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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Hochöfen 1851 bis 1860.
gegeben. Ausser Brennmaterialersparnis sollte diese Zustellung den Vor-
teil bieten, dass man darin alle Brennmaterialien in rohem Zustande,
namentlich jede Art von roher Steinkohle, aufgeben könne. Diese
Erwartungen bestätigten sich aber keineswegs, und dabei hatte diese
Schachtform den Nachteil, dass die Gichten sehr leicht hängen blieben.
Wenn aber Trurans Ofenprofil eine Übertreibung war, so lenkte sie
doch die Aufmerksamkeit auf den Nutzen weiter Gichten, und in den
meisten Fällen waren die Gichten der älteren Öfen, welche man nach
dem Muster der Holzkohlenbetriebe erbaut hatte, für Koks oder gar
Steinkohlenbetrieb zu eng. Zu Königshütte wurde durch Vergrösse-
rung der Öfen besonders durch Erweiterung der Gichten die Pro-
duktion um mehr als die Hälfte vermehrt.

Ein alter Ofen war 40 Fuss hoch, mit 95 Quadratfuss Kohlensack,
17 Quadratfuss Gicht und hatte 569 Ctr. Wochenproduktion; ein neuer
Ofen war 50 Fuss hoch, mit 176 Quadratfuss Kohlensack, 281/4 Quadrat-
fuss Gicht und hatte 840 Ctr. Wochenproduktion.

Für rohes Brennmaterial hatte die Praxis schon früher zu weiten
Gichten geführt. Ebenso hatte John Gibbons 1844 bei seinem
tonnenförmigen Normalhochofen (Fig. 156, S. 513) schon eine Gichtweite
von 8 Fuss englisch bei 14 Fuss Kohlensackweite angegeben 1). Dass
aber die weiten Gichten nicht für alle Fälle taugten, dass vielmehr für
leichtflüssige Beschickung enge Gichten bei weitem Schmelzraum den
Vorzug verdienten, hat Tunner nachgewiesen 2). Im allgemeinen
ging das Streben damals mehr noch auf Erweiterung als auf Er-
höhung der Eisenhochöfen. Die neueren englischen Kokshochöfen hatten
bereits 120 bis 150 cbm Inhalt; 1860 hatte man in Schottland und
Wales bereits Öfen von 230 cbm. Der Vergrösserung des Fassungs-
raumes entsprach die Vermehrung der Windmenge, die durch Erhöhung
der Pressung und Vermehrung oder Erweiterung der Formen erreicht
wurde. Nach Trurans Angabe hatten die in England üblichen
Pressungen vordem für dichte kohlenstoffreiche Steinkohle (Anthracit)
0,208 bis 0,260 m Quecksilber, für leicht zerreibliche Steinkohle 0,104
bis 0,130, für dichte Koks 0,13 bis 0,18 m betragen. Zu seiner Zeit
gab man aber Hochöfen von 2,40 m Gichtweite schon 0,233 m Queck-
silber Pressung und er wollte dieselbe bis 0,311 m Quecksilber
gesteigert wissen. Zu Aberdare bei Abernant wurde ein mässig hoher
Ofen mit enger Gicht mit 10 Formen und sehr hoch gepresstem Winde
betrieben. Truran hielt aber nicht viel auf die grosse Anzahl Formen

1) Siehe Percy, Iron and steel, S. 688.
2) Tunners Jahrb., Bd. IX, p. 151.

Die Hochöfen 1851 bis 1860.
gegeben. Auſser Brennmaterialersparnis sollte diese Zustellung den Vor-
teil bieten, daſs man darin alle Brennmaterialien in rohem Zustande,
namentlich jede Art von roher Steinkohle, aufgeben könne. Diese
Erwartungen bestätigten sich aber keineswegs, und dabei hatte diese
Schachtform den Nachteil, daſs die Gichten sehr leicht hängen blieben.
Wenn aber Trurans Ofenprofil eine Übertreibung war, so lenkte sie
doch die Aufmerksamkeit auf den Nutzen weiter Gichten, und in den
meisten Fällen waren die Gichten der älteren Öfen, welche man nach
dem Muster der Holzkohlenbetriebe erbaut hatte, für Koks oder gar
Steinkohlenbetrieb zu eng. Zu Königshütte wurde durch Vergröſse-
rung der Öfen besonders durch Erweiterung der Gichten die Pro-
duktion um mehr als die Hälfte vermehrt.

Ein alter Ofen war 40 Fuſs hoch, mit 95 Quadratfuſs Kohlensack,
17 Quadratfuſs Gicht und hatte 569 Ctr. Wochenproduktion; ein neuer
Ofen war 50 Fuſs hoch, mit 176 Quadratfuſs Kohlensack, 28¼ Quadrat-
fuſs Gicht und hatte 840 Ctr. Wochenproduktion.

