man dasselbe auch für den Phosphor an. Namentlich behauptete der Engländer Wrighton 1849 dies durch eine Reihe von Analysen von Staffordshirer Roheisensorten bewiesen zu haben. David S. Price und E. Chambers Nicholson1) untersuchten diese Frage genau, fanden obige Annahme nicht bestätigt, sondern kamen zu folgenden Ergeb- nissen: 1. Bei der Tiegelprobe geht aller Phosphor des Eisenerzes in den Eisenkönig; 2. geht ebenso bei den gewöhnlichen Eisenerzen -- Thon- und Kohleneisensteinen -- aller Phosphor in das grau erblasene Roheisen, mag der Betrieb mit heissem oder mit kaltem Winde geführt worden sein; 3. bei der Produktion von weissem Roheisen geht dagegen nur ein Teil des Phosphors in das Eisen und enthalten die Schlacken Phosphorsäure in nachweisbaren Mengen.
Über den Schwefelgehalt des Roheisens machte Jannoyer Unter- suchungen 2), durch die er nachwies, dass Schwefel den Kohlenstoff im Roheisen verdränge, und zwar soll dies unter gleichzeitiger Ver- flüchtigung von Schwefel durch Bildung von Schwefelkohlenstoff vor sich gehen. Ersteres hatte Karsten schon früher durch Versuche erwiesen, letzteres wurde von Karsten bestritten. Dass man dem Schwefelgehalt der Erze und Brennmaterialien durch basische Be- schickung und Bildung sehr kalkreicher Schlacke zu begegnen suchte, war im praktischen Hochofenbetriebe bereits allgemein gebräuchlich. Rob. Richter bewirkte 1860 die Entschwefelung des Roheisens im Puddelofen mit gutem Erfolge durch Zusatz von Bleiglätte oder auch von metallischem Blei. Jannoyer wollte gefunden haben, dass der Schwefel die nachteiligen Wirkungen des Phosphors neutralisiere.
Dass Stickstoff in vielen Eisensorten vorhanden ist, hatte Schafhäutl nachgewiesen. Da die von ihm mitgeteilten Zahlen aber auffallend hoch waren, so hatte Marchand 1850 genaue Unter- suchungen darüber angestellt und dabei allerdings Stickstoff in ver- schiedenen Roheisensorten gefunden, aber nie mehr als 0,015 Proz. 3). Aus seinen Untersuchungen schliesst er, dass ein Stickstoffgehalt im Roheisen und Stahl im allgemeinen nicht mit Sicherheit angenommen werden könne, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach niemals 0,02 Proz. erreiche und dass aller Stickstoff, dessen Gegenwart sicher nach- gewiesen worden sei, fremden eingeschlossenen Stoffen angehöre, und dass deshalb der Stickstoff nicht als ein wesentlicher Bestandteil von Roheisen oder Stahl angesehen werden könne.
1) Siehe Pract. Mechanics Magazine, Januar 1856, p. 236.
2) Siehe Annales des mines, 4. ser., t. XX, 20.
3) Siehe Annalen der Chem. und Pharm. 1852.
Chemie 1851 bis 1860.
man dasselbe auch für den Phosphor an. Namentlich behauptete der Engländer Wrighton 1849 dies durch eine Reihe von Analysen von Staffordshirer Roheisensorten bewiesen zu haben. David S. Price und E. Chambers Nicholson1) untersuchten diese Frage genau, fanden obige Annahme nicht bestätigt, sondern kamen zu folgenden Ergeb- nissen: 1. Bei der Tiegelprobe geht aller Phosphor des Eisenerzes in den Eisenkönig; 2. geht ebenso bei den gewöhnlichen Eisenerzen — Thon- und Kohleneisensteinen — aller Phosphor in das grau erblasene Roheisen, mag der Betrieb mit heiſsem oder mit kaltem Winde geführt worden sein; 3. bei der Produktion von weiſsem Roheisen geht dagegen nur ein Teil des Phosphors in das Eisen und enthalten die Schlacken Phosphorsäure in nachweisbaren Mengen.
Über den Schwefelgehalt des Roheisens machte Jannoyer Unter- suchungen 2), durch die er nachwies, daſs Schwefel den Kohlenstoff im Roheisen verdränge, und zwar soll dies unter gleichzeitiger Ver- flüchtigung von Schwefel durch Bildung von Schwefelkohlenstoff vor sich gehen. Ersteres hatte Karsten schon früher durch Versuche erwiesen, letzteres wurde von Karsten bestritten. Daſs man dem Schwefelgehalt der Erze und Brennmaterialien durch basische Be- schickung und Bildung sehr kalkreicher Schlacke zu begegnen suchte, war im praktischen Hochofenbetriebe bereits allgemein gebräuchlich. Rob. Richter bewirkte 1860 die Entschwefelung des Roheisens im Puddelofen mit gutem Erfolge durch Zusatz von Bleiglätte oder auch von metallischem Blei. Jannoyer wollte gefunden haben, daſs der Schwefel die nachteiligen Wirkungen des Phosphors neutralisiere.
