfen zu 20 Tonnen und zwei zu 30 Tonnen Einsatz. Diese Öfen
waren als Kippöfen konstruiert und konnten unmittelbar in eine
Pfanne entleert werden. Die Joliet-Stahlgesellschaft versah 1894 ihre
neuen Siemens-Regenerativ-Wärmeöfen mit Wellmanscher elektrisch-
hydraulischer Beschickungsvorrichtung 2). Ein neues Bessemerwerk war
das Johnson-Stahlwerk in Lorain am Eriesee, das am 1. April 1895
in Betrieb kam. Es hatte zwei 12-Tonnen-Konverter, die von vier
Kupolöfen von 7,6 m Höhe und 2,5 m Weite bedient wurden. Unter
jedem Konverter befand sich ein feststehender hydraulischer Stempel
zum Auswechseln der Böden. Das Giessen der Blöcke erfolgte auf
Wagen. Das Ausstossen der Blöcke aus den Formen geschah in einem
besonderen Gebäude durch zwei hydraulische Zwillings-Blockaus-
stosser. Die heissen Blöcke kamen dann in Durchweichungsgruben.
Die Deckel der Gruben wurden mittels hydraulischer Cylinder bewegt.
Jede Grube hatte ihre eigene Gas- und Luftzufuhr. Die Gruben
wurden von zwei Morganschen Laufkränen von 15,8 m Spannweite,
die elektrisch angetrieben wurden, bedient. Die Blöcke wurden zu
Strassenbahnrillenschienen ausgewalzt, wobei man sich eigenartige
Transportwagen 3) zum Bewegen des Walzgutes, von denen sich drei
auf jeder Seite der Walzenstrassen befanden, bediente. Diese Ein-
richtung hat sich jedoch nicht bewährt.

Die neuen Hochöfen der Edgar-Thomson-Werke von 27 m Höhe,
7 m Kohlensackweite und 625 cbm Fassungsraum erzielten 1895 die
höchsten Produktionen, nämlich ein Ofen 3000 Tonnen Roheisen
in der Woche oder 428 Tonnen in 24 Stunden, also wieder ein
bedeutender Fortschritt gegen die Höchstleistungen von 1890.

1) Stahl und Eisen 1895, S. 797.
2) Daselbst 1897, S. 137.
3) Daselbst 1895, S. 903 und Tafel X.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.
„Himmelskratzer“ (sky scrapers), errichtet. Ein bedeutendes Bauwerk
war der von John Mac Arthur konstruierte eiserne Turm des
Stadthauses in Philadelphia.

1895 begann wieder eine bessere Zeit für die amerikanische
Eisenindustrie. Die Roheisenerzeugung stieg auf 9597449 Tonnen;
die Bessemerstahlproduktion betrug 1894 3628404 Tonnen, 1895
4987674 Tonnen; eine groſse Steigerung erfuhr auch die Herdfluſs-
stahlerzeugung von 797495 Tonnen auf 1155377 Tonnen. Für letztere
war die Inbetriebsetzung der neuen Martinofenanlage und des Blech-
walzwerks der Illinois Steel Company 1) von Bedeutung. Die Anlage
war nach den Plänen von S. F. Wellman erbaut und umfaſste vier
Flammöfen zu 20 Tonnen und zwei zu 30 Tonnen Einsatz. Diese Öfen
waren als Kippöfen konstruiert und konnten unmittelbar in eine
Pfanne entleert werden. Die Joliet-Stahlgesellschaft versah 1894 ihre
neuen Siemens-Regenerativ-Wärmeöfen mit Wellmanscher elektrisch-
hydraulischer Beschickungsvorrichtung 2). Ein neues Bessemerwerk war
das Johnson-Stahlwerk in Lorain am Eriesee, das am 1. April 1895
in Betrieb kam. Es hatte zwei 12-Tonnen-Konverter, die von vier
Kupolöfen von 7,6 m Höhe und 2,5 m Weite bedient wurden. Unter
jedem Konverter befand sich ein feststehender hydraulischer Stempel
zum Auswechseln der Böden. Das Gieſsen der Blöcke erfolgte auf
Wagen. Das Ausstoſsen der Blöcke aus den Formen geschah in einem
besonderen Gebäude durch zwei hydraulische Zwillings-Blockaus-
stoſser. Die heiſsen Blöcke kamen dann in Durchweichungsgruben.
Die Deckel der Gruben wurden mittels hydraulischer Cylinder bewegt.
Jede Grube hatte ihre eigene Gas- und Luftzufuhr. Die Gruben
wurden von zwei Morganschen Laufkränen von 15,8 m Spannweite,
die elektrisch angetrieben wurden, bedient. Die Blöcke wurden zu
Straſsenbahnrillenschienen ausgewalzt, wobei man sich eigenartige
Transportwagen 3) zum Bewegen des Walzgutes, von denen sich drei
auf jeder Seite der Walzenstraſsen befanden, bediente. Diese Ein-
richtung hat sich jedoch nicht bewährt.