Für rohes Brennmaterial hatte die Praxis schon früher zu weiten
Gichten geführt. Ebenso hatte John Gibbons 1844 bei seinem
tonnenförmigen Normalhochofen (Fig. 156, S. 513) schon eine Gichtweite
von 8 Fuſs englisch bei 14 Fuſs Kohlensackweite angegeben 1). Daſs
aber die weiten Gichten nicht für alle Fälle taugten, daſs vielmehr für
leichtflüssige Beschickung enge Gichten bei weitem Schmelzraum den
Vorzug verdienten, hat Tunner nachgewiesen 2). Im allgemeinen
ging das Streben damals mehr noch auf Erweiterung als auf Er-
höhung der Eisenhochöfen. Die neueren englischen Kokshochöfen hatten
bereits 120 bis 150 cbm Inhalt; 1860 hatte man in Schottland und
Wales bereits Öfen von 230 cbm. Der Vergröſserung des Fassungs-
raumes entsprach die Vermehrung der Windmenge, die durch Erhöhung
der Pressung und Vermehrung oder Erweiterung der Formen erreicht
wurde. Nach Trurans Angabe hatten die in England üblichen
Pressungen vordem für dichte kohlenstoffreiche Steinkohle (Anthracit)
0,208 bis 0,260 m Quecksilber, für leicht zerreibliche Steinkohle 0,104
bis 0,130, für dichte Koks 0,13 bis 0,18 m betragen. Zu seiner Zeit
gab man aber Hochöfen von 2,40 m Gichtweite schon 0,233 m Queck-
silber Pressung und er wollte dieselbe bis 0,311 m Quecksilber
gesteigert wissen. Zu Aberdare bei Abernant wurde ein mäſsig hoher
Ofen mit enger Gicht mit 10 Formen und sehr hoch gepreſstem Winde
betrieben. Truran hielt aber nicht viel auf die groſse Anzahl Formen

1) Siehe Percy, Iron and steel, S. 688.
2) Tunners Jahrb., Bd. IX, p. 151.
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[824/0840] Die Hochöfen 1851 bis 1860. gegeben. Auſser Brennmaterialersparnis sollte diese Zustellung den Vor- teil bieten, daſs man darin alle Brennmaterialien in rohem Zustande, namentlich jede Art von roher Steinkohle, aufgeben könne. Diese Erwartungen bestätigten sich aber keineswegs, und dabei hatte diese Schachtform den Nachteil, daſs die Gichten sehr leicht hängen blieben. Wenn aber Trurans Ofenprofil eine Übertreibung war, so lenkte sie doch die Aufmerksamkeit auf den Nutzen weiter Gichten, und in den meisten Fällen waren die Gichten der älteren Öfen, welche man nach dem Muster der Holzkohlenbetriebe erbaut hatte, für Koks oder gar Steinkohlenbetrieb zu eng. Zu Königshütte wurde durch Vergröſse- rung der Öfen besonders durch Erweiterung der Gichten die Pro- duktion um mehr als die Hälfte vermehrt. Ein alter Ofen war 40 Fuſs hoch, mit 95 Quadratfuſs Kohlensack, 17 Quadratfuſs Gicht und hatte 569 Ctr. Wochenproduktion; ein neuer Ofen war 50 Fuſs hoch, mit 176 Quadratfuſs Kohlensack, 28¼ Quadrat- fuſs Gicht und hatte 840 Ctr. Wochenproduktion. Für rohes Brennmaterial hatte die Praxis schon früher zu weiten Gichten geführt. Ebenso hatte John Gibbons 1844 bei seinem tonnenförmigen Normalhochofen (Fig. 156, S. 513) schon eine Gichtweite von 8 Fuſs englisch bei 14 Fuſs Kohlensackweite angegeben 1). Daſs aber die weiten Gichten nicht für alle Fälle taugten, daſs vielmehr für leichtflüssige Beschickung enge Gichten bei weitem Schmelzraum den Vorzug verdienten, hat Tunner nachgewiesen 2). Im allgemeinen ging das Streben damals mehr noch auf Erweiterung als auf Er- höhung der Eisenhochöfen. Die neueren englischen Kokshochöfen hatten bereits 120 bis 150 cbm Inhalt; 1860 hatte man in Schottland und Wales bereits Öfen von 230 cbm. Der Vergröſserung des Fassungs- raumes entsprach die Vermehrung der Windmenge, die durch Erhöhung der Pressung und Vermehrung oder Erweiterung der Formen erreicht wurde. Nach Trurans Angabe hatten die in England üblichen Pressungen vordem für dichte kohlenstoffreiche Steinkohle (Anthracit) 0,208 bis 0,260 m Quecksilber, für leicht zerreibliche Steinkohle 0,104 bis 0,130, für dichte Koks 0,13 bis 0,18 m betragen. Zu seiner Zeit gab man aber Hochöfen von 2,40 m Gichtweite schon 0,233 m Queck- silber Pressung und er wollte dieselbe bis 0,311 m Quecksilber gesteigert wissen. Zu Aberdare bei Abernant wurde ein mäſsig hoher Ofen mit enger Gicht mit 10 Formen und sehr hoch gepreſstem Winde betrieben. Truran hielt aber nicht viel auf die groſse Anzahl Formen 1) Siehe Percy, Iron and steel, S. 688. 2) Tunners Jahrb., Bd. IX, p. 151.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 824. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/840>, abgerufen am 23.11.2024.