Eine völlige Umwälzung im Hochofenbau bezweckte Fabry1) 1855 mit seinem Hochofen mit umgekehrter Flamme. Bei diesem sollte der Wind aus einer den Ofen von oben bis unten umgebenden Röhre an vielen Punkten eintreten, und die Gase nicht durch die Gicht austreten, sondern niederwärts bis zum Boden strömen und von da durch einen Kanal einer Esse zugeführt werden. Fabry glaubte hierdurch jede Art roher Steinkohle verwenden zu können. Einen praktischen Erfolg hatte dieser eigentümliche Vorschlag nicht.
Die Abführung der Gase war in Deutschland bereits ziemlich allgemein geworden. In England, wo das Brennmaterial viel billiger
[Abbildung]
Fig. 284.
war, die Frage der Kohlenersparnis deshalb nicht so dringend war, fand die Benutzung der Hochofengase nur langsam Eingang. Doch bewirkte die Londoner Ausstel- lung von 1851, dass dieselbe auch in England grössere Beachtung fand. Die älteren Versuche von Budd zu Ystalysera haben wir schon angeführt. Ebenso haben wir den Gasfang von Ebbw-Vale von 1850 bereits erwähnt (S. 520). Dieser von George Parry erfundene Apparat, der als Parryscher Trichter (cup and cone) bekannt wurde, fand auch in Deutschland grosse Verbreitung. Fig. 284 ist die Abbildung dieser Einrichtung, wie sie Parry 1850 bei den Hochöfen zu Ebbw-Vale einführte. Sie hatte den grossen Vorteil, dass dadurch die Beschickung ringförmig am Rande des Ofens aufgegeben wurde, was bei den weiten Gichten des Vorrollens der Erze wegen notwendig war. John James zu Blaina in Süd-Wales erfand 1851 den Fig. 285 abgebildeten Teleskopen- apparat, bei dem der Trichter auf eisernen Balken festsass, und sich ein bewegliches Cylinderstück daraufsetzte. Dieser Apparat wurde auch bei den Hochöfen von Cwm-Cellyn eingeführt. Doch hat er
1) Siehe Annales des mines 1855, Nr. 37; Dinglers Polytechn. Journ., Bd. 138, S. 207.
Die Hochöfen 1851 bis 1860.
Eine völlige Umwälzung im Hochofenbau bezweckte Fabry1) 1855 mit seinem Hochofen mit umgekehrter Flamme. Bei diesem sollte der Wind aus einer den Ofen von oben bis unten umgebenden Röhre an vielen Punkten eintreten, und die Gase nicht durch die Gicht austreten, sondern niederwärts bis zum Boden strömen und von da durch einen Kanal einer Esse zugeführt werden. Fabry glaubte hierdurch jede Art roher Steinkohle verwenden zu können. Einen praktischen Erfolg hatte dieser eigentümliche Vorschlag nicht.
Die Abführung der Gase war in Deutschland bereits ziemlich allgemein geworden. In England, wo das Brennmaterial viel billiger
[Abbildung]
Fig. 284.
war, die Frage der Kohlenersparnis deshalb nicht so dringend war, fand die Benutzung der Hochofengase nur langsam Eingang. Doch bewirkte die Londoner Ausstel- lung von 1851, daſs dieselbe auch in England gröſsere Beachtung fand. Die älteren Versuche von Budd zu Ystalyſera haben wir schon angeführt. Ebenso haben wir den Gasfang von Ebbw-Vale von 1850 bereits erwähnt (S. 520). Dieser von George Parry erfundene Apparat, der als Parryscher Trichter (cup and cone) bekannt wurde, fand auch in Deutschland groſse Verbreitung. Fig. 284 ist die Abbildung dieser Einrichtung, wie sie Parry 1850 bei den Hochöfen zu Ebbw-Vale einführte. Sie hatte den groſsen Vorteil, daſs dadurch die Beschickung ringförmig am Rande des Ofens aufgegeben wurde, was bei den weiten Gichten des Vorrollens der Erze wegen notwendig war. John James zu Blaina in Süd-Wales erfand 1851 den Fig. 285 abgebildeten Teleskopen- apparat, bei dem der Trichter auf eisernen Balken festsaſs, und sich ein bewegliches Cylinderstück daraufsetzte. Dieser Apparat wurde auch bei den Hochöfen von Cwm-Cellyn eingeführt. Doch hat er
1) Siehe Annales des mines 1855, Nr. 37; Dinglers Polytechn. Journ., Bd. 138, S. 207.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0846"n="830"/><fwplace="top"type="header">Die Hochöfen 1851 bis 1860.</fw><lb/><p>Eine völlige Umwälzung im Hochofenbau bezweckte <hirendition="#g">Fabry</hi><noteplace="foot"n="1)">Siehe Annales des mines 1855, Nr. 37; Dinglers Polytechn. Journ., Bd. 138,<lb/>
S. 207.</note><lb/>
1855 mit seinem Hochofen mit umgekehrter Flamme. Bei diesem<lb/>