Die neuen Hochöfen der Edgar-Thomson-Werke von 27 m Höhe,
7 m Kohlensackweite und 625 cbm Fassungsraum erzielten 1895 die
höchsten Produktionen, nämlich ein Ofen 3000 Tonnen Roheisen
in der Woche oder 428 Tonnen in 24 Stunden, also wieder ein
bedeutender Fortschritt gegen die Höchstleistungen von 1890.

1) Stahl und Eisen 1895, S. 797.
2) Daselbst 1897, S. 137.
3) Daselbst 1895, S. 903 und Tafel X.
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[1305/1321] Vereinigte Staaten von Nordamerika. „Himmelskratzer“ (sky scrapers), errichtet. Ein bedeutendes Bauwerk war der von John Mac Arthur konstruierte eiserne Turm des Stadthauses in Philadelphia. 1895 begann wieder eine bessere Zeit für die amerikanische Eisenindustrie. Die Roheisenerzeugung stieg auf 9597449 Tonnen; die Bessemerstahlproduktion betrug 1894 3628404 Tonnen, 1895 4987674 Tonnen; eine groſse Steigerung erfuhr auch die Herdfluſs- stahlerzeugung von 797495 Tonnen auf 1155377 Tonnen. Für letztere war die Inbetriebsetzung der neuen Martinofenanlage und des Blech- walzwerks der Illinois Steel Company 1) von Bedeutung. Die Anlage war nach den Plänen von S. F. Wellman erbaut und umfaſste vier Flammöfen zu 20 Tonnen und zwei zu 30 Tonnen Einsatz. Diese Öfen waren als Kippöfen konstruiert und konnten unmittelbar in eine Pfanne entleert werden. Die Joliet-Stahlgesellschaft versah 1894 ihre neuen Siemens-Regenerativ-Wärmeöfen mit Wellmanscher elektrisch- hydraulischer Beschickungsvorrichtung 2). Ein neues Bessemerwerk war das Johnson-Stahlwerk in Lorain am Eriesee, das am 1. April 1895 in Betrieb kam. Es hatte zwei 12-Tonnen-Konverter, die von vier Kupolöfen von 7,6 m Höhe und 2,5 m Weite bedient wurden. Unter jedem Konverter befand sich ein feststehender hydraulischer Stempel zum Auswechseln der Böden. Das Gieſsen der Blöcke erfolgte auf Wagen. Das Ausstoſsen der Blöcke aus den Formen geschah in einem besonderen Gebäude durch zwei hydraulische Zwillings-Blockaus- stoſser. Die heiſsen Blöcke kamen dann in Durchweichungsgruben. Die Deckel der Gruben wurden mittels hydraulischer Cylinder bewegt. Jede Grube hatte ihre eigene Gas- und Luftzufuhr. Die Gruben wurden von zwei Morganschen Laufkränen von 15,8 m Spannweite, die elektrisch angetrieben wurden, bedient. Die Blöcke wurden zu Straſsenbahnrillenschienen ausgewalzt, wobei man sich eigenartige Transportwagen 3) zum Bewegen des Walzgutes, von denen sich drei auf jeder Seite der Walzenstraſsen befanden, bediente. Diese Ein- richtung hat sich jedoch nicht bewährt. Die neuen Hochöfen der Edgar-Thomson-Werke von 27 m Höhe, 7 m Kohlensackweite und 625 cbm Fassungsraum erzielten 1895 die höchsten Produktionen, nämlich ein Ofen 3000 Tonnen Roheisen in der Woche oder 428 Tonnen in 24 Stunden, also wieder ein bedeutender Fortschritt gegen die Höchstleistungen von 1890. 1) Stahl und Eisen 1895, S. 797. 2) Daselbst 1897, S. 137. 3) Daselbst 1895, S. 903 und Tafel X.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1321>, abgerufen am 05.05.2024.