worden. Die Hochöfen von Rheinland und Westfalen ergaben eine Tagesproduktion von 35 bis 45 Tonnen, die von Oberschlesien von 20 bis 30 Tonnen. Vergleichungsweise hatte sich die oberschlesische Hüttenindustrie ganz besonders entwickelt und zwar durch eine bessere Ausnutzung der Gichtgase und Vergrösserung der Hochöfen und der Windmengen. Hierdurch war die Roheisenerzeugung von Oberschlesien im Jahre 1873 auf rund 300000 Tonnen gestiegen. Im Siegerland hatte die Erzeugung von Spiegeleisen für die Bessemerstahl- fabrikation sehr zugenommen. 1872 bis 1874 wurde das Eisenwerk Schalke bei Gelsenkirchen nach den Plänen von Gödecke und mit von demselben verbesserten Whitwell-Apparaten erbaut.
1874 wurde am 29. Mai zu Hörde der Hochofen Nr. IV nach einer 19 jährigen Kampagne ausgeblasen. In diesem Jahre wurde auch auf der Vorwärtshütte bei Waldenburg Bessemerroheisen erzeugt. Eine verfehlte Gründung war die Gesellschaft Hof-Pilsen-Schwarzenberg, die alte Holzkohlenöfen zu Kokshochöfen umbaute.
1875 fallierte Strousberg, der tollkühne Eisenbahnspekulant, der zahlreiche Eisenwerke in Deutschland und Österreich aufgekauft und teilweise umgebaut hatte. Am 19. Juli 1875 starb der um die Eisenindustrie verdiente Professor Theodor Scheerer (geboren 28. August 1813).
Buderus führte auf der Main-Weserhütte bei Lollar einen neuen Gichtgasfang, der ein besseres Aufgeben und Verteilen der Erze er- möglichte, ein. Die Hochöfen in Luxemburg waren damals meistens nur 15 m hoch und 5 m in der Rast weit, mit einem Fassungsraume von 152 Ctr. Ihre Tagesproduktion betrug an 47 Tonnen, der Koks- verbrauch 1191/1000 bei 180° C. Durch steinerne Winderhitzer (Whitwell) erzielte man Windtemperaturen von 700 bis 800° C. und dadurch Kohlenersparnis zu Esch in Luxemburg und zu Hayingen in Loth- ringen.
1876 fabrizierte man auf der Laurahütte in Oberschlesien Schlackenwolle. 1877 bemühten sich Gödecke, Lürmann und Macco um die Verbesserung der steinernen Winderhitzer und um deren Einführung. In Ilsede erreichte Strohmeyer eine teilweise Entphosphorung der Eisenerze durch Behandlung mit verdünnter Salzsäure. Er brachte dadurch den Phosphorsäuregehalt der Erze von 4 auf 1/2 Prozent. Friedr. Krupp entphosphorte das Roheisen durch Behandlung auf einem Herde aus Eisenoxyd unter Zusatz von Manganoxyd (D. R. P. Nr. 4391). In demselben Jahre stellten die
Deutschland (mit Luxemburg).
worden. Die Hochöfen von Rheinland und Westfalen ergaben eine Tagesproduktion von 35 bis 45 Tonnen, die von Oberschlesien von 20 bis 30 Tonnen. Vergleichungsweise hatte sich die oberschlesische Hüttenindustrie ganz besonders entwickelt und zwar durch eine bessere Ausnutzung der Gichtgase und Vergröſserung der Hochöfen und der Windmengen. Hierdurch war die Roheisenerzeugung von Oberschlesien im Jahre 1873 auf rund 300000 Tonnen gestiegen. Im Siegerland hatte die Erzeugung von Spiegeleisen für die Bessemerstahl- fabrikation sehr zugenommen. 1872 bis 1874 wurde das Eisenwerk Schalke bei Gelsenkirchen nach den Plänen von Gödecke und mit von demselben verbesserten Whitwell-Apparaten erbaut.
1874 wurde am 29. Mai zu Hörde der Hochofen Nr. IV nach einer 19 jährigen Kampagne ausgeblasen. In diesem Jahre wurde auch auf der Vorwärtshütte bei Waldenburg Bessemerroheisen erzeugt. Eine verfehlte Gründung war die Gesellschaft Hof-Pilsen-Schwarzenberg, die alte Holzkohlenöfen zu Kokshochöfen umbaute.
1875 fallierte Strousberg, der tollkühne Eisenbahnspekulant, der zahlreiche Eisenwerke in Deutschland und Österreich aufgekauft und teilweise umgebaut hatte. Am 19. Juli 1875 starb der um die Eisenindustrie verdiente Professor Theodor Scheerer (geboren 28. August 1813).