sollte der Wind aus einer den Ofen von oben bis unten umgebenden<lb/>
Röhre an vielen Punkten eintreten, und die Gase nicht durch die<lb/>
Gicht austreten, sondern niederwärts bis zum Boden strömen und von<lb/>
da durch einen Kanal einer Esse zugeführt werden. <hirendition="#g">Fabry</hi> glaubte<lb/>
hierdurch jede Art roher Steinkohle verwenden zu können. Einen<lb/>
praktischen Erfolg hatte dieser eigentümliche Vorschlag nicht.</p><lb/><p>Die Abführung der Gase war in Deutschland bereits ziemlich<lb/>
allgemein geworden. In England, wo das Brennmaterial viel billiger<lb/><figure><head>Fig. 284.</head></figure><lb/>
war, die Frage der<lb/>
Kohlenersparnis<lb/>
deshalb nicht so<lb/>
dringend war, fand<lb/>
die Benutzung der<lb/>
Hochofengase nur<lb/>
langsam Eingang.<lb/>
Doch bewirkte die<lb/>
Londoner Ausstel-<lb/>
lung von 1851, daſs<lb/>
dieselbe auch in<lb/>
England gröſsere<lb/>
Beachtung fand. Die<lb/>
älteren Versuche<lb/>
von <hirendition="#g">Budd</hi> zu Ystalyſera haben wir schon angeführt. Ebenso haben<lb/>
wir den Gasfang von Ebbw-Vale von 1850 bereits erwähnt (S. 520).<lb/>
Dieser von <hirendition="#g">George Parry</hi> erfundene Apparat, der als <hirendition="#g">Parryscher<lb/>
Trichter</hi> (cup and cone) bekannt wurde, fand auch in Deutschland<lb/>
groſse Verbreitung. Fig. 284 ist die Abbildung dieser Einrichtung, wie<lb/>
sie <hirendition="#g">Parry</hi> 1850 bei den Hochöfen zu Ebbw-Vale einführte. Sie hatte<lb/>
den groſsen Vorteil, daſs dadurch die Beschickung ringförmig am<lb/>
Rande des Ofens aufgegeben wurde, was bei den weiten Gichten<lb/>
des Vorrollens der Erze wegen notwendig war. <hirendition="#g">John James</hi> zu<lb/>
Blaina in Süd-Wales erfand 1851 den Fig. 285 abgebildeten Teleskopen-<lb/>
apparat, bei dem der Trichter auf eisernen Balken festsaſs, und sich<lb/>
ein bewegliches Cylinderstück daraufsetzte. Dieser Apparat wurde<lb/>
auch bei den Hochöfen von Cwm-Cellyn eingeführt. Doch hat er<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[830/0846]
Die Hochöfen 1851 bis 1860.
Eine völlige Umwälzung im Hochofenbau bezweckte Fabry 1)
1855 mit seinem Hochofen mit umgekehrter Flamme. Bei diesem
sollte der Wind aus einer den Ofen von oben bis unten umgebenden
Röhre an vielen Punkten eintreten, und die Gase nicht durch die
Gicht austreten, sondern niederwärts bis zum Boden strömen und von
da durch einen Kanal einer Esse zugeführt werden. Fabry glaubte
hierdurch jede Art roher Steinkohle verwenden zu können. Einen
praktischen Erfolg hatte dieser eigentümliche Vorschlag nicht.
Die Abführung der Gase war in Deutschland bereits ziemlich
allgemein geworden. In England, wo das Brennmaterial viel billiger
[Abbildung Fig. 284.]
war, die Frage der
Kohlenersparnis
deshalb nicht so
dringend war, fand
die Benutzung der
Hochofengase nur
langsam Eingang.
Doch bewirkte die
Londoner Ausstel-
lung von 1851, daſs
dieselbe auch in
England gröſsere
Beachtung fand. Die
älteren Versuche
von Budd zu Ystalyſera haben wir schon angeführt. Ebenso haben
wir den Gasfang von Ebbw-Vale von 1850 bereits erwähnt (S. 520).
Dieser von George Parry erfundene Apparat, der als Parryscher
Trichter (cup and cone) bekannt wurde, fand auch in Deutschland
groſse Verbreitung. Fig. 284 ist die Abbildung dieser Einrichtung, wie
sie Parry 1850 bei den Hochöfen zu Ebbw-Vale einführte. Sie hatte
den groſsen Vorteil, daſs dadurch die Beschickung ringförmig am
Rande des Ofens aufgegeben wurde, was bei den weiten Gichten
des Vorrollens der Erze wegen notwendig war. John James zu
Blaina in Süd-Wales erfand 1851 den Fig. 285 abgebildeten Teleskopen-
apparat, bei dem der Trichter auf eisernen Balken festsaſs, und sich
ein bewegliches Cylinderstück daraufsetzte. Dieser Apparat wurde
auch bei den Hochöfen von Cwm-Cellyn eingeführt. Doch hat er
1) Siehe Annales des mines 1855, Nr. 37; Dinglers Polytechn. Journ., Bd. 138,
S. 207.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 830. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/846>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.