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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Cement- und Gussstahlfabrikation 1851 bis 1860.
namentlich aber auch dazu dienen würde, der deutschen Eisenindustrie
Millionen zuzuwenden und uns in Beziehung eines wichtigen Kriegs-
bedürfnisses unabhängig vom Auslande zu machen 1)." Diese Worte
des klarblickenden Mannes haben sich voll und ganz bewahrheitet.
Sie gaben damals wenigstens Veranlassung, dass die deutschen Bundes-
staaten den Kruppschen Stahlgeschützen erhöhte Aufmerksamkeit
schenkten. Krupps vortreffliche Ausstellung zu München im Jahre
1854 trug hierzu ebenfalls bei. Bayern, Württemberg und Österreich
erkannten Krupps Verdienst durch Auszeichnungen an, während sich
merkwürdigerweise der Chef des Artilleriewesens in Preussen, General
von Hahn, ablehnend verhielt, ja sogar sich abfällig über die Guss-
stahlgeschütze äusserte.

Krupps glänzende Ausstellung auf der Pariser Weltausstellung
im Jahre 1855 wirkte aber durchschlagend. Der Gussstahlblock, den
er hier ausstellte, wog 100 Ctr., mehr als das Doppelte von dem, der
in London so grosse Bewunderung erregt hatte. Die 12 pfündige Granat-
kanone übertraf bei dem Probeschiessen die höchsten Erwartungen. Die
übrige Ausstellung an Gussstahlartikeln war an Umfang und Mannig-
faltigkeit bedeutender wie jede frühere; sie bildete den Glanzpunkt
der Metallabteilung. In dem preussischen Ausstellungsberichte heisst
es: "Bei den ganz ausserordentlichen Leistungen von Krupp in
der Darstellung von Walzen, Achsen, Bandagen und ganz schweren
Stücken von Gussstahl von einer vorzüglichen Beschaffenheit ist auf
diese Weise der Beweis geliefert, dass Preussen die Mittel besitzt,
auch künftighin jeder Konkurrenz in der Stahlproduktion entgegen-
zutreten und die Stahlfabrikation in Solingen, Remscheid und der
Enneper-Strasse zu erhalten und mit inländischem Material zu ver-
sorgen."

Alle grösseren Staaten Europas machten nun Versuche mit den
Kruppschen Gussstahlgeschützen. Ägypten war aber der erste Staat,
der eine grössere Anzahl von Kanonen bezog. Trotz der Beweise
ihrer Vortrefflichkeit dauerte es bis 1859, ehe man sich zur Ein-
stellung gussstählerner Geschützrohre in die preussische Armee ent-
schloss und zwar geschah die erste grosse Bestellung von 300 gezogenen
Feldgeschützen aus Gussstahl auf unmittelbare Veranlassung des da-
maligen Prinz-Regenten, des späteren Kaisers Wilhelm des Grossen.

Früher hatte Krupp sogenannte Mantelgeschütze verfertigt, bei
denen nur das innere Rohr von Gussstahl, der Mantel aber von Guss-

1) Siehe D. Bädecker, Alfred Krupp, 1889, S. 30.

Cement- und Guſsstahlfabrikation 1851 bis 1860.
namentlich aber auch dazu dienen würde, der deutschen Eisenindustrie
Millionen zuzuwenden und uns in Beziehung eines wichtigen Kriegs-
bedürfnisses unabhängig vom Auslande zu machen 1).“ Diese Worte
des klarblickenden Mannes haben sich voll und ganz bewahrheitet.
Sie gaben damals wenigstens Veranlassung, daſs die deutschen Bundes-
staaten den Kruppschen Stahlgeschützen erhöhte Aufmerksamkeit
schenkten. Krupps vortreffliche Ausstellung zu München im Jahre
1854 trug hierzu ebenfalls bei. Bayern, Württemberg und Österreich
erkannten Krupps Verdienst durch Auszeichnungen an, während sich
merkwürdigerweise der Chef des Artilleriewesens in Preuſsen, General
von Hahn, ablehnend verhielt, ja sogar sich abfällig über die Guſs-
stahlgeschütze äuſserte.