Daſs Stickstoff in vielen Eisensorten vorhanden ist, hatte Schafhäutl nachgewiesen. Da die von ihm mitgeteilten Zahlen aber auffallend hoch waren, so hatte Marchand 1850 genaue Unter- suchungen darüber angestellt und dabei allerdings Stickstoff in ver- schiedenen Roheisensorten gefunden, aber nie mehr als 0,015 Proz. 3). Aus seinen Untersuchungen schlieſst er, daſs ein Stickstoffgehalt im Roheisen und Stahl im allgemeinen nicht mit Sicherheit angenommen werden könne, daſs er aller Wahrscheinlichkeit nach niemals 0,02 Proz. erreiche und daſs aller Stickstoff, dessen Gegenwart sicher nach- gewiesen worden sei, fremden eingeschlossenen Stoffen angehöre, und daſs deshalb der Stickstoff nicht als ein wesentlicher Bestandteil von Roheisen oder Stahl angesehen werden könne.
1) Siehe Pract. Mechanics Magazine, Januar 1856, p. 236.
2) Siehe Annales des mines, 4. ser., t. XX, 20.
3) Siehe Annalen der Chem. und Pharm. 1852.
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Engländer Wrighton 1849 dies durch eine Reihe von Analysen von
Staffordshirer Roheisensorten bewiesen zu haben. David S. Price und
E. Chambers Nicholson 1) untersuchten diese Frage genau, fanden
obige Annahme nicht bestätigt, sondern kamen zu folgenden Ergeb-
nissen: 1. Bei der Tiegelprobe geht aller Phosphor des Eisenerzes in
den Eisenkönig; 2. geht ebenso bei den gewöhnlichen Eisenerzen —
Thon- und Kohleneisensteinen — aller Phosphor in das grau erblasene
Roheisen, mag der Betrieb mit heiſsem oder mit kaltem Winde
geführt worden sein; 3. bei der Produktion von weiſsem Roheisen
geht dagegen nur ein Teil des Phosphors in das Eisen und enthalten
die Schlacken Phosphorsäure in nachweisbaren Mengen.
Über den Schwefelgehalt des Roheisens machte Jannoyer Unter-
suchungen 2), durch die er nachwies, daſs Schwefel den Kohlenstoff
im Roheisen verdränge, und zwar soll dies unter gleichzeitiger Ver-
flüchtigung von Schwefel durch Bildung von Schwefelkohlenstoff vor
sich gehen. Ersteres hatte Karsten schon früher durch Versuche
erwiesen, letzteres wurde von Karsten bestritten. Daſs man dem
Schwefelgehalt der Erze und Brennmaterialien durch basische Be-
schickung und Bildung sehr kalkreicher Schlacke zu begegnen suchte,
war im praktischen Hochofenbetriebe bereits allgemein gebräuchlich.
Rob. Richter bewirkte 1860 die Entschwefelung des Roheisens im
Puddelofen mit gutem Erfolge durch Zusatz von Bleiglätte oder auch
von metallischem Blei. Jannoyer wollte gefunden haben, daſs der
Schwefel die nachteiligen Wirkungen des Phosphors neutralisiere.
Daſs Stickstoff in vielen Eisensorten vorhanden ist, hatte
Schafhäutl nachgewiesen. Da die von ihm mitgeteilten Zahlen
aber auffallend hoch waren, so hatte Marchand 1850 genaue Unter-
suchungen darüber angestellt und dabei allerdings Stickstoff in ver-
schiedenen Roheisensorten gefunden, aber nie mehr als 0,015 Proz. 3).
Aus seinen Untersuchungen schlieſst er, daſs ein Stickstoffgehalt im
Roheisen und Stahl im allgemeinen nicht mit Sicherheit angenommen
werden könne, daſs er aller Wahrscheinlichkeit nach niemals 0,02 Proz.
erreiche und daſs aller Stickstoff, dessen Gegenwart sicher nach-
gewiesen worden sei, fremden eingeschlossenen Stoffen angehöre, und
daſs deshalb der Stickstoff nicht als ein wesentlicher Bestandteil von
Roheisen oder Stahl angesehen werden könne.
1) Siehe Pract. Mechanics Magazine, Januar 1856, p. 236.
2) Siehe Annales des mines, 4. ser., t. XX, 20.
3) Siehe Annalen der Chem. und Pharm. 1852.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 797. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/813>, abgerufen am 23.11.2024.
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