Buderus führte auf der Main-Weserhütte bei Lollar einen neuen Gichtgasfang, der ein besseres Aufgeben und Verteilen der Erze er- möglichte, ein. Die Hochöfen in Luxemburg waren damals meistens nur 15 m hoch und 5 m in der Rast weit, mit einem Fassungsraume von 152 Ctr. Ihre Tagesproduktion betrug an 47 Tonnen, der Koks- verbrauch 1191/1000 bei 180° C. Durch steinerne Winderhitzer (Whitwell) erzielte man Windtemperaturen von 700 bis 800° C. und dadurch Kohlenersparnis zu Esch in Luxemburg und zu Hayingen in Loth- ringen.
1876 fabrizierte man auf der Laurahütte in Oberschlesien Schlackenwolle. 1877 bemühten sich Gödecke, Lürmann und Macco um die Verbesserung der steinernen Winderhitzer und um deren Einführung. In Ilsede erreichte Strohmeyer eine teilweise Entphosphorung der Eisenerze durch Behandlung mit verdünnter Salzsäure. Er brachte dadurch den Phosphorsäuregehalt der Erze von 4 auf ½ Prozent. Friedr. Krupp entphosphorte das Roheisen durch Behandlung auf einem Herde aus Eisenoxyd unter Zusatz von Manganoxyd (D. R. P. Nr. 4391). In demselben Jahre stellten die
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Deutschland (mit Luxemburg).
worden. Die Hochöfen von Rheinland und Westfalen ergaben eine
Tagesproduktion von 35 bis 45 Tonnen, die von Oberschlesien von
20 bis 30 Tonnen. Vergleichungsweise hatte sich die oberschlesische
Hüttenindustrie ganz besonders entwickelt und zwar durch eine
bessere Ausnutzung der Gichtgase und Vergröſserung der Hochöfen
und der Windmengen. Hierdurch war die Roheisenerzeugung von
Oberschlesien im Jahre 1873 auf rund 300000 Tonnen gestiegen. Im
Siegerland hatte die Erzeugung von Spiegeleisen für die Bessemerstahl-
fabrikation sehr zugenommen. 1872 bis 1874 wurde das Eisenwerk
Schalke bei Gelsenkirchen nach den Plänen von Gödecke und mit
von demselben verbesserten Whitwell-Apparaten erbaut.
1874 wurde am 29. Mai zu Hörde der Hochofen Nr. IV nach einer
19 jährigen Kampagne ausgeblasen. In diesem Jahre wurde auch auf
der Vorwärtshütte bei Waldenburg Bessemerroheisen erzeugt. Eine
verfehlte Gründung war die Gesellschaft Hof-Pilsen-Schwarzenberg,
die alte Holzkohlenöfen zu Kokshochöfen umbaute.
1875 fallierte Strousberg, der tollkühne Eisenbahnspekulant,
der zahlreiche Eisenwerke in Deutschland und Österreich aufgekauft
und teilweise umgebaut hatte. Am 19. Juli 1875 starb der um die
Eisenindustrie verdiente Professor Theodor Scheerer (geboren
28. August 1813).
Buderus führte auf der Main-Weserhütte bei Lollar einen neuen
Gichtgasfang, der ein besseres Aufgeben und Verteilen der Erze er-
möglichte, ein. Die Hochöfen in Luxemburg waren damals meistens
nur 15 m hoch und 5 m in der Rast weit, mit einem Fassungsraume
von 152 Ctr. Ihre Tagesproduktion betrug an 47 Tonnen, der Koks-
verbrauch 1191/1000 bei 180° C. Durch steinerne Winderhitzer (Whitwell)
erzielte man Windtemperaturen von 700 bis 800° C. und dadurch
Kohlenersparnis zu Esch in Luxemburg und zu Hayingen in Loth-
ringen.
1876 fabrizierte man auf der Laurahütte in Oberschlesien
Schlackenwolle. 1877 bemühten sich Gödecke, Lürmann und
Macco um die Verbesserung der steinernen Winderhitzer und um
deren Einführung. In Ilsede erreichte Strohmeyer eine teilweise
Entphosphorung der Eisenerze durch Behandlung mit verdünnter
Salzsäure. Er brachte dadurch den Phosphorsäuregehalt der Erze
von 4 auf ½ Prozent. Friedr. Krupp entphosphorte das Roheisen
durch Behandlung auf einem Herde aus Eisenoxyd unter Zusatz von
Manganoxyd (D. R. P. Nr. 4391). In demselben Jahre stellten die
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 991. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1007>, abgerufen am 17.05.2024.
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