Krupps glänzende Ausstellung auf der Pariser Weltausstellung
im Jahre 1855 wirkte aber durchschlagend. Der Guſsstahlblock, den
er hier ausstellte, wog 100 Ctr., mehr als das Doppelte von dem, der
in London so groſse Bewunderung erregt hatte. Die 12 pfündige Granat-
kanone übertraf bei dem Probeschieſsen die höchsten Erwartungen. Die
übrige Ausstellung an Guſsstahlartikeln war an Umfang und Mannig-
faltigkeit bedeutender wie jede frühere; sie bildete den Glanzpunkt
der Metallabteilung. In dem preuſsischen Ausstellungsberichte heiſst
es: „Bei den ganz auſserordentlichen Leistungen von Krupp in
der Darstellung von Walzen, Achsen, Bandagen und ganz schweren
Stücken von Guſsstahl von einer vorzüglichen Beschaffenheit ist auf
diese Weise der Beweis geliefert, daſs Preuſsen die Mittel besitzt,
auch künftighin jeder Konkurrenz in der Stahlproduktion entgegen-
zutreten und die Stahlfabrikation in Solingen, Remscheid und der
Enneper-Straſse zu erhalten und mit inländischem Material zu ver-
sorgen.“

Alle gröſseren Staaten Europas machten nun Versuche mit den
Kruppschen Guſsstahlgeschützen. Ägypten war aber der erste Staat,
der eine gröſsere Anzahl von Kanonen bezog. Trotz der Beweise
ihrer Vortrefflichkeit dauerte es bis 1859, ehe man sich zur Ein-
stellung guſsstählerner Geschützrohre in die preuſsische Armee ent-
schloſs und zwar geschah die erste groſse Bestellung von 300 gezogenen
Feldgeschützen aus Guſsstahl auf unmittelbare Veranlassung des da-
maligen Prinz-Regenten, des späteren Kaisers Wilhelm des Groſsen.

Früher hatte Krupp sogenannte Mantelgeschütze verfertigt, bei
denen nur das innere Rohr von Guſsstahl, der Mantel aber von Guſs-

1) Siehe D. Bädecker, Alfred Krupp, 1889, S. 30.
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[946/0962] Cement- und Guſsstahlfabrikation 1851 bis 1860. namentlich aber auch dazu dienen würde, der deutschen Eisenindustrie Millionen zuzuwenden und uns in Beziehung eines wichtigen Kriegs- bedürfnisses unabhängig vom Auslande zu machen 1).“ Diese Worte des klarblickenden Mannes haben sich voll und ganz bewahrheitet. Sie gaben damals wenigstens Veranlassung, daſs die deutschen Bundes- staaten den Kruppschen Stahlgeschützen erhöhte Aufmerksamkeit schenkten. Krupps vortreffliche Ausstellung zu München im Jahre 1854 trug hierzu ebenfalls bei. Bayern, Württemberg und Österreich erkannten Krupps Verdienst durch Auszeichnungen an, während sich merkwürdigerweise der Chef des Artilleriewesens in Preuſsen, General von Hahn, ablehnend verhielt, ja sogar sich abfällig über die Guſs- stahlgeschütze äuſserte. Krupps glänzende Ausstellung auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1855 wirkte aber durchschlagend. Der Guſsstahlblock, den er hier ausstellte, wog 100 Ctr., mehr als das Doppelte von dem, der in London so groſse Bewunderung erregt hatte. Die 12 pfündige Granat- kanone übertraf bei dem Probeschieſsen die höchsten Erwartungen. Die übrige Ausstellung an Guſsstahlartikeln war an Umfang und Mannig- faltigkeit bedeutender wie jede frühere; sie bildete den Glanzpunkt der Metallabteilung. In dem preuſsischen Ausstellungsberichte heiſst es: „Bei den ganz auſserordentlichen Leistungen von Krupp in der Darstellung von Walzen, Achsen, Bandagen und ganz schweren Stücken von Guſsstahl von einer vorzüglichen Beschaffenheit ist auf diese Weise der Beweis geliefert, daſs Preuſsen die Mittel besitzt, auch künftighin jeder Konkurrenz in der Stahlproduktion entgegen- zutreten und die Stahlfabrikation in Solingen, Remscheid und der Enneper-Straſse zu erhalten und mit inländischem Material zu ver- sorgen.“ Alle gröſseren Staaten Europas machten nun Versuche mit den Kruppschen Guſsstahlgeschützen. Ägypten war aber der erste Staat, der eine gröſsere Anzahl von Kanonen bezog. Trotz der Beweise ihrer Vortrefflichkeit dauerte es bis 1859, ehe man sich zur Ein- stellung guſsstählerner Geschützrohre in die preuſsische Armee ent- schloſs und zwar geschah die erste groſse Bestellung von 300 gezogenen Feldgeschützen aus Guſsstahl auf unmittelbare Veranlassung des da- maligen Prinz-Regenten, des späteren Kaisers Wilhelm des Groſsen. Früher hatte Krupp sogenannte Mantelgeschütze verfertigt, bei denen nur das innere Rohr von Guſsstahl, der Mantel aber von Guſs- 1) Siehe D. Bädecker, Alfred Krupp, 1889, S. 30.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 946. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/962>, abgerufen am 19.05.2024.